Vergiss die Toten nicht
hat öfter Wahlen für den Senat verloren, als bei einer Mutter von zehn Kindern die Periode ausbleibt«, schimpfte Nel .
»Jetzt klingst du wieder ganz wie früher. Du hättest den Sitz gewinnen können.«
» Hätte? Wovon redest du, Mac? Ich werde kandidieren. Ich muss einfach.«
»Vielleicht lässt man dich jetzt nicht mehr.«
»Ich wiederhole: Wovon redest du, Mac?«
»Tja, wie soll ich es ausdrücken, Nell? Heute Morgen waren Robert Walters und Len Arsdale bei mir. Ein Dutzend Bauunternehmer haben schriftlich bestätigt, dass sie an die Firma Walters und Arsdale Bestechungsgelder in Millionenhöhe bezahlt haben, um an große Aufträge heranzukommen. Robert und Len sind zwei anständige Männer, Nell. Ich kenne sie schon mein ganzes Leben. Zu so etwas wären sie nie fähig gewesen. Sie haben sich nicht schmieren lassen.«
»Was soll das heißen, Mac?«
»Dass Adam wahrscheinlich in die eigene Tasche gewirtschaftet hat, Nell.«
Nel starrte ihren Großvater an und schüttelte den Kopf.
»Nein, Mac, das kann nicht sein. So etwas hätte er nie getan.
Aber es ist ja so leicht und bequem, einen Toten als Sündenbock hinzustellen. Hat jemand behauptet, er hätte Adam das Geld persönlich übergeben?«
»Winifred war die Botin.«
» Winifred! Um Himmels willen, Mac. Diese Frau war so arglos wie ein Gänseblümchen. Wie kommst du darauf, dass sie an einem Bestechungskomplott beteiligt gewesen sein könnte?«
»Genau das ist der springende Punkt. Robert und Len sind sich einig, dass Winifred die Branche zwar kannte wie ihre Westentasche, aber nie in der Lage gewesen wäre, einen solchen Betrug zu planen. Und sie stimmen mir auch zu, dass sie nie etwas allein unternommen hätte.«
»Mac«, widersprach Nell, »du solltest dich einmal reden hören.
Du glaubst deinen alten Kumpeln, sie wären so rein wie frisch gefallener Schnee, während mein Mann angeblich ein Verbrecher war. Könnte es denn nicht möglich sein, dass er ihnen durch seinen Tod eine willkommene Gelegenheit geliefert hat, sich aus der Affäre zu ziehen und ihm den Schwarzen Peter zuzuschieben?«
»Gut, dann will ich dich etwas fragen: Woher hatte Adam das Geld, um das Anwesen in der 28. Straße zu kaufen?«
»Von mir.«
Cornelius MacDermott starrte sie an. »Heißt das, du hast Geld aus dem Treuhandfonds genommen?«
»Schließlich gehört er mir. Ich habe Adam das Geld geliehen, um das Haus kaufen und ein Büro eröffnen zu können. Hätte er mich denn anpumpen müssen, wenn er bestechlich gewesen wäre, wie du behauptest?«
»Ja, wenn er keine dokumentierten Spuren hinterlassen wollte.
Und eines muss dir klar sein, Nell: Fal s sich herausstellt, dass dein Mann in einen Schmiergeldskandal verwickelt war, kannst du deinen Sitz im Kongress vergessen.«
»Mac, im Augenblick geht es mir eher darum, Adams guten Ruf zu retten, als um meine politische Karriere.« Das darf doch nicht wahr sein, dachte Nel und schlug kurz die Hände vors Gesicht. Gleich werde ich aus diesem Albtraum aufwachen.
Adam wird hier sein, und das alles ist nie geschehen.
Unvermittelt stand sie auf und ging zum Fenster. Winifred, überlegte sie weiter. Die ruhige, schüchterne Winifred. Als sie aus dem Aufzug kam, wusste ich sofort, dass sie sterben würde.
Hätte ich es verhindern können?, fragte sie sich. Hätte ich sie warnen müssen?
Mac zufolge sind Walters und Arsdale sicher, dass Winifred krumme Geschäfte gemacht hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Adam sie bei sich beschäftigt hätte, wenn er sie für unehrlich gehalten haben würde.
Also liegt die Lösung doch auf der Hand: Fal s wirklich jemand bestochen wurde, ahnte Adam ganz sicher nichts davon.
»Nell, bist du dir darüber im Klaren, dass die Explosion nun in einem ganz anderen Licht dasteht«, riss Mac sie aus ihren Gedanken. »Es handelte sich eindeutig nicht um einen Unfall.
Man hat die Jacht gesprengt, um sicherzugehen, dass jemand, der sich an Bord befand, nicht mit der Staatsanwaltschaft redet.«
Es ist wie damals bei der Springtide, dachte Nell und drehte sich zu ihrem Großvater um. Eine Welle nach der anderen stürmt auf mich ein, und ich kann mich nicht mehr über Wasser halten.
Es zieht mich immer weiter aufs offene Meer hinaus.
Sie erörterten noch eine Weile die Explosion und das Bestechungskomplott, wie es sich aus Walters und Arsdales Sicht darstellte. Da Mac spürte, wie Nells Geistesabwesenheit wuchs, schlug er vor, gemeinsam zum Essen zu gehen. Aber sie lehnte ab.
»Mac,
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