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Vergiss die Toten nicht

Vergiss die Toten nicht

Titel: Vergiss die Toten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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von dem langen Flur abging.
    »Warum setzen Sie sich nicht aufs Sofa?«, meinte Bonnie. »Ich nehme mir einen Sessel. Ich würde gerne kurz Ihre Hände halten.«
    Liz, der immer mulmiger wurde, gehorchte.
    Bonnie Wilson schloss die Augen. »Sie tragen einen Ehering, aber ich spüre, dass Sie schon lange verwitwet sind. Ist das richtig?«
    »Ja.« Mein Gott, woher weiß sie das so schnell?, fragte sich Liz.
    »Gerade hatten Sie ein wichtiges Jubiläum. Ihren vierzigsten Hochzeitstag. In den letzten Wochen waren Sie ein wenig bedrückt, denn Sie hätten ihn so gerne gefeiert. Sie haben im Juni geheiratet.«
    Liz nickte entgeistert.
    »Ich höre den Namen Sean. Gab es einen Sean in Ihrer Familie? Ich glaube nicht, dass es Ihr Mann ist. Eher ein Bruder, ein jüngerer Bruder.« Bonnie Wilson legte die Hand an die Schläfe. »Ich fühle hier große Schmerzen«, murmelte sie.
    »Offenbar starb Sean bei einem Unglück. Ein Verkehrsunfall, richtig?«
    »Sean war erst siebzehn«, erwiderte Liz mit belegter Stimme.
    »Er ist zu schnell gefahren und hat die Kontrolle über den Wagen verloren. Er erlitt einen Schädelbruch.«
    »Er ist im Jenseits bei Ihrem Mann und Ihren anderen Angehörigen, die von uns gegangen sind, und er übermittelt Ihnen liebe Grüße von allen. Sie werden ihnen noch lange nicht nachfolgen. Doch das bedeutet nicht, dass wir nicht immer von unseren Lieben umgeben sind und dass sie uns nicht leiten, während wir noch auf dieser Welt weilen. Das ist die Wahrheit, die Sie trösten wird.«
    Wie benommen folgte Liz Hanley Bonnie den düsteren Flur entlang. An der Ecke, um die man biegen musste, um wieder in die Vorhalle zu kommen, stand ein Tisch mit einem Spiegel darüber. In einer Silberschale lagen Bonnies Visitenkarten. Liz hielt inne und nahm eine davon. Plötzlich lief ihr ein Schauder den Rücken hinunter, und sie blieb wie angewurzelt stehen. Sie sah in den Spiegel, doch ein fremdes Gesicht blickte ihr entgegen. Es wurde von ihrem Spiegelbild überlagert und starrte sie an. Doch als sie es näher betrachten wollte, war es wieder verschwunden.
    Als Liz erschüttert und verstört im Taxi zurück ins Büro fuhr, war sie ganz sicher, dass ihr im Spiegel Adam Cauliffs Gesicht erschienen war.
    Und ebenso sicher war sie, dass sie keinem Menschen auch nur ein Sterbenswörtchen von diesem Erlebnis erzählen würde.

60
A
    m Montag und am Dienstag hatte Ben Tucker wieder Albträume, die jedoch nicht mehr so Angst einflößend waren wie die früheren. Seit er die explodierende Jacht gezeichnet und von Dr.
    Megan gehört hatte, es sei ganz normal, dass ein Kind auf eine derart schreckliche Erfahrung mit Furcht und Verwirrung reagierte, fühlte er sich allmählich ein wenig besser.
    Es störte ihn nicht einmal, dass er wegen des heutigen Termins zu spät zum Basebal kommen würde, obwohl seine Mannschaft heute gegen das zweitbeste Team in ihrer Liga antreten musste.
    Das sagte er auch zu Dr. Megan, gleich als er ihre Praxis betrat.
    »Ach, das freut mich aber, Benjy«, erwiderte sie. »Möchtest du heute wieder ein paar Bilder für mich malen?«
    Diesmal fiel es ihm leichter, da ihn die Schlange nicht mehr so erschreckte. Außerdem hatte Ben inzwischen bemerkt, dass die
    »Schlange« eigentlich gar nicht wie eine Schlange aussah. Da er sich in seinen Träumen in den letzten beiden Nächten nicht mehr so gefürchtet hatte, hatte er sie genauer betrachten können.
    So sehr war er in seine Zeichnung versunken, dass er sich auf die Zunge biss. Vor Schmerz verzog er das Gesicht und sagte zu Dr. Megan: »Meine Mutter lacht immer, wenn mir das passiert.«
    »Wenn dir was passiert, Ben?«
    »Wenn ich mir auf die Zunge beiße. Sie sagt, ihr Vater hätte das auch getan, wenn er sich sehr konzentrieren musste.«
    »Schön, dass du deinem Großvater ähnlich bist. Mal einfach weiter.«
    Bens Hand bewegte sich zielstrebig und sicher. Er zeichnete gerne, konnte es sehr gut und war ziemlich stolz auf diese Begabung. Er verachtete diejenigen unter seinen Mitschülern, die ständig nur Witze rissen und Unsinn kritzelten, anstatt die Dinge so zu zeichnen, wie sie wirklich aussahen.
    Er war froh, dass Dr. Megan ein wenig abseits an ihrem Schreibtisch saß, etwas schrieb und nicht auf ihn achtete. So fiel es ihm viel leichter.
    Als das Bild fertig war, legte er den Stift weg, lehnte sich zurück und betrachtete kritisch sein Werk.
    Er fand es ziemlich gelungen, obwohl die Darstellung ihn selbst überraschte. Nun erkannte er ganz

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