Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vergessene Stimmen

Titel: Vergessene Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
Dem Protokoll war eine Alibibestätigung beigefügt, der zufolge der Junge an den Tagen vor und nach dem Mord in der Waschanlage einer Leihwagenfirma auf Maui gearbeitet hatte, womit ausgeschlossen werden konnte, dass er nach Los Angeles gekommen war, um sie zu töten.
    Danach kam ein zweiter Packen mit Vernehmungsprotokollen, diesmal von den Angestellten des Island House Grill, Robert Losts Restaurant. Seine Tochter hatte dort gerade einen Ferienjob angetreten. Sie arbeitete während der Mittagszeit als Aushilfsbedienung. Ihre Aufgabe bestand darin, die Gäste zu ihrem Tisch zu führen und ihnen die Speisekarte zu bringen. Viele Restaurants stellten für niedrige Küchenarbeiten gern irgendwelche zwielichtigen Gestalten an, aber Robert Lost hatte bewusst keine Vorbestraften eingestellt, sondern sein Personal aus der Surfer- und Aussteigerszene von Malibu rekrutiert. Diese Leute dürften zwar mit Rebecca, die ausschließlich im Lokal arbeitete, kaum Kontakt gehabt haben, aber dennoch waren alle vernommen worden. Allem Anschein nach hatte jedoch keiner den Verdacht der Ermittler geweckt.
    Des Weiteren enthielt die Mordakte eine Opfer-Chronologie, in der die Ermittler Rebecca Losts Aktivitäten in den Tagen vor ihrer Ermordung rekonstruierten. 1988 fiel der 4. Juli auf einen Montag. Rebecca verbrachte den größten Teil des verlängerten Wochenendes zu Hause, nur Sonntagnacht hatte sie zusammen mit zwei anderen Freundinnen bei einer Freundin übernachtet. Die beigefügten Protokolle der Vernehmungen dieser drei Mädchen waren lang, enthielten aber keine ermittlungstechnisch brauchbaren Angaben.
    Am Montag, dem Nationalfeiertag, blieb Rebecca zu Hause, bis ihre Eltern mit ihr in den Balboa Park fuhren, um sich ein Feuerwerk anzusehen. Es war einer von Robert Losts seltenen freien Abenden, weshalb er darauf bestand, ihn mit der ganzen Familie zu verbringen, übrigens sehr zu Beckys Ärger, die deswegen die Party einer Freundin in Porter Ranch versäumte.
    Am Dienstag begann wieder der Sommeralltag. Rebecca fuhr mit ihrem Vater ins Restaurant, um während der Mittagszeit als Bedienung zu arbeiten. Um 15 Uhr fuhr sie ihr Vater nach Hause. Dort blieb er den restlichen Nachmittag, um dann zur Abendschicht wieder ins Restaurant zurückzufahren, etwa zur gleichen Zeit, zu der Rebecca mit dem Auto ihrer Mutter zur Reinigung fuhr.
    Bosch entdeckte in der Aufstellung nichts, was seinen Verdacht erregte, nichts, was die Ermittler übersehen hatten.
    Als Nächstes kam er zu der Niederschrift einer förmlichen Vernehmung der Eltern. Sie wurde am 14. Juli in der Devonshire Division vorgenommen, mehr als eine Woche nachdem sie das Verschwinden ihrer Tochter bemerkt hatten. Inzwischen hatten sich die Detectives einiges an Wissen über den Fall angeeignet und stellten sehr präzise Fragen. Bosch las die Niederschrift sehr aufmerksam, er konzentrierte sich auf die Antworten und auf die Erkenntnisse, die sich aus Sicht der Ermittler schließen ließen.
     
    Fall Nr. 88-641, Lost, Rebecca (TZ 6.7.88)
    I/O A. Garcia, Nr. 993
    14.7.88–14.15 Uhr, Devonshire Division
     
    G ARCIA : Danke, dass Sie gekommen sind. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn wir dieses Gespräch aufzeichnen, damit wir alles genau festhalten können. Wie kommen Sie mit der Situation zurecht?
    R OBERT L OST : Ungefähr so, wie es zu erwarten war. Wir sind am Boden zerstört. Wir wissen nicht mehr weiter.
    M URIEL L OST : Wir müssen ständig daran denken, was wir hätten tun können, um zu verhindern, dass unserer Kleinen so etwas passiert.
    G REEN : Wir können das sehr gut nachempfinden, Ma’am. Aber Sie dürfen sich wegen dieses schrecklichen Vorfalls keine Vorwürfe machen. Soweit wir das beurteilen können, hat das Ganze nichts mit irgendetwas zu tun, was Sie getan oder unterlassen haben. Es ist einfach passiert. Machen Sie sich also keine Vorwürfe. Die Schuld liegt einzig und allein bei der Person, die das getan hat.
    G ARCIA : Und glauben Sie uns, wir werden diesen Kerl erwischen. Machen Sie sich da keine Sorgen. Allerdings gibt es da auch verschiedene Fragen, die wir Ihnen jetzt stellen müssen. Manche davon werden vielleicht schmerzlich für Sie sein, aber wir müssen die Antworten darauf wissen, wenn wir diesen Kerl fassen wollen.
    R OBERT L OST : Sie sagen ständig »dieser Kerl«. Gibt es schon einen Verdächtigen? Wissen Sie, dass es ein Mann war?
    G ARCIA : Mit Sicherheit können wir noch gar nichts sagen, Sir. Wir halten uns hier hauptsächlich an

Weitere Kostenlose Bücher