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Vergib uns unsere Sünden - Thriller

Titel: Vergib uns unsere Sünden - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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folgten Tannahill aus dem Büro und hinauf ins Stockwerk darüber.
    Das Archiv bot den üblichen Anblick, nicht zueinander passende Aktenschränke entlang der Wände, mehrere Tische in der Mitte, von denen einige unter dem Gewicht der auf ihnen abgeladenen Aktenordner zusammenzubrechen drohten.
    Tannahill lachte trocken. »’tschuldigung für den Saustall … Die Putzfrau hat Urlaub.«
    »Wo fangen wir an?«, fragte Roth.
    »Die Kästen da drüben enthalten die Revierakten«, sagte
Tannahill und deutete auf die rechte Seite des Raums. Er ging auf die Ecke zu, Roth und Metz folgten ihm. Tannahill zog die oberste Schublade des Karteischranks neben dem Fenster heraus. »1988«, sagte er. »88 bis 99.« Er zog die oberste Schublade des Nachbarschranks heraus. »93 bis 94 … von hier aus müsste es die vierte oder fünfte Schublade sein.«
    Metz zog Schubladen heraus, Roth ebenfalls, und im Handumdrehen hatten sie den Schrank mit den Akten von 2000 bis 2002 gefunden.
    Zwanzig Minuten später sah Tannahill keine andere Möglichkeit mehr, als die Aktendeckel auf dem Fußboden auszulegen. Zu dritt schauten sie jede einzelne Akte zweimal durch, jedes Foto, jedes Dokument vom Juli 2001 bis zum Ende des Jahres. Es gab keine Akte über McCullough. Keine Akte, kein Foto.
    »Jemand muss sie herausgezogen haben«, sagte Tannahill. »Soll ja vorkommen. So’n Scheiß soll ja vorkommen, oder?«
    Roth antwortete nicht, er war mit den Nerven am Ende. Ein Wort und er wäre ausgerastet. Er bereitete sich seelisch auf die nächste Pleite vor, die nächste Rückkehr ins Zweite Revier, ohne etwas in der Hand, als Tannahill plötzlich hochschaute und grinste. »Na klar«, sagte er mit leiser Stimme. »Scheiße, ist doch arschklar.«
    »Was?«, fragte Roth.
    »Die jährlichen Gruppenbilder. Die hängen unten … Vielleicht ist er winzig klein, aber er ist drauf.«
    Wieder folgten Metz und Roth Sergeant Tannahill, verließen das Archiv, stiegen die Treppe hinunter in den großen Empfangsbereich des Reviergebäudes. Die alljährlich aufgenommenen Gruppenfotos der Revierangehörigen hingen normalerweise an den Flurwänden, aber im Siebten Revier schmückten sie die Wände der Kantine und des großen Einsatzbesprechungsraums. Tannahill hatte den Jahrgang 2001 gleich gefunden, stellte sich auf einen Stuhl, um das Foto
von der Wand nehmen zu können, brauchte einen Augenblick, um die centstückgroßen Gesichter der dort abgebildeten Männer abzusuchen.
    »Na also«, sagte er und tippte mit dem Zeigefinger auf ein Gesicht in der zweiten Reihe von hinten, das dritte oder vierte von rechts.
    Roth nahm das Foto, Metz spähte ihm über die Schulter. Roth runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf, lachte. Es war ein seltsames Lachen, schroff, kurz, und dann schüttelte er nochmal den Kopf.
    »Und?«, fragte Tannahill. »Was ist los?
    Roth sagte nichts, aber schon spürte er das ganze Gewicht, schon dämmerte ihm eine Ahnung davon, mit was für einer Geschichte sie es zu tun hatten. Es beunruhigte ihn zutiefst.
    »Kennt ihr den Mann?«, fragte Tannahill. »Kennt ihr McCullough?«
    Roth schüttelte den Kopf. »Nein, wir kennen McCullough nicht«, sagte er mit leiser Stimme. »Aber wir kennen jemanden, der sich seines Namens bedient hat.«

    Ich glaube, es war Matisse, der mal gesagt hat, ein Maler soll sich zuallererst die Zunge herausschneiden.
    Um sich am Reden zu hindern.
    Um niemandem erklären zu müssen, was er mit jedem seiner Pinselstriche ausdrücken will.
    Um nicht in Worte kleiden, rechtfertigen, analysieren, interpretieren zu müssen, was er bei der Arbeit gefühlt hat. Er hat nur ausgedrückt, was er fühlte. Was er gefühlt hat, hat er ausgedrückt. Das Gefühl war da, dann war es nicht mehr da. So ist die Kunst. So ist das Leben. So ist vielleicht auch der Tod.
    Vielleicht hätten sie uns auch die Zungen herausschneiden sollen.

    Ich fühle mit Miller. Ich weiß, was er herausfinden wird und was ihm das womöglich antut.
    Ich habe ein Gefühl für die Grenzen der Dinge, für die gezogene Linie, und ich sehe einen Mann, der auf diese Linie zumarschiert, ohne zu ahnen, dass es sie gibt.
    In Langley, und später in Managua, hat man mir beigebracht, wie man verschwindet.
    Ich habe es noch nicht verlernt, also mache ich es wieder.
    Ich verschwinde, als wäre ich nie dagewesen.

47
    Miller stand am Tresen, während Julia Gibb die fünf Bücher zusammensuchte, die Catherine Sheridan zurückgebracht hatte. Er hatte schon im Zweiten Revier angerufen

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