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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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fischte mir aus einer der Einkaufstüten einen Apfel. Meine Mutter nahm ihn mir allerdings sofort aus der Hand, wusch ihn, tupfte ihn trocken und gab ihn mir zurück. »Du warst mit Henry doch immer so eng befreundet.«
    Durchs Küchenfenster schaute ich auf das Haus der Crosbys, achtete aber darauf, dass meine Mutter mein Gesicht nicht zu sehen bekam. »Irgendwie schon«, antwortete ich. »Aber das ist ziemlich lange her, Mom.«
    Sie fing an, die Einkaufstüten zusammenzufalten. Ich hätte ihr dabei helfen können, doch stattdessen lehnte ich mich an die Küchenzeile und widmete mich meinem Apfel. »Und, hast du Lucy schon angerufen?«
    Ich biss kräftig in meinen Apfel. Wieso eigentlich glaubtemeine Mutter immer zu wissen, was gut für mich war? Warum fragte sie mich zum Beispiel nicht mal, ob ich überhaupt Lust hatte , Lucy anzurufen? Was übrigens absolut nicht der Fall war. »Nö«, antwortete ich und widerstand der Versuchung, die Augen zu verdrehen. »Und ich hab es eigentlich auch nichtvor.«
    Sie warf mir einen Blick zu, mit dem sie mir zu verstehen gab, dass sie das für einen schweren Fehler hielt, während sie die zusammengefalteten Papiertüten an ihren üblichen Platz unter der Spüle packte. »Freunde aus Kindertagen sollte man sich unbedingt bewahren. Die kennen einen am allerbesten.«
    Nach meiner morgendlichen Begegnung mit Henry war ich davon nicht ganz so überzeugt. Ich sah meiner Mutter zu, wiesie mit dem Sommerkalender zum Kühlschrank ging. Der wurde jedes Jahr von der Lake Phoenix Association herausgegeben und hing jeden Sommer an unserem Kühlschrank, so lange ich denken konnte. Er war so aufgeteilt, dass man alle drei Sommermonate übereinander auf einmal sehen konnte, flankiert vonBildern mit lächelnden Kindern auf Segelbooten, glücklichen Paaren am Seeufer und Senioren in Bewunderung des Sonnenaufgangs. Mom befestigte ihn mit einem unserer wild zusammengewürfelten Kühlschrankmagneten, die es schon genauso ewig gab, und plötzlich war ich froh, dass die Murphys die nicht auch noch geklaut hatten. Nachdenklich sah ich auf all die leeren Quadrate, die für die vor uns liegenden Sommertage standen.
    Besonders zu Beginn der Ferien konnte man sich so immer freuen, wie lang der Sommer noch war. In den Jahren zuvor waren mir die Sommer endlos vorgekommen, und wenn schließlich doch der August näher rückte, hatte ich so viel Lagerfeuer, Eis am Stiel und Mückenstiche gehabt, dass ich mich im Grunde auf den Herbst freute – auf kühleres Wetter, Strumpfhosen, Halloween und Weihnachten.
    Aber als ich jetzt den leeren Kalender vor mir sah, machte sich ein banges Gefühl in mir breit, das mir den Brustkorb zusammenschnürte und den Atem nahm. An meinem Geburtstag vor drei Wochen hatten die Ärzte gesagt, dass meinem Vater noch vier Monate blieben. Vielleicht mehr … vielleicht weniger. Und von diesen vier Monaten waren drei Wochen schon vorbei. Was bedeutete … Ich starrte so angestrengt auf den Kalender, dass er vor meinen Augen verschwamm. Es war Mitte Mai, also hatten wir noch den Rest des Monats und den gesamten Juni. Und danach den ganzen Juli. Und dann? Ich schaute auf den August, auf das Foto mit dem älteren Paar, das Händchen haltend den Sonnenaufgang über dem Lake Phoenix betrachtete, und ich hatte keine Ahnung, was danach sein würde, wie meine Welt dann aussah. Ob mein Vater dann noch lebte.
    »Taylor?« Meine Mutter klang besorgt. »Alles in Ordnung?«
    Nichts war in Ordnung, und normalerweise war das der Punkt, an dem ich mich einfach aus dem Staub machte, irgendwohin – in mein Auto stieg und ziellos umherfuhr oder lange Spaziergänge machte, nur um dem Problem aus dem Weg zu gehen. Aber wie ich heute Morgen gelernt hatte, half rauszugehen auch nicht weiter, sondern machte die Sache eigentlich nur noch schlimmer.
    »Ja klar, alles in Butter«, fuhr ich sie an, obwohl ich wusste, dass sie das eigentlich nicht verdiente. Aber es wäre mir lieber gewesen, wenn sie einfach verstanden hätte, was mit mir los war, ohne viel Fragerei. Was ich wirklich von ihr wollte, war das, was sie nicht getan hatte – jetzt, wo es so sehr darauf ankam –, und ich wollte, dass sie es in Ordnung brachte. Sie hatte es nicht getan und sie konnte es auch nicht. Ich warf meinen halb aufgegessenen Apfel weg und ging aus der Küche.
    Da das Bad wie durch ein Wunder leer war, gönnte ich mir eine lange, heiße Dusche, wusch den Dreck von den Kratzern an meinen Beinen und nahm mir Zeit, bis das heiße

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