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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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Albtraum zu entrinnen.
    70
    Iver Gundersen spürt einen Druck hinter den Augäpfeln, als sie aus dem Colosseum kommen. Er hätte vorher nachsehen sollen, wie lang der Film ist. So hat er nun gut zweieinhalb Stunden dagehockt, ohne sich zu rühren, obendrein mit 3-D-Brille, die den Augenmuskeln einen ganz anderen Einsatz abverlangt, als sie es gewohnt sind. Seine Augen sind völlig erschöpft, und diese Erschöpfung hat sich auch auf Iver übertragen. Nora hingegen ist hellwach.
    »Und, wie fandest du den Film?«, fragt sie und strahlt.
    Iver zögert die Antwort hinaus. »Gar nicht so schlecht«, sagt er schließlich.
    »Nicht so schlecht? Der war doch absolut …« Nora legt den Kopf in den Nacken und schaut an den matten Nachthimmel, während sie nach den treffenden Worten sucht. »Magisch«, sagt sie enthusiastisch und sieht ihn erwartungsvoll an.
    Iver bleibt stumm. Er sieht keinen Grund, ihr positives Kinoerlebnis kaputt zu machen. Dann nimmt er ihre Hand und sieht sie an. »Freut mich, dass es dir gefallen hat.«
    Nora lächelt und verschränkt ihre Finger mit seinen.
    »Hast du Hunger?«, fragt er.
    »Mir ist ein bisschen schlecht. Ich hab zu viel Popcorn gegessen.«
    »Da wird dir eine Kleinigkeit zu essen …«
    Iver wird vom Klingeln seines Handys unterbrochen. Er zieht es aus der Tasche, schaut aufs Display und lässt Noras Hand los.
    »Es ist Henning.«
    Sie tritt einen Schritt zur Seite.
    »Hallo, Henning«, sagt Iver.
    »War der Film gut?«
    »Hä?«
    »Es gibt nur wenige Gelegenheiten, zu denen Journalisten heutzutage ihre Handys ausschalten, darum bin ich mal davon ausgegangen, dass ihr im Kino wart. Liege ich falsch?«
    Sekundenlange Stille.
    »Der Film war gar nicht so schlecht.«
    Er sieht Nora an, die seinen Blick nicht erwidert. In den nächsten Minuten fasst Henning zusammen, was er über Thorleif Brenden herausgefunden hat, sein merkwürdiges Benehmen zu Hause, die Zeichnung, die er seiner Frau unters Kopfkissen gelegt hat, und über den Mann, den Thorleif Furio getauft hat.
    »Wow«, sagt Iver, als Henning fertig ist. »Nicht übel.«
    »Falls du nach wie vor beabsichtigst, den Abend mit einem Abstecher ins Åsgard zu beenden, frag nach, ob sie einen Schläger oder Geldeintreiber kennen, der lang wie ein Minarett ist und aussieht wie Furio.«
    »Glaubst du, dass ich darauf eine Antwort bekomme?«
    »Dir fällt sicher eine etwas elegantere Formulierung ein als mir.«
    Einige Meter vor ihm betrachtet Nora ein Schaufenster.
    »Ich habe mit TV 2 gesprochen«, sagt Iver.
    »Und, was haben sie gesagt?«
    »Dass Brenden sich die letzten Tage sehr merkwürdig verhalten hat. Guri Palme dachte, es hinge mit seiner Magen-Darm-Verstimmung zusammen, weil er sich vor dem Gefängnis übergeben hat, nachdem das mit Pulli passiert ist. Und seine Aufnahme war völlig daneben, als wäre er mit den Gedanken ganz woanders gewesen.«
    »Es kann schon stimmen, dass er den Kopf mit ganz anderen Dingen voll hatte.«
    »Brenden ist laut Guri einer der Besten, den sie haben. Sie machen sich wirklich Sorgen.«
    »Ich könnte das als Zitat in meinen Bericht übernehmen, dann fahren wir eine doppelte byline . Viel Spaß im M.«
    »Hä?«
    » Café M. Seid ihr nicht auf dem Weg dahin? Probier den Heilbutt, wenn’s den noch gibt. Der ist gut. Gegrillt mit Apfelspalten.«
    »Wir wollen nicht …«
    »Bis dann.«
    Iver kann sich die Antwort sparen, Henning hat aufgelegt. Er seufzt und wirft einen Blick auf sein Handy, als könnte es ihm erklären, woher …
    Nein. Verdammt.
    Er holt Nora ein, greift aber nicht noch einmal nach ihrer Hand.
    »Du?«, sagt er, als sie an der Kreuzung Majorstua auf grünes Licht warten. »Wollen wir nicht woanders essen gehen?«
    71
    Ein grün-rot bemalter, breit lächelnder Troll hält vor dem Eingang zum Hotel Ustaoset ein Willkommensschild in die Höhe.
    Thorleif geht zögerlich über die grauen Schieferplatten im Eingangsbereich, der von einem weißen, wuchtigen Kamin dominiert wird. Im linken Teil sind ein paar schwarze Ledersessel um einen ovalen Tisch gruppiert. Weiter hinten ragt eine Wand ein paar Meter in den langen Gang hinein, an der ein Hinweisschild auf das Restaurant Usta verweist.
    An der Rezeption sitzt eine junge Frau und telefoniert. Sie schaut hoch und lächelt ihn freundlich an. Ihre dunkelbraunen Haare sind in einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Knallroter Lippenstift, leicht gebräunter Teint, weiße Bluse. Um den Hals trägt sie ein halbes Herz.
    Thorleif macht einen

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