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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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beantworten.«
    Eggen nickt. »Tut mir leid, ich wollte nicht …«
    »Kein Problem.« Mjønes lächelt. Es macht Spaß, Polizist zu sein.
    69
    Obwohl sein Arbeitstag noch lange nicht zu Ende ist, nimmt Henning ein Taxi nach Grünerløkka. Vielleicht hätte er Heidi Kjus vorher um Erlaubnis fragen sollen, aber selbst sie weiß, dass er zu Hause mindestens so effektiv arbeitet wie in der Redaktion.
    Während das Taxi über die Krater auf der Kreuzung beim Schous plass holpert, denkt Henning über Jocke Brolenius nach. Hat das, was ihm widerfahren ist, etwas mit Tore Pullis Schicksal zu tun? Besitzt jemand aus Pullis Netzwerk die nötigen Mittel, um einen Typen wie Furio anzuheuern?
    Veronica Nansen vielleicht. Sie erbt nach Pullis Tod einen Haufen Geld. Aber ist sie so kalt und zynisch? Sie ist ihm nicht so vorgekommen, und Henning kann auch kein Motiv sehen, weshalb sie Brolenius umgebracht und ihren Mann derart in die Pfanne gehauen haben sollte. Also, wer käme sonst infrage?
    Keiner von denen, die er bisher getroffen hat, scheint die Mittel oder ein Motiv zu haben. Womöglich hat er es mit zwei verschiedenen Fällen zu tun: dem Mord an Jocke und dem Mord an Tore.
    Das Taxi rollt in die Seilduksgaten.
    »Halten Sie an der Kreuzung da vorn«, sagt Henning und zeigt mit dem Zeigefinger über die Rückenlehne des Beifahrersitzes. Der Fahrer hält an der Kreuzung zum Markveien und schaltet den Taxameter aus. Gleich darauf schiebt sich eine Quittung aus dem Apparat, die Henning achtlos unterschreibt.
    Der Asphalt dampft. Missmutig kickt Henning einen Stein über den staubigen Bürgersteig und hinkt zur Haustür. Was kann er aus den Informationen machen, die er im Laufe des Tages zusammengetragen hat? Ist überhaupt etwas dabei?
    Er will eben die Tür aufschließen, als sein Blick an dem Foto einer Katze hängen bleibt, das über den Klingelknöpfen hängt: »Haben Sie Måns gesehen?«
    Nein, habe ich nicht, denkt Henning und tritt ins Treppenhaus. Aber Måns hat ihn auf eine Idee gebracht.
    Thorleif hat vergessen, wie still es in den Bergen sein kann. Seit sie in Oslo wohnen, hat der immerwährende Verkehrslärm sich wie ein unsichtbares Familienmitglied bei ihnen eingenistet, obgleich die Straße, in der sie wohnen – die Nobels gate –, relativ ruhig ist. Aber die Straßenbahnlinie 13 rappelt und quietscht fortwährend in unmittelbarer Nähe vorbei, und nicht selten heulen die Sirenen weiter oben über die Bygdøy allé.
    In den Bergen wird die Stille nur von dem Rauschen des Windes unterbrochen oder von sporadischen Anzeichen, dass irgendwo in der Nähe Menschen sind. Unter anderen Umständen hätte Thorleif diese Luftveränderung begrüßt, er hätte es genossen, das chaotische Alltagsgewusel hinter sich zu lassen und einfach nur die großartige Natur um sich herum zu genießen. Und obgleich seine Gedanken fast unaufhörlich um die verfahrene Situation kreisen, in die er hineingeraten ist, spürt er mit jeder Faser seines Körpers, wie wertvoll es ist, einen Platz wie diesen zu haben, einen Ort, an den man sich zum Angeln oder Skilaufen zurückziehen kann oder einfach, um nach einem langen Tag an der frischen Luft mit glühenden Wangen vor dem Kamin zu sitzen.
    Thorleif hat es mit Lesen versucht, Der Trauermantel von Unni Lindell, aber jedes Mal, wenn er am Ende einer Seite anlangt, weiß er nicht mehr, was er gerade gelesen hat. Seine Gedanken schweifen ständig ab, weil er nach einer Möglichkeit sucht, mit Elisabeth Kontakt aufzunehmen. Ohne Resultat.
    Thorleif schließt die Augen und versucht, sich die lange Autofahrt vom Kindergarten bis nach Larvik ins Gedächtnis zu rufen. Hat der Mann mit dem Pferdeschwanz irgendetwas gesagt, wodurch man ihn entlarven könnte? Thorleif schüttelt den Kopf. Alle seine Fragen blieben unbeantwortet, und wenn der Mann überhaupt reagiert hat, dann, indem er ein anderes Thema angeschnitten hat. Thorleif kann sich auch nicht erinnern, ob der Mann telefoniert hat oder …
    Er schlägt die Augen auf.
    Das Handy.
    Der Mann hat irgendwann eine SMS bekommen und musste den Handschuh ausziehen, um die Tasten zu bedienen. Danach hat er den Handschuh nicht gleich wieder angezogen, sondern erst eine Antwort geschrieben und danach den Arm auf die Armlehne gelegt. Und die Hand. Nicht lange, aber vielleicht lange genug, um einen Fingerabdruck zu hinterlassen.
    Thorleif setzt sich auf. Das ist nicht viel, reicht aber hoffentlich. Und vielleicht ist es genau das, was er braucht, um diesem

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