Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
hob ich eine Hand. »Es interessiert mich nicht, was Sie denken. Sie haben sich bei meiner Tante eingeschleimt. Aber ich weiß, was Sie im Schilde führen. Und ausgerechnet Sie haben den Nerv, mich vor fragwürdigen Situationen zu warnen, während Sie – Sie …«
Jims Augen glitzerten gefährlich. »Während ich – was?«
»Das weiß ich nicht genau. Jedenfalls traue ich Ihnen nicht. Welcher Mann hängt denn dauernd bei alten Leuten rum, sogar an den Abenden und am Wochenende, ohne irgendwelche Hintergedanken zu haben? Glauben Sie mir, ich beobachte Sie, und ich werde Sie daran hindern, Tante Lyd auszurauben.«
»Auszurauben?« Drohend trat er einen Schritt näher. »Also glauben Sie, ich wäre nur deshalb so oft hier, weil ich Ihre Tante bestehlen will?«
»Aus welchem anderen Grund sollten Sie den Job derart in die Länge ziehen? Monatelang? Meine Tante können Sie zum Narren halten. Mich nicht!«
»Und wie wollen Sie meine unlauteren Absichten beweisen? Wie soll sich herausstellen, dass ich etwas anderes getan habe, als Ihrer Tante zu helfen?«
»Das haben Sie gegen Geld getan. Sie werden für Ihre Arbeit bezahlt.«
»Natürlich arbeite ich nicht umsonst. Das tun Sie auch nicht, oder? Aber was können Sie mir ernsthaft vorwerfen?«
»Sie haben die Küchenschubladen durchsucht. Vor meinen Augen!«
»Ist das alles? Weil ich Kekse gesucht habe, bin ich plötzlich ein Dieb? Mehr haben Sie nicht gegen mich in der Hand?«
»Mehr brauche ich nicht«, erwiderte ich und stand auf. Um zu wissen, dass er sich sehr verdächtig benahm, musste ich keinen gefälschten Scheck sehen. »Ich behalte Sie auch weiterhin im Auge. Glauben Sie bloß nicht, Sie würden davonkommen!«
In Jims Augen sah ich heißen Zorn, und ich fürchtete, er würde mich an den Schultern packen und schütteln. Schnell drängte ich mich an ihm vorbei und stürmte die Treppe hinauf. Hinter mir hörte ich ihn schreien. Ohne lange zu überlegen, riss ich meinen Mantel von der Garderobe im Flur, schlüpfte hinein und schob meine Füße in ein Paar von Tante Lyds Schuhen, die bei der Haustür standen. Während ich den Mantel zuknöpfte, rannte ich auf den Platz hinaus. Nach ein paar Schritten drehte ich mich hastig um. Keine Spur von Jim. Vermutlich war er in Panik geraten, weil er nun wusste, dass ich ihn durchschaut hatte, und versuchte meine Tante auf seine Seite zu ziehen. Wahrscheinlich flüsterte er ihr gerade seine Lügen durch die Badezimmertür zu. Er musste mich aus dem Haus scheuchen, denn er wollte sicher nicht, dass die Arbeit, die er bisher in seinen Coup investiert hatte, umsonst gewesen war.
Nachdem ich so dramatisch geflohen war, wusste ich nicht, was ich tun sollte. Ich hatte kein Geld dabei. Und mein Handy steckte nicht wie erhofft in meiner Manteltasche. Aber es gab ohnehin niemanden, den ich anrufen konnte. Früher hätte ich mich in einer solchen Situation an Tante Lyd gewandt. Aber da Jim sich ihr Vertrauen erschlichen hatte, würde sie sich womöglich auf seine Seite stellen.
Und Malky? Obwohl ich mich selber über ihn ärgerte (wegen der enttäuschenden Nacht und seiner grußlosen Flucht), bezweifelte ich, dass er Lebensmittel gestohlen hatte. Jim verurteilte ihn zu schnell. Vielleicht hatte er Malky mit einem Sandwich in der Hand weggehen sehen, und nun machte er ein großes Drama daraus, um einen Keil zwischen Tante Lyd und mich zu treiben.
Auf dem Weg zum Common kochte ich vor Wut. In Tante Lyds Haus, früher meine einzige Zufluchtsstätte, fühlte ich mich nicht mehr willkommen. Seit Wochen fand ich kaum mehr eine Gelegenheit, allein mit ihr zu reden. Ständig scharwenzelte Jim um sie herum, und ich war zur Außenseiterin geworden. Wenn er sich für immer am Elgin Square breitmachte, musste ich woandershin ziehen.
Aber wohin? Bitteres Selbstmitleid trieb mir Tränen in die Augen. Mit meinen fast dreißig Jahren würde ich keine geeignete Wohngemeinschaft finden. In meinem Alter müsste ich längst mit jemandem zusammenleben. Und das Projekt unpassende Männer half mir dabei kein bisschen. Ticky hatte prophezeit, dass ich daraus etwas lernen würde. Doch ich hatte nur gelernt, wie sehr ich mich nach einem passenden , anständigen und verlässlichen Mann sehnte. Natürlich würde ich Kompromisse schließen müssen. Nun, ich war ohnehin nicht der Typ, den aufregende Abenteuer reizten. Höchste Zeit, die Kolumne aufzugeben und einen passenden Mann zu suchen!
Erbost eilte ich weiter und merkte erst nach einer Weile, wie
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