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Vergessene Welt

Vergessene Welt

Titel: Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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bedeutete –
    Levine drehte
sich um und sah aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung. Etwas Kleines und
Braunes, das über den Schlamm des Bachufers huschte. Ein Tier etwa von der
Größe einer Ratte.
    Diego stöhnte
überrascht auf. Dann war das Tier wieder im Laubwerk verschwunden.
    Levine ging zu
der Stelle und kauerte sich in den Schlamm. Er betrachtete die Fußabdrücke des
winzigen Tiers. Die Abdrücke waren dreizehig, wie die eines Vogels. Er entdeckte
noch andere dreizehige Spuren, darunter auch einige größere, die einen Durchmesser
von mehr als zehn Zentimetern hatten.
    Levine hatte
solche Abdrücke schon einmal gesehen, im Purgatoire River in Colorado, einem
fossilierten urzeitlichen Fluß, an dessen Ufern versteinerte Dinosaurierspuren
zu finden waren. Aber diese Abdrücke hier waren von einem lebenden Tier in
frischem Schlamm hinterlassen worden.
    Plötzlich hörte
Levine ein leises Quieken, das von irgendwo rechts hinter ihm kam. Als er den
Kopf drehte, sah er, daß die Farne sich leicht bewegten. Er verharrte
regungslos in der Hocke und wartete.
    Augenblicke später
lugte ein kleines Tier zwischen den Wedeln hervor. Es schien etwa so groß zu
sein wie eine Maus und hatte eine glatte, haarlose Haut sowie große Augen hoch
oben auf dem winzigen Kopf. Es war von grünlich-brauner Farbe und gab ein beharrliches,
verärgertes Quieken von sich, als wollte es Levine vertreiben. Levine bewegte
sich nicht, er wagte kaum zu atmen.
    Er erkannte das
Tier natürlich. Es war ein Mussaurus, ein winziger Prosauropode aus der späten
Trias. Skelettreste fanden sich nur in Südamerika. Er war einer der kleinsten bekannten
Dinosaurier.
    Es ist ein
Dinosaurier, dachte er.
    Obwohl er
erwartet hatte, derartige Tiere auf dieser Insel anzutreffen, war es für ihn
nun dennoch verblüffend, plötzlich ein lebendes, atmendes Exemplar aus der
Ordnung der Saurischia vor sich zu sehen. Vor allem ein so kleines. Er konnte
sich gar nicht satt daran sehen. Er war fasziniert. Nach all diesen Jahren, all
den staubigen Skeletten – ein wirklicher, lebender Dinosaurier.
    Der kleine
Mussaurier wagte sich ein Stückchen weiter aus dem Schutz der Farne heraus.
Jetzt erkannte Levine, daß er länger war, als er ursprünglich gedacht hatte. Er
war etwa zehn Zentimeter lang und hatte einen erstaunlich dicken Schwanz. Alles
in allem sah er einer Eidechse sehr ähnlich. Aber er hielt sich aufrecht,
kauerte auf seinen Hinterläufen zwischen den Farnwedeln. Levine sah, wie der
Brustkorb sich beim Atmen bewegte. Der Saurier wedelte mit den winzigen
Vorderläufen, als würde er Levine winken, und quiekte.
    Langsam, sehr
langsam streckte Levine die Hand aus.
    Das Tier quiekte
noch einmal, lief aber nicht davon. Es schien eher neugierig zu sein und legte,
wie sehr kleine Tiere es tun, den Kopf schief, als Levines Hand näher kam.
    Schließlich
berührten Levines Finger die Spitze eines der Farnwedel. Der Mussaurier stellte
sich auf die Hinterläufe und hielt mit dem ausgestreckten Schwanz das Gleichgewicht.
Ohne das geringste Anzeichen von Angst stieg er leichtfüßig auf Levines Hand
und stand in den Falten der Handfläche. Levine spürte das Gewicht kaum, so
leicht war das Tier. Der Mussaurus spazierte auf der Handfläche herum,
schnupperte an den Fingern. Levine lächelte bezaubert.
    Plötzlich
zischte das kleine Tier verärgert, sprang von Levines Hand und verschwand zwischen
den Farnen. Levine sah ihm verständnislos hinterher, er konnte sich nicht erklären,
warum es davongelaufen war.
    Dann roch er
einen fauligen Gestank und hörte lautes Rascheln in den Büschen auf der anderen
Seite. Dann ein leises Grunzen. Und wieder Rascheln.
    In diesem
Augenblick fiel Levine ein, daß Fleischfresser in freier Wildbahn bevorzugt an
Bach- und Flußufern jagten und ihre Beutetiere angriffen, wenn diese sich zum
Saufen hinabbeugten und dadurch abgelenkt und somit verletzlich waren. Aber die
Erkenntnis kam zu spät. Er hörte ein furchterregendes schrilles Kreischen, und
als er sich umdrehte, sah er, daß Diego in die Büsche gezerrt wurde. Er schrie
laut und wehrte sich, die Büsche schwankten heftig. Levine sah kurz einen
großen Fuß mit einer kurzen, gekrümmten Klaue auf der Mittelzehe. Dann
verschwand der Fuß. Die Büsche schwankten weiter.
    Plötzlich drang
von allen Seiten furchterregendes tierisches Geschrei aus dem Wald. Richard
Levine sah ein großes Tier, das direkt auf ihn zustürmte. Er drehte sich um und
floh in heller Panik, Adrenalin

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