Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
Pflichten hatten mich gezwungen weiterzumachen, statt schluchzend unter der Bettdecke liegen zu bleiben. Und die Kolumne über Malky zu schreiben hatte gewissermaßen wie eine Katharsis gewirkt und einen Schlussstrich unter unsere Affäre gezogen.
Trotzdem schien es mir verfrüht, am Tag nach Tante Lyds Entlassung aus der Klinik schon wieder ins Büro zurückzukehren. Als ich ihr erklärte, ich würde gern noch bei ihr bleiben, betonte sie jedoch irritiert, in ihrem eigenen Haus könnte ihr wohl kaum etwas zustoßen. Obwohl ich also hauptsächlich ihr zuliebe beschloss, wieder in die Country-House -Redaktion zu gehen, wusste ich, dass ich dort mehr Ruhe für meine Entscheidung finden würde, was mit Martin geschehen sollte. Eigentlich hätte mir die Entscheidung leichtfallen müssen, nachdem er mich verraten und betrogen hatte. Doch es war nicht so einfach, eine zweite Chance für eine Beziehung zu verschenken, die mir einmal alles bedeutet hatte. Das Leben war nicht nur schwarz und weiß … Würde ich mit der neuen Grau-Nuance zurechtkommen? Wenigstens konnte ich mir das bei Country House , wo sich niemals etwas änderte, ungestört überlegen.
Aber es hatte sich sehr viel geändert. Als ich mein Büro betrat, war Tickys Schreibtisch verdächtig aufgeräumt. Eine Schrecksekunde lang dachte ich, die gefürchtete Kündigungswelle wäre bereits über uns hereingebrochen. Dann öffnete ich eine ihrer Schubladen und sah ein beruhigendes Quantum an teuren Kosmetikartikeln und Schokoriegeln. Statt der üblichen verstreuten Papiere, Heat -Magazine und herzförmiger rosa Post-its entdeckte ich auf dem Schreibtisch nur einen linierten Notizblock mit einer ordentlichen Liste in Tickys runder Handschrift:
–Großartige Engländerinnen??? Dringend!
–Layouts an Man für endgültige Freigabe II/04
–Vertretung (Freelancer) suchen – Bereits Absagen von Binks Hamilton und Lara Brooks. Noch mal versuchen: Savannah Fitzropy, Zelie Brennen-Leigh, Rollo Morris?
–Presse-Briefing Englisches Kulturerbe für 2012 – 05/05 > Noonoo?
– Armdale Gardens – visuelle Leitlinien? > Instruktionen an Jeremy
Hätte ich Tickys Handschrift nicht erkannt, hätte ich nicht geglaubt, dass sie in der Lage war, so eine Liste zu schreiben. Die Liste zeigte nicht nur, dass sie sehr genau verstanden hatte, was in meiner Abwesenheit erledigt werden musste, sondern auch, dass sie die Planung richtig vorangebracht und die Initiative ergriffen hatte. Ihre Suche nach einem Freelancer, der mich vertreten konnte, fand ich etwas übertrieben, nachdem ich nur wenige Tage gefehlt hatte. Doch das konnte ich ihr nicht verübeln, und natürlich war trotz der eindrucksvoll demonstrierten neuen Effizienz nicht rechtzeitig jemand gefunden worden. Das erleichterte mich.
Noch vor Ticky erschien Lysander in meinem Büro – erstaunlich, denn es war viel zu früh für seine Redaktionswanderungen nach dem Lunch. Da war irgendwas im Busch. Er sank in den Chintzsessel, was einen längeren Besuch ankündigte. Behaglich lehnte er sich zurück, die Ellbogen auf den Armstützen, und legte die gespreizten Finger aneinander, wie ein nachdenklicher Detektiv in einem Kriminalfilm. Würde er mir gleich eröffnen, dass Ticky um die Ecke gebracht worden war?
»Was für eine Woche, Aurora, was für eine Woche.« Als meine Reaktion ausblieb, schien er sich zu entsinnen, dass ich wegen meiner Abwesenheit von nichts wusste. Hastig fügte er hinzu: »Wir sind alle so froh, dass es deiner Tante wieder besser geht.«
»Danke.«
»Ich erinnere mich noch so lebhaft an die Devereux Girls ! Sie ist eine fantastische Frau. Ich habe sie einmal bei Annabel’s getroffen, das muss um 1982 gewesen sein.«
»Du kanntest Tante Lyd?« Ich starrte ihn an. »Wirklich? Ich kann mich gar nicht erinnern, dass Sie dich mal erwähnt hätte.«
Lysander beugte sich vor. »Kein Grund gleich ›auszuflippen‹.« Mit flinken Fingerspitzen malte er Anführungszeichen in die Luft, um zu bekunden, dass er mit der Jugendsprache vertraut war. Obwohl die heutigen Jugendlichen 1982 noch gar nicht auf der Welt gewesen waren, geschweige denn im Annabel’s verkehrt hatten. »Dass Lydia Bell deine Tante ist, habe ich erst am Montag erfahren, als Amanda uns eingeweiht hat. Keiner von uns hat das gewusst.«
»Und du, Lysander Honeywell, bist ein Freund meiner Tante?«, fragte ich skeptisch. »Wieso hat sie dann nie von dir gesprochen?«
Seufzend winkte er ab, bevor er wieder die Detektivpose einnahm. »Oh,
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