Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
hinterlistige Frau!«
»So wie ich Eleanor kenne, sitzt sie schon unten am Frühstückstisch. Mit dem kalten Wasser hat sie nichts zu tun. Wir haben einfach ein Problem mit den Rohren.«
»Und jetzt hat sie ein Problem mit mir !« Percy richtete sich zu seiner vollen Größe auf (was ihn auch nicht imposanter wirken ließ, schon gar nicht in seinen Pantoffeln mit den eingestickten Monogrammen). »Ganz egal, ob Eleanor dahintersteckt oder die mangelnde Sorge um die Instandhaltung dieses Gebäudes – für die ich Sie, Lydia, verantwortlich machen müsste. Mein Tod soll auf niemandes Gewissen lasten. Deshalb verlange ich eine sofortige Lösung des Problems.«
Tante Lyd gähnte. »Heute Vormittag werde ich einen Installateur anrufen. Das verspreche ich.«
»Es ist bereits Vormittag.« Die Röte in Percys Wangen vertiefte sich.
»Es ist erst fünf Uhr, und ich zahle keinen Expresszuschlag, nur weil Sie kalt geduscht haben«, erklärte sie geduldig. »Gehen wir in die Küche, und ich koche einen Kessel Wasser, damit Sie das Shampoo aus Ihrem Haar waschen können.«
»Welch eine Schmach!«, murmelte er und folgte ihr die Treppe hinunter. Keiner der beiden hatte mich auf meinem Lauschposten bemerkt. Trotzdem beschloss ich, ihnen zu folgen. Ein bisschen Gesellschaft würde meine einsamen Morgengedanken vertreiben.
Tante Lyd behielt recht. Untadelig zurechtgemacht, kauerte Eleanor wie ein kleines Vögelchen auf der Kante eines wackeligen Küchenstuhls, ihren Acht-Zentimeter-Schuhabsatz zierlich in eine Strebe des Stuhls gehakt. Zu einer beigen Hose trug sie einen rosa Pullover. Sie wirkte völlig entspannt, obwohl sie sich nicht zurücklehnte, sondern die Ellbogen auf den Tisch stützte, wie immer in graziler Pose. Ich hatte keine Ahnung, wann sie morgens aufstand, aber bisher war ich noch nie zum Frühstück in die Küche gegangen, ohne sie in dieser Haltung anzutreffen – vollständig bekleidet, mit perfektem Make-up, eine Teetasse in der Hand. Ganz egal, ob ich um sieben Uhr, um zehn oder wie jetzt um fünf auftauchte. Es würde mich nicht überraschen zu erfahren, dass sie die ganze Nacht hier gesessen hatte.
In alten Zeiten, als die britische Filmindustrie sich noch eingebildet hatte, sie könnte mit den Amerikanern konkurrieren, war Eleanor Avery ein Starlet bei den Pinewood Studios gewesen. Wer würde jemals vergessen, wie sie als kecke Gattin eines Vikars in Jetzt nicht, Padre den Kuraten verführt hatte? Ihr Ruhm war früh verblasst, ihr Glamour nicht. Heutzutage hielt sie sich mit der stummen Rolle einer Marktfrau in der BBC -Serie EastEnders über Wasser. Regelmäßig sah man sie im Hintergrund, wo sie Obst und Gemüse in braune Papiertüten packte. Dabei bewegte sie sich übertrieben graziös. Ihre Freunde wussten, dass das nichts mit Schauspielästhetik zu tun hatte, sondern mit ihrem hellrosa Nagellack, den sie sich nicht abstoßen wollte.
»Da ist sie ja!«, rief Percy triumphierend, als hätte er sie mit einem triefenden Schraubenschlüssel in der einen Hand und einem Reader’s-Digest -Ratgeber für Heimwerker in der anderen ertappt.
»Guten Morgen, Percy«, begrüßte sie ihn und nippte anmutig an ihrem Tee. »Guten Morgen, Lydia, Rory.«
Erst jetzt merkte meine Tante, dass ich hinter ihr stand. »Wieso bist du schon auf?«
»Weil ich Stimmen gehört habe und sehen wollte, was los ist.«
»Nun, meine Liebe …« Percy sah mich an und straffte seine Brust. »Da sind Sie ja gerade rechtzeitig zur Show gekommen.«
»Zur Show?«, wiederholte Eleanor unsicher. Ihre Hand zitterte ein wenig.
»Allerdings, Sie bösartige alte Hexe! Sie waren es, die heute Morgen das warme Wasser abgedreht hat! Egal, wie naiv Sie jetzt tun – ich weiß, welche Lügen Sie hinter dieser Fassade verbergen!«
»Fassade?« Hilfe suchend wandte sich Lydia zu Tante Lyd.
»Glauben Sie bloß nicht, ich würde Ihr Ränkespiel nicht durchschauen, Avery«, fauchte er. »Welch eine Gemeinheit!«
»Mein lieber Percy …« Unschuldig riss Eleanor ihre wässrigen Augen auf. »Sie haben irgendwas Seltsames im Haar.«
In diesem Moment löste sich der Schaum, der seinen Kopf bisher so fest wie eine Duschhaube umgeben hatte, und rann langsam herunter zu seinen Ohren – vielleicht wegen der warmen Temperatur in der Küche. Percys Verwirrung über seine herabsinkende Shampoo-Perücke ließ ihn vorerst verstummen.
Hastig nutzte Tante Lyd die günstige Situation, um ihn von Eleanor weg und zum Spülbecken zu zerren. »Jetzt waschen
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