Vergessene Stimmen
gegeben.«
»Das ließ sich einfach nicht umgehen. Die Stimmung in der Stadt war damals extrem aufgeheizt. Wir konnten nicht zulassen, dass der Vater herumläuft und Dinge erzählt, die nicht stimmen.«
»Kommen Sie mir bloß nicht mit diesem Zum-Wohl-der-Allgemeinheit-Mist, Chief. Ihnen ging es um Ihren Deal, das war alles, was Sie interessiert hat. Sie hatten Ross und die IAD in der Tasche, und Sie wollten, dass das auch so bliebe. Nur haben Sie sich gründlich getäuscht. Die DNS beweist das. Mackey steckte in der Lost-Sache mit drin, und Ihre Ermittlungen waren einen Dreck wert.«
»Halt, Moment mal. Das beweist nur eines: Dass sich die Tatwaffe einmal in seinem Besitz befand. Ich habe den Artikel gelesen, den Sie heute in der Zeitung untergebracht haben. Die DNS bringt ihn mit der Tatwaffe in Verbindung, nicht mit der Tat.«
Bosch winkte ab. Es hatte keinen Sinn, mit Irving zu diskutieren. Seine einzige Hoffnung war, dass seine Drohung, zur Dienstaufsicht und zu den Medien zu gehen, Irvings Drohung außer Kraft setzte. Er glaubte, sie hatten ein Patt.
»Wer hat die Alibis überprüft?«, fragte er ruhig.
Irving antwortete nicht.
»Ich rate einfach mal. McClellan. Das Ganze riecht förmlich nach ihm.«
Wieder antwortete Irving nicht. Es war, als wäre er in Gedanken an die Zeit vor siebzehn Jahren versunken.
»Chief, ich möchte, dass Sie Ihren Handlanger anrufen. Ich weiß, dass er noch für Sie arbeitet. Sagen Sie ihm, ich will über die Alibis Bescheid wissen. Ich will Einzelheiten. Ich will Berichte. Ich will alles, was er hat, alles, was es noch an Unterlagen gibt, bis heute Morgen sieben Uhr, oder Sie können einpacken. Wir tun, was wir tun müssen, und dann werden wir sehen, wo die Späne fallen.«
Bosch wollte sich zum Gehen wenden, als Irving endlich den Mund aufmachte.
»Es gibt keine Alibiberichte, es hat nie welche gegeben.«
Bosch hörte die Lifttür aufgehen, und kurz darauf kam Rider mit einer Akte um die Ecke. Sie blieb abrupt stehen, als sie die Konfrontation sah. Sie sagte nichts.
»Keine Berichte?«, sagte Bosch zu Irving. »Dann hoffen Sie, dass er ein gutes Gedächtnis hat. Gute Nacht, Chief.«
Bosch drehte sich um und ging den Flur hinunter. Rider eilte ihm hinterher. Sie blickte über ihre Schulter, um sich zu vergewissern, dass Irving ihnen nicht folgte. Erst als sie durch die Flügeltür der RHD bogen, begann sie zu sprechen.
»Kriegen wir Ärger, Harry? Wird er es gegen den Mann im Sechsten verwenden?«
Bosch sah sie an. Die Mischung aus Angst und Sorge in ihrer Miene verriet ihm, wie wichtig seine Antwort wäre.
»Nicht, wenn es nach mir geht«, sagte er ihr.
34
William Burkhart und Belinda Messier wurden in separaten Vernehmungszimmern festgehalten. Bosch und Rider beschlossen, sich zuerst Messier vorzunehmen, damit Burkhart noch ein bisschen herumsitzen und warten und nachdenken müsste. Außerdem gewännen sie dadurch Zeit, in der sich Marcia und Jackson einen Durchsuchungsbefehl beschaffen und in dem Haus in der Mariano umsehen konnten. Vielleicht fanden sie dort etwas, was sich bei Burkharts Verhör als hilfreich erwies.
Belinda Messiers Name war bei den Ermittlungen bereits aufgetaucht. Das Handy, das Mackey benutzte, war auf sie angemeldet. Außerdem hatten Kehoe und Bradshaw sie Bosch und Rider gegenüber als Burkharts Freundin bezeichnet. So viel hatte sie zugegeben, als die RHD-Detectives die beiden festgenommen hatten. Danach hatte sie kaum noch etwas gesagt.
Belinda Messier war eine zierliche Frau mit graublondem Haar, das ihr Gesicht einfasste. Wie sich herausstellte, war sie allerdings wesentlich härter, als sie aussah. Sobald Rider und Bosch das Zimmer betraten, verlangte sie einen Anwalt.
»Warum wollen Sie einen Anwalt?«, fragte Bosch. »Denken Sie, Sie stehen unter Arrest?«
»Heißt das, ich kann gehen?«
Sie stand auf.
»Setzen Sie sich«, sagte Bosch. »Roland Mackey wurde heute Nacht umgebracht, und Sie könnten e benfalls in Gefahr sein. Sie befinden sich in Schutzhaft. Das heißt, Sie kommen hier erst raus, wenn wir Verschiedenes geklärt haben.«
»Darüber weiß ich nichts. Ich war die ganze Nacht mit Billy zusammen, bis Sie aufgetaucht sind.«
In den nächsten fünfundvierzig Minuten rückte Messier nur widerstrebend Informationen heraus. Sie erklärte, dass sie Mackey durch Burkhart kennen gelernt habe und bereit gewesen sei, den Handyvertrag abzuschließen und das Telefon Mackey zu überlassen,
Weitere Kostenlose Bücher