Vergiss den Sommer nicht (German Edition)
Dad immer nur an den Wochenenden mit hier, aber diese Woche hatte er sich komplett freinehmen wollen, da es im August in seinem Büro meist eher ruhig zuging. »Jetzt?« Meine Stimme klang enttäuscht.
»Ich weiß«, antwortete mein Vater und verzog das Gesicht. »Im Büro geht es drunter und drüber, da bleibt mir nichts anderes übrig. Tut mir leid, Kleines.«
Ich nickte, doch plötzlich schossen mir haufenweise Ideen durch den Kopf, die alles andere als gut waren. Aber sie waren auf einmal da, und ich konnte an nichts anderes mehr denken. Ich holte tief Luft und fragte Dad: »Kann ich vielleicht einfach mitkommen?«
»Wie meinst du das?«, wunderte er sich. Er stellte seine Tasche ab und sah mich stirnrunzelnd an. »Du meinst, mit nach Connecticut?«
»Ja, genau«, antwortete ich so beiläufig wie möglich. In Gedanken sah ich Lucys Gesicht vor mir, versuchte es aber augenblicklich zu verscheuchen. An sie wollte ich jetzt ganz bestimmt nicht denken. Genauso wenig wie an Henry und die Frage, wie es ihm gerade gehen mochte. Stattdessen zwang ich mich, meinen Vater anzulächeln und so überzeugend, dass ich es selbst glaubte, zu sagen: »Ach weißt du, ich hab es irgendwie satt hier. Wann geht’s denn los?«
Zehn Minuten später hatte ich meine Sachen in meine Tasche geworfen und saß mit Dad im Auto. Beim Packen hatte ich den Plüschpinguin eine ganze Weile angesehen. Am liebsten hätte ich ihn mitgenommen, um das Gefühl vom Morgen nach dem Jahrmarkt festzuhalten. Aber ich ließ ihn auf meinem Bett sitzen, weil ich genau wusste, dass ich es nicht ertragen würde, ihn in Connecticut jeden Tag vor Augen zu haben.
Als wir gerade in die Straße einbiegen wollten, hielt Dad plötzlich an und fragte: »Sag mal, ist das nicht dein Freund Henry?«
Erschrocken schaute ich auf und sah, wie Henry mit dem Fahrrad auf unser Haus zugerast kam. Er war ganz außer Atem und seine Haare standen wirr vom Kopf ab. »Nö«, antwortete ich und schaute weg. »Los, wir fahren.«
»Sicher?«, fragte Dad. »Wir können gern warten, wenn du noch mit ihm reden willst.«
»Nicht nötig«, sagte ich so entschlossen wie möglich. »Kannst einfach losfahren.«
»Okay«, entgegnete Dad zweifelnd. Er bog auf die Straße,und wir fuhren an Henry vorbei. Ganz kurz trafen sich unsere Blicke – er sah verwirrt und traurig aus. Aber ich schaute nur stur geradeaus und tat so, als ob ich ihn nicht gesehen hatte.
Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft
Kapitel 24
»Blödkopp.« Ich warf meine Karten auf den Tresen.
»Blödkopp.« Lucy tat augenblicklich dasselbe, was Elliot dazu veranlasste, uns über den Rand seiner verbliebenen Karten hinweg seufzend anzuschauen.
»Echt?«, fragte er. Lucy nickte und deckte ihre Karten auf.
»Guck’s dir an und heule«, sagte sie triumphierend.
»Das muss an dem neuen Namen liegen.« Elliot nahm brummelnd die Karten auf und mischte sie neu. »Ich krieg das einfach nicht auf die Reihe.«
Eigentlich spielten wir ja Arschloch, aber als Elliot mal das Wort vor lauter Begeisterung etwas zu laut gerufen hatte – und zwar gerade als eine Mutter mit kleinen Kindern zum Kiosk kam –, waren wir zu dem Schluss gekommen, dass wir ein paar Vorsichtsmaßnahmen ergreifen mussten. Lucy saß im Schneidersitz auf dem Tresen, ich hatte mir einen Barhocker geholt und Elliot stand lieber, damit er auf und ab tigern konnte, während er über seiner Strategie brütete.
»Noch ’ne Runde?«, fragte er und hoffte eindeutig darauf, dass wir die vereinbarten Spielregeln vergessen hatten.
»Keine Chance.« Lucy lachte. »Die nächsten drei Kunden sind deine.« Sie rutschte vom Tresen und ging zum Seiteneingang, den sie für mich aufhielt.
»Und was ist, wenn jemand was Kompliziertes verlangt? Oder was Gegrilltes?«, jammerte Elliot. »Was mach ich dann?«
»Dann rufst du uns halt«, sagte ich, als ich schon mit Lucy an der Tür stand. »Wir sind doch nur hier draußen.«
Elliot schüttelte den Kopf und mischte mürrisch weiter Karten. Ich ging mit Lucy hinaus in die Sonne. Hinter uns fiel die Tür ins Schloss. Obwohl er kein Wort gesagt hatte, wurde ich das Gefühl nicht los, dass sich Elliots Begeisterung über Lucys und meine wiederbelebte Freundschaft eher in Grenzen hielt. Was wiederum nicht hieß, dass er vorher mit unseren Zickereien glücklicher war. Eigentlich hatte er uns sogar gesagt, wie sehr er sich darüber freute, denn mit uns zu arbeiten hätte sich bis dahin ungefähr so angefühlt wie eine dieser
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