Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergiss die Toten nicht

Vergiss die Toten nicht

Titel: Vergiss die Toten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
lieben, uns niemals verlassen, dachte Nel , während sie sich das Wasser aufs Gesicht prasseln ließ. Ich habe ihm gesagt, wie Mutter und Vater sich von mir verabschiedet haben.
    Er fragte, ob es bei Adam ebenso gewesen wäre, aber ich schüttelte nur den Kopf. Gestern Abend wollte ich nicht über Adam reden.
    Um zehn Uhr war Nell in die Küche gegangen und hatte sich dort umgesehen. »Offenbar gehören Sie nicht zu den Junggesellen, die leidenschaftlich gerne kochen«, stellte sie grinsend fest.
    Sie fand Eier, Käse und eine Tomate, die sie zu einem Omelett verarbeitete. Dazu gab es Toast und Kaffee. Beim Essen fasste er sich wieder ein wenig und konnte sogar einen kleinen Witz machen. »Haben Sie eigentlich eine Tarnkappe, Nell? Ich überlege schon die ganze Zeit, wie Sie an meinem Pförtner vorbeigekommen sind. Der ist nämlich schlimmer als ein Gefängniswärter. Von Leuten, die nicht im Haus wohnen, verlangt er normalerweise eine Blutprobe.«
    »Irgendjemand im Haus veranstaltet eine Party. Ich habe mich einer Gruppe von sechs oder sieben Leuten angeschlossen, und als sie im dritten Stock ausstiegen, habe ich dem Fahrstuhlführer erklärt, dass ich zu Ihnen wollte. Ich befürchtete, Sie würden nicht an die Sprechanlage gehen oder mich wegschicken, wenn ich mich anmelde.«
    »Da haben Sie sich geirrt. Ich hätte Ihnen gesagt, Sie sollen raufkommen, weil ich Sie brauche, Nell.« Er sah ihr in die Augen.
    Es war schon fast Mitternacht, als Dan sie nach unten begleitete und in ein Taxi setzte. »Ich kann mich erst gegen Mittag mit Mac im Bellevue treffen«, sagte er. »Am Vormittag habe ich einige Operationen.«
    Als Nell eine Viertelstunde später nach Hause kam, fand sie eine Nachricht von ihm auf dem Anrufbeantworter vor. »Nel , ich glaube, ich habe mich noch gar nicht für Ihren Besuch bedankt.
    Für mich war es ein Gefühl wie damals als Kind, wenn die Tür meines Krankenzimmers aufgegangen und die wunderschöne Frau, die ich liebte, hereingekommen wäre. Ich weiß, es ist ziemlich unverschämt von mir, so daherzureden, und ich schwöre, in den nächsten sechs Monaten den Mund zu halten.
    Schließlich sind Sie erst seit zwei Wochen verwitwet. Aber ich freue mich einfach so darüber, dass ich Ihnen begegnet bin.«
    Nel nahm das Band aus dem Gerät und legte es in eine Schublade ihrer Kommode.
    Nun, als sie aus der Dusche trat, dachte sie wieder an die Kassette. Sie frottierte sich kräftig ab, föhnte sich die Haare und zog eine hellblaue Garbadinehose und eine blauweiße Hemdbluse an.
    Am liebsten hätte sie die Kassette wieder aus der Schublade geholt und noch einmal abgespielt, denn für sie war sie die Verheißung einer vielleicht glücklicheren Zukunft. Aber sie wusste, dass sich das ganz besondere, fast magische Gefühl von gestern Nacht heute Morgen nicht einstellen würde.
    Offen gestanden, fürchtete sie sich vor dem bevorstehenden Tag. Sie spürte, dass etwas Schreckliches geschehen würde.
    Schon als sie nach einer unruhigen Nacht voller Albträume die Augen aufgeschlagen hatte, hatte sie es geahnt. Eine Katastrophe stand ihr bevor, so wie sich Tornadowolken spiralförmig am Himmel zusammenballen, bevor der Sturm zuschlägt und alles zermalmt, was sich ihm in den Weg stellt.
    Obwohl sie es fühlte, wusste sie nicht, was es war und wie sie es verhindern sollte. Sie gehörte dazu, war Akteurin in einer unvermeidlichen Szene, die gespielt werden wollte. Es gab kein Entrinnen. Und dank ihrer eigenen Lebenserfahrung und Gertis Erklärungen verstand sie, dass es eine Vorahnung war.
    Vorahnung: Das Voraussehen eines zukünftigen Ereignisses mithilfe übersinnlicher Fähigkeiten.
    So hatte Gerti es erläutert. Sie hatte es schon ein paar Mal erlebt.
    Während Nell Lipgloss auftrug, sagte sie sich, dass das alles nur Unsinn war. Vorgestern, als ich glaubte, Hitze und Flammen zu spüren und keine Luft mehr zu bekommen, hielt ich das auch für Vorahnung. Doch als Dans Mutter während des Brandes erstickte, muss sie so etwas durchgemacht haben. Habe ich vielleicht Wel en von ihr aufgefangen?
    Nur die Zeit konnte das beantworten.
    Wieder grübelte sie über die Fragen nach, die sie die ganze Nacht gequält hatten. War wirklich jemand von Bord gesprungen? War es Winifred, die der Explosion entkommen war? Oder vielleicht ein bezahlter Killer, der sich im Maschinenraum versteckt hatte?
    Oder womöglich Adam selbst?
    Sie musste es erfahren. Und sie glaubte zu wissen, wo die Antwort lag.

76
A
    ls Dan Minor das

Weitere Kostenlose Bücher