Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
warten, gehen wir zu dir.«
Ich checkte die Uhrzeit auf meinem Handy. Halb zwölf. Heute Nacht würden wir meine Tante sicher nicht mehr antreffen. »Einverstanden.«
Sichtlich erleichtert stand Malky auf und reichte mir seine Hand. Als ich mich hochrappelte, merkte ich, wie viel ich getrunken hatte. Unter mir schwankte der Boden. Ich musste die Tischkante umklammern und bekam einen Schluckauf.
»Ups, halt dich an mir fest.« Malky nahm meine Sachen vom Tisch und hängte sich bei mir ein. Dankbar lehnte ich mich an ihn. Der kleine Schlenker, den wir auf dem Weg aus dem Pub-Garten unfreiwillig durch die Büsche machten, war durchaus akzeptabel, bedachte man das Cidre-Quantum, das wir intus hatten.
26
In Tante Lyds Haus brannte kein einziges Licht, kein Geräusch deutete an, jemand außer uns könnte noch wach sein. Trotzdem warnte ich Malky mit einem zu lauten beschwipsten »Psssst«. Dafür rächte er sich, indem er einen Finger auf meine Lippen legte. Ich begann zu kichern, und da presste er seine ganze Hand auf meinen Mund. Angstvoll spähte er die Treppe hinab und schien zu erwarten, dass jeden Moment meine Tante und Mr. Bits herunterstürmen würden. Darüber musste ich erst recht lachen und erinnerte mich, wie er letztes Mal auf dem Teppich gelandet war. In den Winkeln seiner grünen Augen bildete sich Lachfältchen.
Dann entfernte er seine Hand und verschloss meinen Mund mit seinem. Er schmeckte nach Cidre und selbst gedrehten Zigaretten. Würde ich mich jemals daran gewöhnen, jemanden zu küssen, der nicht Martin war? Martin roch nach Smints und nach sauberer Wäsche. Die immer ich gewaschen hatte. Dieser Gedanke bestärkte mich in meinem Entschluss, ihn durch jemand anderen zu ersetzen, und ich küsste Malky noch leidenschaftlicher.
»Vorsicht, junge Lady, Zeit fürs Bett«, flüsterte er. Ehe ich wusste, wie mir geschah, ging er in die Knie und hievte mich über seine Schulter. Für einen so schlaksigen Mann war er erstaunlich stark.
»Uff, Malky, lass mich runter«, kicherte ich möglichst leise, während ich an seinem Rücken herunterhing.
»Erst wenn ich dich auf dein Bett legen kann. Wo ist dein Zimmer?«
»Unter dem Dach. Du musst mich nicht tragen«, zischte ich.
Protestierend trat ich nach ihm, aber nicht so heftig, dass ich mich befreien konnte.
»Typisch«, seufzte er und begann die Stufen hinaufzusteigen. Bei jedem Schritt schlug mein Kopf beinahe gegen die Wand. »Los geht’s, Rory, Stairway to Heaven!«
Diesmal durchquerte ich keinen »Korridor der Ungewissheit«, und das nicht nur, weil wir uns in einem Treppenhaus befanden. Vielleicht hatten Malky und ich alles Unbehagen schon bei seinem ersten Aufenthalt in diesem Haus abgehakt. Oder ich war einfach zu betrunken, um irgendwas in Frage zu stellen. Wie auch immer, je näher wir meiner Dachkammer kamen, desto ruhiger und ernster wurde ich. Auch Malkys geflüsterte Kommentare verstummten, aber nach seinem Keuchen zu schließen wohl eher, weil es ihm schwerer fiel als erwartet, mich nach oben zu schleppen.
Er stieß meine Tür auf, und statt mich aufs Bett zu werfen, womit ich gerechnet hatte, legte er mich ganz vorsichtig hin, als wäre ich ein zartes, zerbrechliches Geschöpf. Dann sank er auf mich herab. Wir trugen beide noch immer unsere zugeknöpften Wintermäntel, die Schals um die Hälse geschlungen. In meinem Haar spürte ich Malkys Stirn, seine kalte Wange an meiner, und ich hörte, wie sich seine Atemzüge allmählich verlangsamten, während er sich von der Anstrengung erholte. Unsicher starrte ich zur Zimmerdecke hinauf. Ich wollte ihn nicht überfordern, bevor er neue Kräfte gesammelt hatte, und wartete. Aber der plötzliche Wechsel von albernem Gekicher zu tiefer Stille weckte eine neue Skepsis in mir. Als ich beschloss, behutsam unter ihm hervorzurutschen, hörte ich einen Schnarchlaut direkt neben meinem Ohr und fuhr hoch.
»Was? Was?« Malky rollte von mir herunter und rieb sich die Augen. »Was ist denn los?« Verwirrt schaute er sich um und schien nicht zu wissen, wo er war.
»Alles okay, Malky, du bist in meinem Schlafzimmer eingenickt.« Besänftigend tätschelte ich seine Schulter und versuchte seinen mangelnden Drang, mir die Kleider vom Leib zu reißen, großzügig zu übersehen.
»Eingenickt?«, wiederholte er, grinste mich unwiderstehlich an und rückte näher. »In deiner Gegenwart? Unmöglich. Für was für einen Trottel hältst du mich?«
»Für einen, der in mein Ohr schnarcht«, hänselte ich
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