Vergib uns unsere Sünden - Thriller
Nützliches erfahren, von dem er wusste, dass er keinen Gebrauch davon machen konnte, dass es alles nur noch schlimmer machte.
Er stieg die Treppe hoch in den ersten Stock, wo Al Roth zwischen Aktenbergen saß.
»Das ist doch alles Unsinn«, sagte Roth, als Miller zu ihm kam. »So einen verkorksten Papierkram hab ich noch nie
gesehen … Heilige Scheiße, ich wüsste gar nicht, wo ich da anfangen sollte.« Er knallte einen braunen Aktendeckel auf den Tisch und stand auf. Die Hände in den Hosentaschen, schlurfte er zum Fenster und blieb dort eine Weile stehen. Er bog den Rücken durch und schnaufte geräuschvoll.
Miller blätterte in den Aktenordnern. Margaret Mosleys Personenblatt war unvollständig. Eine Hälfte der Seite war leer, die andere fast unleserlich. In der Rayner-Akte fand er drei Seiten eines Vernehmungsprotokolls zu Barbara Lee, einen Obduktionsbericht, kein Personenblatt, und quer über die Rückseite des Aktendeckels hatte Metz eine Frage gekritzelt: Wo ist der originale Fallbericht? Er las die Wörter, ohne sie aufzunehmen. Alles, was er sah, war die Bürste, die in die Borsten verwickelten Haare, die Gewissheit, dass Robey ohne Ende gelogen hatte …
»Jetzt wird Catherine Sheridan also zu Isabella Cordillera«, drängte Roth sich in Millers Gedanken. Er hatte aus dem benachbarten Dienstraum eine Weißwandtafel geholt. Auf dem Brett stand der Name Catherine Sheridan und darunter, doppelt unterstrichen, Isabella Cordillera. »Und Isabella Cordillera ist bei einem Autounfall im Juni 2003 ums Leben gekommen. Die Unterlagen zu diesem angeblichen Autounfall sind allerdings nicht auffindbar.«
Miller, der sich zwingen musste, sich auf Roths Worte zu konzentrieren, zeigte auf den rechten Rand der Tafel. »Da schreibst du ›Single‹ hin.«
»Single?«
»Klar. Schreib ›Single‹ hin, und dazu schreibst du ›keine Freunde bekannt‹.«
Roth tat, was Miller sagte. »Und dann haben wir Margaret Mosley«, sagte er. »Im Juni’69 kein Eintrag im Geburtenregister auf diesen Namen.«
»Wie bei den anderen«, sagte Miller. »Und vergiss Michael McCullough nicht.«
»Kriminelle«, sagte Roth. »Spitzel, vielleicht Zeugenschutz, wie wir vermutet haben. Würde wenigstens einen Sinn ergeben, aber wie zum Teufel finden wir das heraus?«
»Gar nicht, fürchte ich.« Miller spürte, dass er die Hände zu Fäusten geballt hatte, so fest, dass die Knöchel weiß waren. Sein Herz beruhigte sich langsam, der trockene Schweiß am Haaransatz juckte auf der Haut. Er konnte sich nicht erinnern, sich schon mal so gefürchtet zu haben - oder doch? Nach der Sache mit Brandon Thomas vielleicht?
Roth antwortete nicht. Er starrte gebannt auf das Weißwandbrett.
» Warum lügt Robey?«, fragte Miller plötzlich und merkte, dass er - eigentlich ohne es zu wollen - einen Gedanken laut ausgesprochen hatte.
»Weil er die Sheridan getötet hat«, sagte Roth. »Sie und die anderen auch. Vielleicht ist er ein Auftragskiller. Oder er läuft da draußen herum und holt sich Leute, die im Programm sind. Vielleicht ist das sein Job.«
Miller dachte darüber nach, was er wusste. Robey hatte die Sheridan gekannt. Zumindest von ihr gewusst. Haare von ihr waren in seiner Bürste. Sie war in seiner Wohnung gewesen, oder Robey hatte die Bürste aus ihrem Haus mitgebracht, nachdem er sie ermordet hatte. Ein Andenken? Ein Souvenir? Etwas, das ihn immer an die besonderen Momente erinnerte, die sie miteinander verbracht hatten? Was immer der Grund war, es konnte jetzt keinen Zweifel mehr geben, dass Robey bis zum Hals in der Sache steckte.
Er konnte es Roth nicht erzählen. Und Lassiter oder Nanci Cohen erst recht nicht. Und als Roth zu ihm herüberschaute, eine Frage im Blick, musste Miller sich ganz schnell abwenden.
»Lass uns zurück zu den Frauen gehen«, sagte Roth. »Und der Tatsache, dass ihre Identitäten und die Akten nicht zusammenpassen.«
»Zurück wohin?«, fragte Miller. »Sag mir, wo wir anfangen sollen, verdammt?«
»Wurden sie anhand von Fingerabdrücken identifiziert oder nur anhand von Unterlagen?«
Miller schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht … ich weiß es wirklich nicht.«
»Die Karteien«, sagte Roth, erhob sich von seinem Stuhl und ging zu dem Schreibtisch auf der anderen Seite des Raums. Miller trat zu ihm, und zu zweit studierten sie die Dokumente in jedem Aktendeckel.
Roth schüttelte den Kopf. »Die nicht. Margaret Mosley wurde anhand ihres Führerscheins und der Sozialversicherungsnummer
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