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Vergessene Welt

Vergessene Welt

Titel: Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Wind, er pfiff in seinen Ohren und zerrte an
seiner Kleidung. Es war, als versuchte er, Levine aus der Wand zu saugen. Als
er den Kopf hob, sah er dichtes Laubwerk, das bis an die Kante des Gesteins
wuchs.
    Fast geschafft,
dachte er. Fast.
    Und dann stemmte
er sich mit einem letzten Schwung über den Rand und ließ sich in weiches,
nasses Farnkraut fallen. Noch immer keuchend drehte er sich um und sah, daß
Diego sich mit leichten, behenden Bewegungen über die Kante schwang; er kauerte
sich auf das moosige Gras und lächelte. Levine drehte sich um, starrte in die
riesigen Farne über seinem Kopf und befreite sich mit langen, bebenden
Atemzügen von der während des Kletterns aufgestauten Spannung.
    Aber
gleichgültig – er war hier! Endlich.
    Er sah sich den
Dschungel an, der sie umgab. Es war Urwald, von Menschenhand unberührt. Genau,
wie die Satellitenbilder es gezeigt hatten. Levine hatte sich allein auf die
Satellitenfotos verlassen müssen, da es von einer privaten Insel wie dieser
keine Karten gab. Diese Insel existierte als eine Art vergessene Welt, die
isoliert mitten im Pazifik lag.
    Levine lauschte
dem Geräusch des Windes, dem Rascheln der Palmblätter, von denen ihm Wasser
aufs Gesicht tropfte. Und dann hörte er noch ein anderes Geräusch, weiter
entfernt, fast wie ein Vogelruf, aber tiefer, volltönender. Er spitzte die
Ohren und hörte es noch einmal.
    Ein scharfes
Knistern ließ ihn zu seinem Begleiter hinübersehen.
    Diego hatte ein
Streichholz angerissen und wollte sich eben damit eine Zigarette anzünden. Levine
stand schnell auf, stieß die Hand des Jüngeren zur Seite und schüttelte heftig
den Kopf.
    Diego runzelte
verwirrt die Stim.
    Levine hielt
sich den Zeigefinger an die Lippen.
    Er deutete in
die Richtung des Vogelgeräuschs.
    Diego zuckte die
Achseln und machte ein gleichgültiges Gesicht. Er war unbeeindruckt, denn er
sah keinen Grund zur Besorgnis.
    Aber nur, weil
er nicht weiß, was uns erwartet, dachte Levine, während er den Reißverschluß
des dunkelgrünen Rucksacks aufzog und sich daranmachte, das große
Lindstradt-Gewehr zusammenzubauen. Das Gewehr war speziell für ihn in Schweden
angefertigt worden und galt als der letzte Schrei in der Tierkontrolltechnik.
Er schraubte den Lauf an den Kolben, ließ das Magazin mit den Fluger-Pfeilen
einrasten, kontrollierte den Gasdruck und gab Diego das Gewehr. Der nahm es mit
einem weiteren Achselzucken.
    Dann holte
Levine die schwarz eloxierte Lindstradt-Pistole samt Halfter aus dem Rucksack
und schnallte sich das Halfter um. Er zog die Pistole heraus, kontrollierte
zweimal den Sicherungsriegel und steckte sie wieder ein. Levine stand auf und bedeutete
Diego, ihm zu folgen. Diego verschloß den Rucksack und nahm ihn wieder auf die
Schultern.
    Die beiden
Männer gingen den Abhang hinunter, der sich vom Klippenrand ins Inselinnere
neigte. Schon nach wenigen Schritten durch das feuchte Laubwerk waren ihre Kleider
durchtränkt. Spektakuläre Ausblicke gab es keine, denn sie waren auf allen
Seiten von dichtem Dschungel umgeben und konnten nur wenige Meter weit sehen.
Die Farnwedel waren riesig, so lang und so breit wie ein Männerkörper, die
Pflanzen selbst waren über sechs Meter hoch und hatten rauhe, stachelige Stengel.
Und hoch über den Farnen sperrte das dichte Blätterdach der Bäume fast alles Sonnenlicht
aus. Die beiden Männer bewegten sich stumm durch die Dunkelheit, auf feuchter,
schwammiger Erde.
    Levine blieb oft
stehen, um auf seinen Armbandkompaß zu sehen. Sie gingen in westlicher Richtung
auf das Innere der Insel zu. Er wußte, daß die Insel der Überrest eines uralten
Vulkankraters war, den Jahrhunderte der Verwitterung erodiert und abgetragen
hatten. Das Terrain bestand aus einer Reihe von Graten, die zum Kratergrund
hinunterführten. Doch vor allem hier auf der Ostseite war das Gelände steil,
zerklüftet und gefährlich.
    Das Gefühl der
Isolation, des Eintauchens in eine urtümliche Welt, war fast mit Händen zu greifen.
Levines Herz klopfte heftig, während er den Rest des Abhangs hinunterstieg,
einen morastigen Bach überquerte und auf der anderen Seite wieder
hochkletterte. Oben auf dem nächsten Grat klaffte eine Lücke im Laubwerk, und
er spürte eine willkommene Brise. Von dort aus konnte er bis zur anderen Seite
der Insel sehen, eine sichelförmige, harte schwarze Klippe einige Meilen
entfernt. Zwischen sich und der Klippe sah er nichts außer sanft wogendem
Dschungel.
    »Fantástico«, sagte Diego,
der neben ihm

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