Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
wünschte, du würdest dich nicht mehr einmischen, denn ich bin durchaus fähig, meine Dates selber zu arrangieren.«
»Ach ja?«, fragte sie ungläubig. »Das sehe ich anders. Wenn du auf dich selbst gestellt bist, triffst du dich mit Lysanders altem Cousin. Ich will dir nur zu einem gewissen Gleichgewicht verhelfen. Ein Greis plus ein Junge, das ergibt einen Mann in deinem Alter.«
»Oh, ich habe bereits einen sehr netten Mann um die dreißig kennengelernt«, zischte ich. »Wir hatten schon ein Date. Und wir sehen uns bald wieder.«
Argwöhnisch starrte sie mich an. »Am Wochenende?«
»Ja«, sagte ich, »er heißt Malky.«
Nachdenklich nickte sie. »Klingt komplett unpassend. So heißt kein Firmenchef. Beruf?«
»Musiker.« Diesmal nickte sie etwas skeptischer, und ich fügte hinzu: »Arbeitslos.«
Das schien sie zu überzeugen. »Okay, ein arbeitsloser Musiker um die dreißig. Hört sich vielversprechend an. Definitiv unpassend. Damit bin ich einverstanden. Aber ein bisschen Hilfe wird dir nicht schaden, oder?«
»Nein, wahrscheinlich nicht«, stimmte ich widerwillig zu.
»Mach die Kerle fertig, Roars, einen nach dem anderen.« Gütig strahlte sie mich an, wie die Schutzheilige aller verzweifelten Mädchen ohne Dates. Etwa zehn Minuten lang tippte sie schweigend auf ihrer Tastatur, bevor sie sagte: »Falls du es nicht weißt, Luke ist Amandas Patensohn.«
16
Am Donnerstagabend kehrte ich in ein leeres, stilles Haus zurück. Offenbar waren alle ausgegangen. Das kam nur selten vor. Wenn niemand zu Hause war, wartete normalerweise Mr. Bits auf der Treppe und wickelte sich um die Beine der ersten Person, die hereinkam – des ersten potenziellen Futterbesorgers. Damit riskierte er einen Genickbruch des Ernährers, wenn der die Stufen zur Küche hinabstieg. Diesmal zeigte er sich nicht, und ich ging hinunter, ohne mich wie sonst mit Mr. Bits am Bein Halt suchend ans Geländer zu klammern. Kurz fragte ich mich, wo sie alle steckten. Aber ich war froh, dass ich mein höfliches Lächeln ebenso ablegen durfte wie meine High Heels. Seit meinem Studium hatte ich nicht mehr in einer Wohngemeinschaft gelebt und vergessen, wie das war, ständig Leuten zu begegnen, die Lust hatten, sich zu unterhalten, wenn man mit seinen Gedanken allein sein wollte.
Von Malky hatte ich noch nichts gehört und versuchte gelassen zu bleiben. Nach Tickys Ansicht war das ein Spiel. Malky wollte nicht übereifrig erscheinen, und ich müsse mich möglichst ruhig verhalten. Unter keinen Umständen dürfe ich ihn kontaktieren. Aber je länger ich auf seinen Anruf wartete, desto verzweifelter sehnte ich mich nach ihm. Vielleicht hätte ich am Sonntagabend nicht weglaufen sollen? Ich hatte geglaubt, das wäre kokett. Und er dachte womöglich, ich würde mich nicht für ihn interessieren. Hätte ich seinen Wunsch erfüllen und ihn nach Hause mitnehmen müssen? Sicher nicht, ich kannte ihn ja kaum.
Wenn das ein Spiel war, befand ich mich eindeutig im Nachteil. Außer mir schienen alle die Regeln zu kennen. Außer mir schienen alle zu denken, Frauen und Männer würden von verschiedenen Planeten stammen. Sogar Tante Lyd hatte betont, ich müsse endlich Erfahrungen im Kampf zwischen den Geschlechtern sammeln. Aber was sollte das heißen? Martin war ja kein Hermaphrodit. Ich hatte über zehn Jahre lang mit einem Mann zusammengelebt. Wollte meine Tante etwa behaupten, Beziehungen zwischen Männern und Frauen seien immer Schlachtfelder? Wann immer ich sie um nähere Erklärungen bat, presste sie die Lippen zusammen und verließ auf ihre gewohnt geheimnisvolle Art den Raum.
In der Küche war das Radio eingeschaltet. Wenn Tante Lyd ausging, lief stets Radio 4, damit Mr. Bits sich nicht einsam fühlte. Als könnte die Hörfunk-Soap The Archers ihm vorgaukeln, wir alle würden unsichtbar am Küchentisch sitzen und schwatzen. Aber an diesem Abend war ein Sportsender eingestellt, und das fand ich seltsam. Auf dem Tisch stand ein geöffneter silberner Laptop. Das war noch unheimlicher. In diesem Haus besaß niemand einen Laptop, und es gab auch keinen Internetanschluss.
Wem gehörte das Ding? Auf Zehenspitzen schlich ich zum Tisch, um auf den Bildschirm zu spähen. In diesem Moment hörte ich ein Geräusch hinter mir.
Jims Anblick hätte mich nicht überraschen müssen, er wohnte mittlerweile praktisch am Elgin Square. Natürlich trug er eines seiner grässlichen engen T-Shirts. Aber diesmal sah ich nur ein unschuldiges Fernglas auf der Vorderseite.
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