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Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)

Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)

Titel: Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pippa Wright
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aus Artikeln über die Architektur und die Kunstschätze schöner Landhäuser in England bestanden hatte. (Niemals »Herrenhäuser«, so wurden sie nur von Touristen genannt.) Allmählich entwickelte sich die Zeitschrift zu einem Hochglanzkatalog für Immobilienagenten, mit Fotos von Pferdekoppeln und Swimmingpools, Angaben über günstige Anfahrtsrouten und Aufforderungen zu Kaufangeboten nicht unter zwei Millionen Pfund. Neuerdings musste man fünfzig Anzeigenseiten überblättern, ehe man einen Artikel erreichte. Und der handelte eher von illustren gesellschaftlichen Ereignissen als von historischen Besonderheiten oder der Herkunft des Harris-Tweeds. Dieser neue inhaltliche Schwerpunkt erhöhte die Auflage und entzückte die Familie Betterton, wurde von Martha aber entschieden – und lautstark – missbilligt.
    An die Wortgefechte zwischen Amanda und Martha war die Belegschaft längst gewöhnt, und wir interessierten uns nur noch dafür, wie lange jedes dauerte. Seit Amanda die Geschicke von Country House lenkte, hatte sie ihre Martha-Vernichtung von der anfänglichen halben Stunde zur eindrucksvollen persönlichen Bestzeit von nur drei Minuten verkürzt (präzise berechnet von der Sekunde, in der die Toilettentür zugeknallt wurde, bis zur Sekunde, in der sie sich wieder öffnete). Wir stoppten jedes Mal die Zeit und schlossen sogar Wetten darauf ab. Das brachte ein bisschen Abwechslung, die dringend notwendig war, wenn man seine Arbeitstage damit verbringen musste, Artikel über die Frage zu schreiben, ob Exmoor oder Dartmoor amüsanter war.
    Bei diesen Wetten setzten wir nicht viel ein, nur zwanzig Penny. Aber ein Gewinn reichte für ein Stück Kuchen, das den Nachmittag versüßte, von der Anerkennung der Kollegen ganz zu schweigen. Der Kick zu gewinnen wurde nur noch von dem ausdrücklichen Wettverbot bei Country House übertroffen, das die Familie Betterton nach dem Queen-Mum-Wettskandal 2002 erlassen hatte, kurz vor meiner Einstellung. Damals hatte Lysander Honeywell eine Wette auf die Frage organisiert, wann Ihre greise Königliche Hoheit den Himmelsthron besteigen würde. Old Mr Betterton, mit der Königinmutter gut genug bekannt, um sie »Kuchen« zu nennen (nicht einmal Majestäten sind gegen die lächerlichen Spitznamen der Oberschicht gefeit), berief – eher betrübt als erzürnt – das Country-House- Personal zu einer Versammlung ein. Alle mussten einen Eid auf die Treue zur Krone ablegen, dem Teufel entsagen und versprechen, in den Redaktionsräumen nie mehr zu sündigen, indem sie Wetten abschlossen.
    Natürlich schaute auch jetzt jeder auf die Uhr, sobald die Toilettentür ins Schloss fiel, und setzte seine zwanzig Penny ein. Die Köpfe gesenkt, ließen wir die Blicke zwischen den tickenden Uhren und der Klotür hin und her schweifen. Während die Minuten verstrichen, erklangen leise Flüche. Noonoos zehn und meine zwölf Minuten wurden überschritten, die Tür blieb geschlossen. Nur Lysanders zweiundzwanzig und Flickers’ fünfundzwanzig Minuten waren noch im Spiel. Nach zwanzig Minuten schlich Lysander an der Toilettentür vorbei. Mit einem Blatt Papier in der Hand versuchte er wenig überzeugend Arbeit vorzutäuschen. Hätte er einfach ein Glas an die Tür gedrückt und sein Ohr darauf gepresst (eine erprobte Methode, um an Türen zu lauschen), wäre es unauffälliger gewesen.
    Schließlich brach Ticky das Schweigen. »Roars«, zischte sie durch unser Büro, »mir platzt gleich die Blase, ich muss mal! Um was zum Geier streiten sie denn diesmal?«
    »Um das Übliche, nehme ich an«, murmelte ich.
    Die Stirn gerunzelt, spähte Noonoo von ihrem Schreibtisch herüber und legte einen Finger auf ihre Lippen. Offensichtlich hoffte sie etwas aus der Toilettenrichtung zu hören.
    »Im Eeernst, können die ihren blöden Streit nicht woanders erledigen?«, wisperte Ticky wütend. »Ich glaub, ich kauf einen Nachttopf für unser Büro, ohne Witz!«
    »Versuch’s mit einem Katheter«, schlug ich hilfsbereit vor.
    »Na vielen Dank, Roars. Reden wir nicht mehr übers Pinkeln, sonst wird’s noch schlimmer.«
    »Du meinst, ich soll keine Wasserfälle oder sprudelnde Wasserhähne erwähnen?«
    »Oh, du kleines, gemeines Miststück!« Ticky schlang ein Bein übers andere und presste die Schenkel zusammen.
    Endlich, nach sechsundzwanzig Minuten, schwang die Toilettentür auf. Amanda trat heraus und schaute sich angriffslustig um. Aber niemand erwiderte ihren Blick, alle fixierten mit unglaubwürdiger

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