Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
Altarbilder begeisterten wie sie selbst. Professoren würden sie für intelligent, sogar talentiert halten. Und sie würde Partys besuchen, einen Jungen treffen, der sie bewunderte, und sie würden sich ineinander verlieben … Aber dann fiel mir ein, was ich ihr sonst noch erzählen müsste. Viele Jahre später würde der Junge sie betrügen, und sie würde einen uninteressanten Job haben, der nur ganz entfernt mit Kunstgeschichte zu tun hatte. Vor ihrem dreißigsten Geburtstag würde sie wieder Single sein, Dates mit fast Siebzigjährigen haben und bei ihrer kettenrauchenden Tante und zwei greisen Ex-Schauspielstars wohnen. Dem armen einsamen Mädchen waren schönere Zukunftsträume zu gönnen, entschied ich. Grausam zerquetschte ich das Marshmallow mit dem Löffel am Tassenrand.
Wenn Ticky recht hatte und Dates mit unpassenden Männern lehrreich waren – was war das Ergebnis des vergangenen Abends? Abgesehen von einem Kater und der Erinnerung an Teddys glänzendes rotes Gesicht über meinem? Ich hätte nicht mit einem Achtundsechzigjährigen ausgehen müssen, um zu wissen, dass ich mir einen Jüngeren wünschte. Aber vielleicht wies der Verlauf des Abends auf Rory Carmichaels Naivität hin. Hätte ich die Anzeichen nicht erkennen müssen, bevor Teddy mich zu küssen versucht hatte? Sobald ihm unser Date bewusst geworden war, hatte sich seine Haltung mir gegenüber geändert. Im Restaurant unternahm er nichts. Hätte er unter dem Tisch mit mir gefüßelt, wäre das nicht einmal mir entgangen. Doch er bestellte plötzlich sehr viel Wein, und seine Augen funkelten, aber da konnte ich mich auch irren, weil meine eigenen allmählich in zwei verschiedene Richtungen geschaut hatten. Ich hatte weiterhin die süße Nichte gespielt. War ich so daran gewöhnt, gebunden zu sein, dass ich das Interesse eines anderen Mannes gar nicht registrierte?
Während ich aus dem Fenster schaute und mein Leben analysierte, nahm ich vage einen großen Typ wahr, der mehrmals vorbeischlenderte und ins Café spähte. An seinem Rücken hing ein Gitarrenkasten, seine dunklen Locken konkurrierten beinahe mit meiner Krause. Ein kleiner Hund folgte ihm und trug seine Leine im Maul. Suchte er jemanden? Er ging erneut vorbei, fing meinen Blick auf und zwinkerte mir zu. Dann duckte er sich, sein Kopf verschwand vom Fenster. Lachend tauchte er wieder auf, und es war unmöglich, nicht auch zu lachen. Soll ich reinkommen?, formten seine Lippen. Ehe ich antworten konnte, erschien sein Kopf in der Tür.
Der körperlose Kopf grinste. »Glauben Sie, ich darf meinen Hund mit reinbringen?«
Ich öffnete den Mund und wollte etwas sagen. Stattdessen starrte ich wie hypnotisiert in seine erstaunlichen grünen Augen. Ob man ihn attraktiv nennen konnte, wusste ich nicht – dafür wirkte sein Gesicht eigentlich zu markant. Aber der Kontrast von dem dunklen Haar und den meergrünen Augen raubte einem den Atem. Zumindest mir .
»Nein!«, rief eine Kellnerin und stürmte hinter der Kasse hervor. »Hier haben Hunde keinen Zutritt. Außerdem schließen wir in zehn Minuten.«
»Dann wartest du draußen, Kumpel.« Der lockige Mann beugte sich zu dem Hündchen hinab. »Sicher dauert es keine zehn Minuten, bis ich die Telefonnummer der hübschen jungen Dame habe.«
Nun ja. Vielleicht merkte ich’s doch noch, wenn sich jemand für mich interessierte.
Er schenkte der Kellnerin ein Lächeln, das zeigte, er war es gewöhnt, widerstrebende Leute mit seinen grünen Augen umzustimmen. »Bekomme ich in Ihren restlichen zehn Minuten noch eine Tasse Tee?« Die Hände flehend ausgestreckt, beugte er sich vor.
»Also gut, aber nur, wenn Sie sie schnell trinken«, seufzte sie und lächelte wider Willen.
Zuversichtlich setzte er sich auf den Stuhl neben mir und lehnte den Gitarrenkasten an die Wand. »Und bekomme ich in zehn Minuten Ihre Telefonnummer, Mädchen am Fenster? Das habe ich meinem Hund versprochen. Und Gordon mag es nicht, wenn ich Versprechen breche.« Er zeigte durchs Fenster nach draußen, wo das Tier geduldig auf dem Gehsteig kauerte, mit dem Schwanz wedelte und die Passanten beobachtete.
»Ihr Hund heißt Gordon?«, fragte ich.
»Ja, ich weiß.« Lachend stieß er meine Schulter an, damit ich mit ihm lachte. »So wurde er im Battersea-Tierheim genannt, weil er braun wie ein Gordon Setter ist. Ich wollte ihn umtaufen. Aber er hört auf keinen anderen Namen. Sehr eigensinnig, ein typischer Terrier. Sobald sich diese Hunde für irgendwas entschieden haben,
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