Vergiss es Baby - Roman
um ein paar Wochen zurückgedreht und es dabei so eingerichtet, pünktlich zu einem gewissen Termin gekommen zu sein. Gerne hätte sie diesem Großkotz von Sauger - oder sollte sie Vito sagen? - seine heiß geliebten Käsekräcker verkauft. Sie hätte sogar eigenhändig den Lastwagen gesteuert, um einen reibungslosen Transport sicherzustellen.
Schon merkwürdig, wie das Leben so spielte. Es war noch
gar nicht so lange her, da gipfelte ihre Auffassung von geschäftlichem Stress in der Vorstellung, mit knurrendem Magen bei einem Termin zu sitzen. Das war für ihren Geschmack Aufregung genug. Und nun wimmelte es in ihrem Leben nur so von undurchsichtigen Gestalten. Jeder einzelne - Valentin nicht ausgenommen - würde in der Disziplin Tarnen und Täuschen Preise gewinnen.
Kapitel zwanzig
So langsam wurde die Zeit knapp. Die EM stand vor der Tür, und das Spielerkarussell würde bald zum Stillstand kommen. Wer nicht bald einen Vertrag hatte, bekam auch keinen mehr.
Marlene erstickte im Alltagskram. Klaus Allert von Werder Bremen hatte sich gemeldet. Die Käsesoße, die er bereits probiert hatte, fand lobende Erwähnung, ebenso Valentins Fußballkünste. Der Verein hatte Interesse an einem Probetraining bekundet, allerdings erst nach der Europameisterschaft. Zu spät für Valentin.
Auch der englische Verein Manchester United war über Umwege auf Marlene zugekommen und wollte ihren Schützling kennenlernen. Sie wusste nicht genau, was sie von der Tatsache, einen englischen Topklub an Land gezogen zu haben, halten sollte. Aber die Sache war zu spektakulär, um sie im Sande verlaufen zu lassen.
Sauger und Konsorten schienen Lichtjahre entfernt. Es war eben doch nicht das normale Leben, mit Leuten zu verhandeln, die an ihrem Image als halbseidene Wesen der Unterwelt arbeiteten.
Ein provisorisches Büro in einer chaotischen WG, wo man niemals seine Ruhe hatte, war normal. Leider. Ebenso die Existenz eines Ehemannes und Klienten, der immer noch auf ihrer Couch nächtigte. Nicht zu vergessen ein Chef, der, seit er von
ihrem Nebenerwerb erfahren hatte, mit Kündigung drohte, und natürlich Mama, die ständig versuchte, ihren »neuen Freund« zum Essen einzuladen. Unter diesen Umständen war der Kontakt zu Wesen der Unterwelt wohl doch die bessere Wahl.
Zumal sie jedes Mal, wenn sie den Telefonhörer in die Hand nahm, auf die Tastatur ihres Computers einhämmerte oder einfach nur die Wände anstarrte, an Valentin dachte. Die Erinnerung an ihre gemeinsam verbrachte Nacht drängte sich in ihre Gedanken, die eigentlich um Ablösesummen, Vertragsabschlüsse und Sponsorenverpflichtungen kreisen sollten. Noch schlimmer wurde es, wenn sich ihr Göttergatte in ihrer Nähe befand. Wenn er sein charmantes Lächeln aufsetzte und sie aus atemberaubenden Augen ansah, während er zärtlich ihren Namen hauchte, war es um sie geschehen. Gut, dass Valentin meistens eine seiner geliebten Sonnenbrillen trug und ein saloppes »Babe« bevorzugte, statt ihren Vornamen zu bemühen. Sonst würde sie wohl gar nicht mehr zum Arbeiten kommen.
So wie jetzt, als Valentin in ihr Zimmer geschneit kam und sich aufs Sofa fallen ließ. Die Umgebung schien von seiner Energie zu vibrieren, doch sie ließ sich nicht stören und starrte lieber auf ihren Monitor, um ihm klarzumachen, dass sie gegen seinen Charme immun war.
»Babe, wie wär’s mit einem Spaziergang?«, fragte er sie. »Es ist wunderschön draußen. Ein wenig Bewegung würde dir guttun.«
Bewegung? Wie immer, wenn dieses Wort fiel, verspürte Marlene den dringenden Impuls, sich fetttriefende, kalorienstrotzende Nahrung zuzuführen. Leider hatte sie vergessen,
den Vorrat an Schokolade, Erdnüssen und Gummibärchen in ihrer Schreibtischschublade aufzustocken.
»Ist mir zu kalt draußen«, entgegnete sie. »Außerdem sieht es nach Regen aus.«
»Dann gehen wir joggen. Da wird dir garantiert warm.«
Träum weiter, Valentin!
Doch er hatte sich schon erhoben, zog sie von ihrem Stuhl hoch und drängte sie zur Tür. Jeder Widerstand schien zwecklos, und sie konnte kaum glauben, dass sie nur wenig später in dem hässlichen ausgeleierten Jogginganzug, dem einzigen, den sie besaß, an Valentins Seite das Haus verließ. Sie war nicht gerade scharf darauf zu laufen, schon gar nicht bei diesem Wetter, aber eine gute Kondition und körperliche Fitness gehörten nun mal zum Job. Besser, sie fing endlich an, sich um ihren Körper zu kümmern.
Als sie aus der Haustür trat, sah sie sich unwillkürlich
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