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Vergesst Auschwitz!: Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage (German Edition)

Vergesst Auschwitz!: Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage (German Edition)

Titel: Vergesst Auschwitz!: Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk M. Broder
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gehören nicht nur die Schwarzwälder Kirschtorte, der bayerische Leberkäse und das Berliner HolocaustMahnmal zu den deutschen Spezialitäten, derentwegen wir in der ganzen Welt geschätzt werden und um die uns so mancher beneidet. Die größte deutsche Spezialität ist es, zu wissen, was anderen guttut und was für sie »kontraproduktiv« ist, ein Talent, das immer dann zum Einsatz kommt, wenn die Holländer, die Dänen oder die Schweden sich bei den Wahlen nicht so entscheiden, wie es die deutschen Kommentatoren für richtig halten. Wir sind nicht nur die Weltmeister der Herzen, wir sind auch die Weltbesten im Erteilen von Ratschlägen. Daheim werden wir mit ein paar Neonazis nicht fertig und bringen keine »grenzüberschreitende« Zusammenarbeit zwischen den Polizeien von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zustande, aber draußen in der großen Welt, da verteidigen wir die deutsche Freiheit am Hindukusch, wollen einen Ständigen Sitz im Sicherheitsrat der UN haben. Yes, we can!
    Dies im Sinn, macht die Lektüre des Protokolls der Bundestagsdebatte vom 1. Juli 2010 zu den Tagesordnungspunkten 13 a und 13 b – »Ereignisse um die Gaza-Flottille aufklären – Lage der Menschen in Gaza verbessern – Nahost-Friedensprozess unterstützen« – besonderen Spaß, zumal für die Aussprache gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung eine volle halbe Stunde vorgesehen war!
    Als erster Redner sprach Wolfgang Gehrcke für die Linksfraktion, die einen eigenen Antrag eingebracht hatte, aber trotzdem an der ganz großen Koalition festhalten wollte: »Jetzt ist etwas Besonderes passiert, das ich hier gewürdigt wissen will. Der Antrag der vier Fraktionen kann nun zu einem wirklich interfraktionellen Antrag gemacht werden. Wir werden diesem Antrag zustimmen. Das heißt, dass zum ersten Mal in der Nahostfrage alle Fraktionen des Hauses einen gemeinsamen Antrag haben. Dieses Signal wird mit Sicherheit auch im Nahen Osten, insbesondere in Israel und Palästina, wahrgenommen werden.«
    Und so geschah es. Überall im Nahen Osten, insbesondere in Israel und Palästina, scharten sich die Menschen um ihre Volksempfänger, um zu hören, was der Bundestag zur Lage im Nahen Osten zu verkünden hat. Das tun die Menschen im Nahen Osten, insbesondere in Israel und in Palästina, beinahe jeden Tag, aber an diesem Tag, dem 1. Juli 2010, war es doch etwas Besonderes. Es war das erste Mal in der Geschichte der Nahostfrage, dass alle Fraktionen des Deutschen Bundestages sich auf einen gemeinsamen Antrag verständigt hatten!
    Ja, nun war die Lösung des Nahostkonflikts zum Greifen nahe, alle Parteien im Bundestag zogen am selben Strang und in dieselbe Richtung. Das hatte es noch nie gegeben. Und die Menschen im Nahen Osten, insbesondere in Israel und Palästina, schöpften wieder Hoffnung, als sie Wolfgang Gehrcke von der Linkspartei sagen hörten: »Ich möchte, dass meine Freunde in Israel wieder ins Café gehen können, ohne Angst vor Selbstmordanschlägen haben zu müssen. Ich möchte, dass sich meine Freunde in Palästina, im Westjordanland und in Gaza endlich im eigenen Land frei bewegen können. Das ist doch nicht zu viel verlangt.«
    Nein, das war es wirklich nicht, ganz im Gegenteil, es war eine moderate und vernünftige Forderung, der niemand widersprechen wird, der schon einmal im Café Mersand an der Ecke Frishman/Ben Jehuda in Tel Aviv gesessen und dort Rugelach gegessen hat. Besonders ein Satz in der Rede des Abgeordneten Gehrcke von der Linksfraktion stieß bei den Menschen im Nahen Osten, insbesondere in Israel und Palästina, auf ungeteilte Zustimmung: »Für mich ist es ein Rätsel, wie die israelische Regierung so dauerhaft und nachhaltig gegen die Interessen des eigenen Landes handeln kann.« Und da standen die Menschen im Nahen Osten, insbesondere in Israel und Palästina, auf, hoben die Arme zum Himmel und riefen: »Wolfgang Gehrcke, komm und erlöse uns, sei unser Führer in der Wüste der Dummheit, durch das Rote Meer des Hasses in das Himmelreich des Friedens!«
    Der Ruf wäre beinahe erhört worden, wenn nicht gleich nach Wolfgang Gehrcke der Abgeordnete Thomas Silberhorn von der CDU/CSU sich als Wegweiser angeboten hätte: »Ich meine, dass wir sehr deutlich sehen müssen, dass eine dauerhafte Friedenslösung auch im Interesse Israels liegt. Alle Komponenten für eine Verhandlungslösung liegen seit Jahren auf dem Tisch. Jetzt tut der politische Wille not, tatsächlich zu Ergebnissen zu kommen. Wenn man die Lage

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