Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
anonym ablief, gab es keinen Grund, warum ich die Storys nicht ein bisschen verändern sollte. Ich würde in meiner Kolumne nur das erzählen, was ich wollte und mein Verhalten so schildern, wie ich es mir gewünscht hätte. Es ging um mein Leben. Und das würde ich nach meinen Vorstellungen redigieren.
Obwohl Teddy so ungalant gewesen war, Lysander zu erzählen, er hätte meine Annäherungsversuche abwehren müssen, wollte ich ihn nicht verunglimpfen, nicht einmal unter einem Pseudonym. Immerhin war er sehr freundlich gewesen, und es bedrückte mich, dass er glauben könnte, er wäre keine Romanze wert. Deshalb begann ich sofort an der Kolumne zu arbeiten und machte aus Teddys würdelosem Gefummel einen weniger peinlichen Handkuss, gefolgt von seiner Erklärung, wegen meiner Jugend könne nichts aus unserer Liebe werden. Das hielt ich für die netteste Art, uns beiden Peinlichkeiten zu ersparen.
Und so endeten meine fünfhundert Wörter: Mein zweites Date mit einem vermeintlich unpassenden Mann lehrte mich, dass nicht nur ich gewisse Regeln zu beachten hatte. Denn ein Mann, der mir durchaus passend vorkam, hielt mich für zu jung. Ich hoffe, es gibt irgendwo die Richtige für Mr. X. Leider bin ich es nicht.
Damit trug ich etwas zu dick auf. Aber die Story vom einsamen, steinreichen schottischen Großgrundbesitzer, von der Erinnerung an eine verlorene Liebe gequält, hätte einem sentimentalen Roman entstammen können. Und dass der wohlhabende Junggeselle eine Frau vorziehen würde, die altersmäßig besser zu ihm passte als ich, war genau der richtige Stoff für die traditionsbewusste Country-House -Leserschaft. Klar, in dieser Version wirkte ich erbärmlich, und sie lieferte den Kollegen eine Menge Munition gegen mich, die sie sicher nutzen würden. Aber diesen Preis zahlte ich gern für ein positives Leser-Feedback, das ich Amanda unter die Nase halten konnte.
Endlich hatte Ticky ihre Granddad-Witzeleien aufgegeben und war gleich darauf verschwunden. Ihre häufige Abwesenheit war mir an sich egal, sie ärgerte mich nur, wenn ich daran dachte, wie wenig sie arbeitete. Aber bald stellte sich heraus, dass sie keineswegs untätig gewesen war.
»Hi, ich habe gehört, Sie suchen einen Toyboy«, erklang eine gedehnte Stimme.
Ich blickte von meinem Schreibtisch auf und sah einen hoch aufgeschossenen, mageren Jungen am Türrahmen lehnen, mit einer extrem selbstsicheren Ausstrahlung. Vermutlich hatte er in einem Ratgeber aus der Schulbibliothek gelesen, wie man sich möglichst cool benahm. Undeutlich erkannte ich den Praktikanten, der seit ein paar Wochen für Flickers arbeitete. Ich hatte ihn kaum beachtet, denn unsere Redaktion wimmelte ständig von Journalismusstudenten, die Erfahrungen sammelten, indem sie die langweiligsten Jobs umsonst erledigten. Jeder von ihnen blieb für ein paar Wochen bei uns, bevor er von einem Doppelgänger ersetzt wurde, dessen Mummy sich an Amanda gewandt und sie um einen Gefallen gebeten hatte. Ich hatte den Versuch, die Praktikanten auseinanderzuhalten schon vor Jahren aufgegeben.
»Wie bitte?« Ich musterte ihn etwas genauer. Obwohl vermutlich noch keine zwanzig, schien er sich, wie alle Männer in unserem Büro, irgendwie jenseits einer Altersstufe oder Moderichtung zu befinden. Zu einer beigen Hose trug er glänzende Schuhe mit Lochmuster und ein hellrosa Hemd. Vor einer Weile hatte ich gesehen, wie er in einer Sportjacke durch den Korridor gegangen war. Ohne die stilvollen Ponyfransen und die letzten Fetzen eines Armbändchens von einem Musikfestival hätte er irgendein Typ zwischen Lysander und Old Mr. Betterton sein können.
»Ja, Ticky sagte, Sie würden für Ihr Projekt ›unpassende Männer‹ einen Toyboy suchen.« Er wischte sich den Pony aus seinen Augen. »Deshalb wollte ich mich mal melden.«
Was dachte Ticky sich eigentlich? Sobald ich diesen Jungen ansah, sah ich ihn vor meinem inneren Auge in seiner Schuluniform. Und das meine ich ganz unerotisch. Wollte sie rausfinden, ob ich nicht nur für Leichen schwärmte, sondern auch noch pädophil war?
»Also hat Ticky dich zu mir geschickt?«
»Nein.« Mit seiner Privatschulenstimme ausgesprochen, klang es eher wie Neiiiin . »Sie hat mir nur von Ihrer Kolumne erzählt. Und da dachte ich, Sie wären so was wie eine MILF ?«
»Eine MILF ?«
»Äh, Sie – Sie wissen schon«, stotterte er und wurde feuerrot. » Mother I’d Like to Fu …«
»Ja, ich weiß, was das heißt«, fauchte ich. »Aber ich habe keine
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