Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
über Herzkrankheiten lagen. Ich steckte eine über die Gefahren des Rauchens in meine Handtasche und hoffte, meine Tante würde noch zu schwach sein, um sie als Waffe gegen mich einzusetzen, wenn sie sie las.
Sie lag ganz allein irgendwo in dieser Klinik, während ich bei ihr sein und ihre Hand halten und ihr versichern sollte, wie leid mir alles tat. Nicht Jim, sondern ich hätte mit dem Arzt sprechen müssen. Aber ich konnte mir nur selbst die Schuld geben. An wen sollte sich der Arzt denn wenden, wenn eine bewusstlose Frau eingeliefert wurde und keine Angehörigen auftauchten, nur ihre Mieter und ein Installateur?
Abgesehen vom mangelnden Komfort hatte der Sadist, der für die Einrichtung des Warteraums verantwortlich war, eine Uhr vergessen. Oder vielleicht hatte er es gut gemeint und besorgten Verwandten die Qual langsam voranrückender Zeiger ersparen wollen. Ohne mein Handy und ein Fenster konnte ich unmöglich feststellen, wie lange ich schon hier saß. Endlich schwang die Tür auf, und ich hob dankbar den Kopf.
Statt der ersehnten Schwester oder des Arztes sah ich Jims gesträhntes Haar. Bei meinem Anblick zögerte er und trat vorsichtig ein, als fürchtete er, ich würde unseren Streit fortsetzen. Er hielt eine Marks & Spencer’s-Plastiktüte in der Hand. Sofort stieg neuer Zorn in mir auf. Hatte er Percy und Eleanor allein gelassen, um einkaufen zu gehen? Aber ich zwang mich, bis zehn zu zählen. Es würde Tante Lyd nicht helfen, wenn ich wieder die Beherrschung verlor. Gerade jetzt würde sie sich wünschen, ich würde mich mit Jim vertragen.
»Hi, Rory.« Immer noch zögernd, blieb er bei der Tür stehen und strich sich durchs Haar, bis es in alle Richtungen vom Kopf abstand. »Gott sei Dank sind Sie hier. Wir waren so beunruhigt, weil wir Sie nicht anrufen konnten.«
»Glücklicherweise hat Martin vor dem Haus auf mich gewartet. Er war großartig. Jetzt bringt er Percy und Eleanor nach Hause. Nachdem sie so lange allein hier sitzen mussten, waren sie völlig erschöpft.« Ich hatte nicht beabsichtigt, in anklagendem Ton zu sprechen. Aber es musste so geklungen haben, denn Jims Lippen wurden schmal.
»Ach ja. Martin. Okay. Gerade wollte ich die beiden abholen. Ich hatte nicht geahnt, wie lange es dauern würde, ein paar Sachen zu besorgen.« Er hielt mir die Tüte hin.
Sollte ich seine Einkäufe inspizieren? Was da drin steckte, erriet ich ohnehin – einige T-Shirts, eine Nummer zu klein. So was hatte ich oft genug gesehen. Ich zuckte die Achseln.
»Wollen Sie es nicht?« Er kam zu mir und schüttelte die Tüte, ziemlich aggressiv. »Wenn sie aufwacht, werden Sie sicher die Erste sein, die sie sieht.«
»Was meinen Sie?«, fragte ich und zuckte vor der Tüte zurück.
»Da sind Sachen für Lydia«, seufzte er ärgerlich. »Was meinen Sie denn, was ich gemacht habe? Einen Schaufensterbummel?«
»Nein«, murmelte ich beschämt, denn genau das hatte ich vermutet. Warum musste er mich immer wieder ins Unrecht setzen?
»Hören Sie, Dawn …« Grinsend beobachtete er meine Verlegenheit. »Ich weiß, Sie glauben, ich tue das aus niedrigen Beweggründen. Aber während meine Mum in der Klinik lag, verabscheute sie die Krankenhaushemden und alles, was man da für Nahrungsmittel hält. Aus Lydias Haus wollte ich nichts holen, denn ich weiß ja, was Sie denken, wenn ich die Sachen Ihrer Tante durchsuche. Also bin ich einkaufen gegangen, okay? Keine üblen Machenschaften, keine kriminellen Pläne. Hier. Schauen Sie rein.«
Er warf die Tüte auf meinen Schoß. Als ich hineinspähte, sah ich ein Nachthemd aus weichem Flanell, in gedeckten Farben kariert, mit Knöpfen bis zum Kragen. Tante Lyds Geschmack war das nicht. Aber sie würde sicher dankbar dafür sein. Unter dem Hemd lagen diverse Snacks – Nudelsalate, Obst in kleinen Stücken, italienische Brotstangen.
»Danke, Jim«, sagte ich leise, den Kopf gesenkt. »Das wäre nicht nötig gewesen. Darum hätte ich mich auch kümmern können.«
»Nun, ich dachte, Sie haben schon genug zu tun.« Er setzte sich neben mich und streckte die Beine aus. Offenbar wollte er vorerst hierbleiben.
Zwischen verkrampften Fingern drehte ich die Plastiktüte hin und her. »Was – was genau hat der Arzt gesagt, Jim?«
»O Gott, tut mir leid, ich hatte gedacht, das hätten Ihnen die anderen schon erzählt.« Jim zog die Beine an, um gerade zu sitzen. Dann wandte er sich auf dem gnadenlosen Plastikstuhl zu mir und legte einen Arm auf meine Lehne. »Lydia ist
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