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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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erwiderte Henry knapp und sah mich immer noch nicht an.
    »Ich war nur …«, setzte ich an, ohne zu wissen, was ich eigentlich sagen wollte, nur aus dem Gefühl heraus, die Situation irgendwie erklären zu müssen. »Das war keine böse Absicht. Ich wollte nur den Heimweg finden.«
    »Schon okay«, antwortete Henry, etwas weniger schroff als zuvor. »Wir haben ja denselben Weg. Und außerdem«, sagte er mit einem kurzen Blick in meine Richtung, wobei das Lächeln noch einmal ganz kurz aufblitzte, »hab ich dir ja gesagt, dass sich das wohl kaum vermeiden lässt.«
    Ich wollte gerade etwas erwidern, als ich sah, dass ein Stück weiter unser Weg versperrt war – zwei gewaltige Bäume, deren Stämme schon über und über mit Moos bewachsen waren, waren umgestürzt. Dazwischen verstreut lagen alte Bretter und Balken in unterschiedlichen Größen. »Was ist denn hier passiert?«, fragte ich. Das ganze Durcheinander aus umgestürzten Bäumen und Bauholz türmte sich zu einem gewaltigen Hindernis auf – an der höchsten Stelle reichte mir der Haufen bis zur Hüfte.
    »Der Sturm im letzten Monat«, erklärte Henry und umging das Hindernis. »Da oben war ein Baumhaus, das ist alles mit runtergekracht.«
    Das erklärte natürlich das viele Holz und auch die Nägel, die hier und da herausragten. Ich folgte ihm, doch urplötzlich kam mir eine Erinnerung, die mich mit solcher Wucht traf, dass ich stehen bleiben musste. »Hast du deins eigentlich noch?«, fragte ich ihn atemlos. Kaum hatte ich die Frage gestellt, fiel mir wieder ein, dass er ja umgezogen war. »Also, ich meine, gibt’s das noch? Das Baumhaus?« Henry hatte es zusammen mit seinem Vater gebaut, und es war von uns zur Tabuzone für kleine Geschwister erklärt worden. Stundenlang hatten wir darin gehockt, vor allem, wenn schlechtes Wetter war und wir nicht an den See konnten.
    »Klar gibt’s das noch«, bestätigte er. »Denke ich jedenfalls. Von der Einfahrt aus kann man es ein bisschen sehen.«
    »Da bin ich echt froh«, sagte ich unwillkürlich, aber als ich es ausgesprochen hatte, merkte ich, dass ich tatsächlich froh darüber war.
    »Ja«, nickte er. »Ich auch.«
    Ich starrte auf die umgestürzten Bäume, während ich um sie herumging, immer noch ein bisschen erschüttert, sie so am Boden zu sehen – wo sie nun ganz und gar nicht hingehörten. Es kam mir aberwitzig vor, dass etwas so Großes und scheinbar Dauerhaftes von ein bisschen Wind und Regen einfach umgeworfen werden konnte.
    Henry war schon mit großen Schritten weitergegangen. Um ihn einzuholen, fing ich an, einfach über die Holzberge zu klettern. Ich hatte mich schon bis zu den Baumkronen vorgearbeitet, wo die Stämme schmaler wurden und überwindbarer wirkten. »Autsch«, schimpfte ich leise vor mich hin, als schon wieder ein Ast mein Bein zerkratzt hatte.
    Henry drehte sich um und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Was machst du denn da?«, rief er und kam zurück.
    »Nichts«, antwortete ich und bemerkte sehr wohl den gereizten Unterton in meiner Stimme, der natürlich nicht fair war, angesichts der Tatsache, dass er mich gerade aus dem Wald herauslotste. Aber was ich hier im Moment machte, sollte ja schließlich nur verhindern, dass er ewig auf mich warten musste.
    »Lass das mal lieber«, warnte er, wobei seine Stimme genauso mürrisch klang wie meine. »Das Holz ist verrottet, es kann jeden Moment …«
    Mit einem Krach brach der Baumstamm, auf dem ich stand,in sich zusammen, und ich spürte, wie ich vornüberkippte. Ich machte mich auf den unvermeidlichen Sturz gefasst, als Henry einfach so, in null Komma nichts, zur Stelle war und mich auffing.
    »Tut mir leid«, japste ich. Mein Herz hämmerte wie verrückt, und das Adrenalin schoss durch meinen Körper.
    »Vorsicht«, sagte er, als ich aus dem Baumstamm kletterte. »Davy hat sich vor ’nem Monat den Knöchel verstaucht, als er das versucht hat.«
    »Danke.« Um nicht wieder den Halt zu verlieren, als ich den Fuß aus dem morschen Holz herauszog, stützte ich mich an ihm ab, wobei ich ganz bewusst nicht darüber nachdachte, was für Krabbelviecher in einem verrotteten Baumstamm so hausen mochten. Als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, fiel mir auf, dass er immer noch die Arme um mich gelegt hatte. Durch mein dünnes T-Shirt hindurch spürte ich die Wärme seiner Hände auf meinem Rücken. Ich schaute zu ihm hoch – es war nach wie vor ein sehr ungewohntes Gefühl, zu ihm aufschauen zu müssen – und bemerkte

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