Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
zog die Steppdecke über meinen Kopf und schlief wieder ein.
Als ich wieder erwachte, war es still im Haus, und Sonnenstrahlen beleuchteten mein Bett. Vom Elgin Square drangen leise Geräusche in mein Zimmer; Kinder spielten bei den Schaukeln, Autos fuhren vorbei. Ich schob die Decke beiseite. Versuchsweise öffnete ich ein Auge. Im grellen Licht musste ich blinzeln. Aber mein Kopf schmerzte nicht mehr. Vielleicht hatte ich im Schlaf den schlimmsten Kater überwunden.
Ich schwang meine Beine über den Bettrand und rieb mir die Augen, stand auf und zog die Vorhänge auseinander. Nun strömte noch helleres Licht in meine Dachkammer. Während ich am Fenster stand und auf den Platz hinabschaute, sah ich Eleanors und Percys winzige ferne Gestalten um die Ecke zur Altstadt von Clapham biegen. Wohin mochten sie gehen – noch dazu zusammen ?
Wenigstens musste ich mir kein Gezänk am Frühstückstisch anhören. Ich zog meinen Pyjama und den Morgenmantel an und wankte die Treppe hinab. Im ersten Stock war die Tür des Bads geschlossen, die Stimmen von The Archers drangen heraus. Also nahm Tante Lyd ihr übliches langes Bad. Seit die Reparaturen abgeschlossen waren, blieb sie oft stundenlang in ihrem Badezimmer – vielleicht, weil das der einzige Ort war, an dem sie ihren zahlenden Gästen entrinnen konnte.
In der Küche hatte Jim die Spüle auseinandergenommen. Die Beine gespreizt, mit schmutzigem Wasser bespritzt, stand er über den Einzelteilen.
»Hi«, murmelte ich. Allzu lange konnte es nicht mehr dauern, bis er uns verlassen und eine andere Familie ausbeuten würde.
Die Badezimmer waren instand gesetzt, im Erdgeschoss hatte er ein neues WC eingebaut. Nun schien er schon wochenlang in der Küche zu arbeiten. Ich hatte ihn zwar nicht mehr beim Durchwühlen von Schubladen ertappt, hatte aber den Verdacht, er würde sich immer neue Dinge ausdenken, die zu tun waren, um noch mehr Geld aus Tante Lyd herauszuholen.
»Ah, Rory.« Er stellte den Werkzeugkasten beiseite und wischte die Hände an seinem engen T-Shirt ab. »Setzen Sie sich, ich muss mit Ihnen reden.«
Warum sprach er mich plötzlich mit meinem richtigen Namen an? Das verblüffte mich dermaßen, dass ich vergaß, gegen seinen arroganten Befehl zu protestieren. Gehorsam sank ich auf einen Küchenstuhl, zog meinen Morgenmantel enger um die Schultern und hielt ihn schützend am Hals zusammen.
»Rory, wissen Sie etwas über den Mann, den ich heute Morgen aus dem Haus gehen sah, mit der Hälfte fast aller Lebensmittel aus dem Kühlschrank Ihrer Tante beladen?«
»Was?«, fragte ich verwirrt,
»Er schien Sie zu kennen. Jedenfalls behauptete er, Sie hätten ihm gesagt, er soll sich was nehmen.« Die Arme vor der Brust verschränkt, stand Jim vor mir. Seine Augen verengten sich, und ich fühlte mich so unbehaglich, als hätte er mich des Mundraubs beschuldigt.
»Nein, ich – ich …«, begann ich.
»Aber Sie haben diesen Mann in das Haus Ihrer Tante eingeladen?« Allein schon seine Größe schüchterte mich ein.
»Das ist auch mein Haus«, verteidigte ich mich, »und ich kann einladen, wen ich will. Wahrscheinlich war er nur hungrig und hat sich eine Scheibe Toast genommen. Deshalb müssen Sie nicht gleich ausflippen.«
Seufzend strich er sich durch die gesträhnten Haare. »Rory, zwischen einer Scheibe Toast und einer Plastiktüte mit einem Laib Brot und zwei Milchkartons besteht ein gewisser Unterschied. Er hat sogar eine Dose Katzenfutter eingepackt.«
»Er hat einen Hund«, erklärte ich mit schwacher Stimme.
Vermutlich dachte Malky, ich wäre ihm wegen Mr. Bits’ Angriff auf Gordon einiges schuldig. Immerhin war er nicht dabei ertappt worden, wie er Geld aus Tante Lyds Börse genommen hatte. Außerdem ließ er sich keine überflüssigen Installationsarbeiten bezahlen und hatte nicht die Sachen meiner Tante durchwühlt.
Jetzt kreuzte ich meine Arme vor der Brust. »Geht Sie das eigentlich was an, Jim?«
»Ich kümmere mich nur um Sie, Rory, und um Ihre Tante.«
»Das ist wirklich nicht nötig.«
»Wahrscheinlich nicht. Trotzdem mache ich mir Sorgen um Sie, Rory. Dagegen kann ich nichts tun. Ich weiß, Sie schreiben diese idiotische Kolumne über unpassende Männer. Was Sie dabei rausfinden wollen, verstehe ich. Aber Sie müssen vorsichtig sein. Bringen Sie sich nicht in fragwürdige Situationen, nur um irgendwas zu beweisen.«
»Ich will nichts beweisen!«, stieß ich hervor.
»Da bin ich anderer Meinung.«
»Aber warum …? Nein!« Abwehrend
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