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Vergessene Stimmen

Titel: Vergessene Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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DMV und NCIC ein? Vielleicht kriegen wir einen aktuellen Wohnsitz.«
    »Hab ich bereits gemacht.«
    Sie drehte ihr Notebook auf dem Schreibtisch herum, sodass Bosch auf den Bildschirm sehen konnte. Er erkannte das Symbol des National Crime Index Computer auf dem Bildschirm. Er langte über den Tisch und begann, nach unten zu scrollen und die Informationen zu überfliegen.
    Rider hatte Roland Mackey in den NCIC eingegeben und sein Vorstrafenregister erhalten. Seine Verurteilung wegen unzüchtigen Verhaltens zwei Jahre zuvor war nur die letzte in einer Reihe von Festnahmen gewesen, die bis in die Zeit zurückreichten, als er achtzehn wurde – bis in das Jahr, in dem Rebecca Lost ermordet worden war. Alles, was davor lag, war nicht aufgeführt, weil infolge des Jugendschutzrechts dieser Teil seines Vorstrafenregisters ausgeblendet wurde. Die meisten der aufgeführten Straftaten waren Eigentums- und Drogendelikte, beginnend mit einem Einbruch und einem Autodiebstahl im Alter von achtzehn, gefolgt von zwei Haftstrafen wegen Drogenbesitzes sowie zwei Festnahmen wegen Fahrens unter Drogeneinfluss, einer weiteren Anklage wegen Einbruchs und einer Festnahme wegen Annahme von Diebesgut. Außerdem gab es schon früh eine Festnahme wegen Prostitution. Alles in allem der typische Lebenslauf eines Kleinkriminellen und Drogenabhängigen. Allem Anschein nach war Mackey für keine seiner Straftaten in ein Staatsgefängnis gekommen. Die Richter hatten oft ein Nachsehen mit ihm und verurteilten ihn als Gegenleistung für ein Schuldgeständnis zu einer Bewährungsstrafe oder zu einer kurzen Haftstrafe in einem Bezirksgefängnis. Wie es schien, waren die längste Zeit, die er hinter Gittern verbrachte, die sechs Monate gewesen, die er einsaß, nachdem er sich im Alter von achtundzwanzig Jahren schuldig bekannt hatte, Diebesgut angenommen zu haben. Er verbüßte seine Strafe im Wayside Honor Rancho, einem County-Gefängnis.
    Nachdem Bosch die Datei durchgescrollt hatte, lehnte er sich zurück. Ihm gefiel nicht, was er gerade gelesen hatte. Mackey hatte die Sorte Vorstrafenregister, die man als direkten Weg zu einem Mord ansehen könnte. Nur stand in seinem Fall der Mord an erster Stelle – als Mackey gerade achtzehn war –, und die geringfügigen Vergehen kamen hinterher. Das schien nicht ganz stimmig.
    »Was ist?«, fragte Rider, die spürte, was in ihm vorging.
    »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich dachte ich einfach, da wäre mehr. Es läuft genau verkehrt herum. Von Mord zu geringfügigen Vergehen. Irgendwie will mir das nicht so recht einleuchten.«
    »Na ja, das sind ja auch nur die Straftaten, die ihm nachgewiesen werden konnte. Das heißt nicht, dass das auch alles ist, was er getan hat.«
    Bosch nickte.
    »Jugendstrafen?«, fragte er.
    »Vermutlich. Höchstwahrscheinlich sogar. Aber an diese Unterlagen kommen wir nicht mehr ran. Wahrscheinlich existieren sie schon lange nicht mehr.«
    Das stimmte. Der Staat überschlug sich geradezu, die Rechte von jugendlichen Straftätern zu schützen. Nur in den seltensten Fällen wurden ihre Vorstrafen ins Erwachsenenstrafrecht mit herübergenommen. Wie dem auch sei, im Fall Mackeys hätten es Jugendstraftaten sein müssen, die besser zu der kaltblütigen Ermordung eines 16-jährigen Mädchens passten, das mit einer Betäubungspistole betäubt und aus dem Haus ihrer Eltern entführt worden war, als sich das von Mackeys Vorstrafen als Erwachsener behaupten ließ. Bosch bekam hinsichtlich des kalten Treffers, mit dem sie es hier zu tun hatten, zusehends größere Bedenken. Ihm wurde langsam klar, dass Mackey nicht das Ziel war. Er war eine Station auf dem Weg zum Ziel.
    »Hast du ihn wegen einer Adresse schon durch die DMV-Datenbank laufen lassen?«, fragte er.
    »Harry, das ist längst passé. Man muss seinen Führerschein nur noch alle vier Jahre erneuern lassen. Wenn du heute jemanden finden willst, versuchst du es nicht über die Kfz-Zulassungsstelle – du gehst auf AutoTrack.«
    Sie schlug die Mordakte auf und schob ihm ein loses Blatt Papier zu. Es war ein Computerausdruck, auf dem oben AutoTrack stand. Sie erklärte ihm, dass es sich dabei um ein Privatunternehmen handele, das für die Polizei tätig werde. Wenn man die früheren und aktuellen Adressen einer bestimmten Person herausfinden wollte, bot AutoTrack Computersuchen nicht nur in allen behördlichen Meldeverzeichnissen an, wie etwa in denen von Versorgungsbetrieben, Kabelanbietern und der Kfz-Zulassungsstelle DMV, sondern auch

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