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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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der offenbar eine fiese Puppe Unheil stiftete, war ich inzwischen informierter, als ich mir je gewünscht hatte. »Siehst du?«, fragte er mich, drehte eine Burger-Bulette mit einem großen, stählernen Pfannenwender um und wirbelte sie so umher, dass ich mich fragte, ob er vielleicht gerade den Film Cocktail gesehen hatte. Ich versuchte ihn so beindruckt wie möglich anzulächeln. »Die Leute verlangen vor allem deshalb immer Fritten, weil die in ihrer kleinen Schale vorm Sand geschützt sind. Aber die Burger servieren wir auf Tellern. Und wenn man seinen Teller aufs Handtuch stellt, kriegt man einfach mal Sand auf seinen Burger. Ist so.«
    Ich lernte trotzdem, wie man Burger zubereitet, obwohl ich dieses Wissen vermutlich nicht oft brauchen würde. Außerdem lernte ich, wie viel Eis in ein Automatengetränk kam, wie man die Kasse bediente, wie man den Imbissstand morgens öffnete und abends abschloss. Aber die wichtigste Erkenntnis war, dass Lucy echt nachtragend sein konnte.
    Natürlich wusste ich das noch aus der Zeit, als wir noch Freundinnen waren. Jeder wusste, dass sie sich jahrelang mit Michele Hoffman in den Haaren hatte, bis mal jemand ganz unverblümt fragte, worüber sie sich eigentlich stritten, und keine der beiden konnte sich erinnern. Lucy hatte schon immer ein sehr ausgeprägtes Gefühl für richtig und falsch gehabt, aber jetzt stand ich zum ersten Mal auf der »falschen« Seite. Im Wesentlichen ignorierte sie mich, und wenn sie mir Anweisungen geben musste, tat sie das auf dem Umweg über Elliot.
    Nach den ersten Schichten wurde außerdem klar, dass sie ziemlich verrückt nach Jungs geworden war. Jeden auch nur halbwegs ansehnlichen männlichen Kunden flirtete sie gnadenlos an und hatte auf diese Weise schon mehr Telefonnummern gesammelt, als ich je geglaubt hätte, wäre ich nicht Augenzeuge gewesen. Als wir noch miteinander befreundet waren, hatten wir beide Probleme gehabt, uns in der Gegenwart von Jungs nicht gehemmt zu fühlen. Und obwohl ich inzwischen ein paar Beziehungen hinter mir hatte, ging es mir gelegentlich immer noch so. Lucy hingegen hatte innerhalb der letzten fünf Jahre eindeutig jegliche Form von Schüchternheit abgelegt. Ihre Freundschaft mit Elliot und ihre freundliche Art gegenüber der Kundschaft (insbesondere der männlichen) machte unser reserviertes, verkorkstes Verhältnis nur noch offensichtlicher. Wenn wir nur zu zweit arbeiteten, herrschte absolutes Schweigen – sie sprach kein Wort mit mir, es sei denn, es war absolut unvermeidbar. Sie war entweder mit ihrem Handy beschäftigt oder las Zeitschriften, die sie so von mir weghielt, dass ich nicht über ihre Schulter mitlesen oder sehen konnte, wie sie das Quiz in der Cosmopolitan ausgefüllt hatte.
    Ich wischte den bereits blitzsauberen Tresen noch einmal ab, sah unablässig zur Uhr und rechnete aus, wie lange es noch dauerte, bis ich nach Hause konnte. Das Schweigen zwischen uns, wenn wir zusammen arbeiteten, hatte etwas Trauriges, besonders wenn man bedachte, dass uns früher, als wir jünger und noch Freundinnen waren, nie die Gesprächsthemen ausgingen. Wenn meine Mutter eine ihrer Bemerkungen über unsere Geschwätzigkeit fallen ließ, entgegnete Lucy immer das Gleiche – nämlich dass wir uns ja den größten Teil des Jahres nicht sehen konnten und daher die Ereignisse von neun Monaten aufzuarbeiten hatten. Aber jetzt herrschte als volles Kontrastprogramm tiefes Schweigen, das beinahe körperlich spürbar war. Wenn ich mit Lucy Dienst hatte, sehnte ich mich so sehr danach, mit jemandem zu reden, dass ich in den Pausen runter zum Rettungsschwimmerposten ging. Nur um zu sehen, ob Leland vielleicht Zeit für einen Schwatz hatte. Und Leland war nun wirklich nicht der größte Plauderer der Welt, da sich seine Beiträge – egal was man sagte – im Wesentlichen auf »absolut«, »geht gar nicht«, »klar, kenn ich« und ein paar Untervarianten davon beschränkten.
    Es gab noch zwei andere Rettungsschwimmer, Rachel und Ivy, die sich die Dienste mit ihm teilten. Aber die beiden studierten schon und blieben meistens unter sich. Am Imbiss kamen sie eigentlich nur vorbei, wenn sie sich mal eine Flasche Wasser oder eine Coke light kaufen wollten. Und obwohl sie nicht gerade überschwänglich freundlich waren, fand ich ihre Gegenwart beruhigend, da ich immer noch nicht davon überzeugt war, dass ein so verpeilter Typ wie Leland für das Leben anderer verantwortlich sein sollte.
    Ich stellte die noch zischende Coke light,

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