Vergib uns unsere Sünden - Thriller
und Oliver aufgetragen, zu Robeys Wohnung zu fahren und ihm Bescheid zu sagen, sobald Robey sich blicken ließ. Dabei wusste Miller, dass Robey nicht dorthin zurückkehren würde. Noch nicht. Nicht, bevor etwas passiert war. Was passieren würde, wusste Miller nicht, aber er war sicher, dass Robey das Geschehen bereits arrangierte, bis in alle Einzelheiten vorbereitete. Vielleicht hatte er von Beginn an nichts anderes getan.
Miller fühlte nichts außer einer vagen Vorahnung bevorstehenden Entsetzens.
Er verstand die Bedeutung dieser Bücher nicht, aber was blieb ihm anderes übrig, als sie sicherzustellen, ins Revier zu bringen und zu hoffen, dass Catherine Sheridan ihnen vielleicht einen Hinweis, eine Botschaft hinterlassen hatte.
Es hatte sich etwas verändert. Es hatte jetzt den Anschein, als wollte Robey sie zu etwas hinführen, das Catherine ihnen mitteilen wollte. Das konnte bedeuten, dass es zwischen Robey und Catherine geheime Absprachen gegeben hatte,
oder sie hatte gewusst, dass er kommen würde, um sie zu töten, und wenn es so war, eröffnete das die verschiedensten Möglichkeiten. Zuallererst bedeutete es, dass die Sheridan wusste, dass sie sterben würde. Sie hatte die Bücher zurückgebracht, danach war sie ermordet worden. Miller glaubte nicht an Zufälle. Die Pizza-Nummer. Das Aktenzeichen von Darryl Kings Fall. Der Besuch bei Natasha Joyce. Der Mord an Natasha am Dienstag. Heute war Freitag, und der gerichtsmedizinische Bericht lag immer noch nicht vollständig vor. Die Fotos unter dem Bett, diese unmissverständlichen Bilder von Robey in jüngeren Jahren, das falsche Alibi, so dilettantisch konstruiert, dass Robey nur gewusst haben konnte, dass sie es problemlos widerlegen würden … Das alles waren Dinge, die zu etwas anderem gehörten.
Millers Puls flatterte unstet. Ihm war flau im Magen, sein Mund war ausgetrocknet.
Als Julia Gibb, beladen mit Büchern, aus der nächstgelegenen Regalgasse bog, meldete sich Millers Piepser. Er warf einen Blick darauf. Roth. Er brachte das Ding zum Schweigen; Roth konnte warten, bis er zurück im Zweiten war.
»So, Detective«, sagte Julia Gibb. »Zum Glück hat sie noch niemand ausgeliehen, seit sie wieder hier sind.«
Miller dankte ihr, sammelte die Bücher ein und setzte sich Richtung Ausgang in Bewegung.
»Ich hoffe, wir bekommen sie wieder«, rief sie ihm nach.
»So schnell wie möglich«, sagte Miller.
»Es geht mir nicht so sehr um die ersten vier Bücher, aber der Wilcox ist vergriffen und nur sehr schwer zu bekommen, wissen Sie?«
»Ich passe darauf auf«, sagte Miller, »und bringe sie Ihnen so bald wie möglich zurück.«
Beinahe hätte er die Bücher fallen lassen, als er sich seitwärts durch die Schwingtür lavierte und die Treppen hinunterstürmte. Er überquerte die Seventh Street und ging durch
die New York Avenue Richtung Zweites Revier. Schon zwei Straßen weiter ging ihm die Puste aus, so eilig hatte er es zu erfahren, was Roth und die Bücher ihm zu erzählen haben würden. Er dachte an den Bericht von der Spurensicherung in Natasha Joyces Wohnung, die Ergebnisse der Autopsie, Gedanken, die ihn zwangsläufig zu Marilyn Hemmings, Jennifer Irving und Brandon Thomas führten … Alle so fern, so weit entfernt von dem, was er tat, Teil eines anderen Lebens. Alles war so schnell gegangen. Sechs Tage seit Catherine Sheridans Tod. Nicht einmal eine Woche. Tägliche Berichte an Lassiter, weitergegeben an Killarney und wen immer sie beim FBI sonst noch interessieren mochten. Und was hatten sie? Der Beweis von Robeys Verwicklung beruhte auf der unrechtmäßigen Aneignung des Beweisstücks und dem illegalen Einsatz städtischen Personals und städtischer Einrichtungen, um seinen belastenden Charakter zu konstituieren. Wie würde das für ihn enden? Und wichtiger noch, wie würde es für Marilyn Hemmings enden?
In Millers Gedanken rotierten alle möglichen Konsequenzen und ihre Tragweite.
Er erreichte das Revier, ging die Eingangstreppe hinauf und durch die Tür zum Empfangstresen.
»Roth sucht Sie überall«, rief ihm der diensthabende Sergeant entgegen. »Er ist jetzt oben.«
Miller nahm zwei Stufen auf einmal, rannte den Flur entlang und betrat das Büro, indem er den Türgriff mit dem Ellenbogen nach unten drückte und sich rückwärts, die Arme beladen mit Büchern, durch die Tür schob.
»Miller«, rief Lassiter. »Himmelherrgott, wo haben Sie gesteckt?«
Miller drehte sich um, überrascht, Lassiters Stimme zu hören, und dann
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