Vergiss mein nicht
erscheinen…«
» Wir haben alle verschiedene Methoden, unsere Probleme zu bewältigen.«
» Mag ja sein«, sagte er, akzeptierte es aber offensichtlich nicht. » Sie waren fort. Wanda hatte Wendy irgendwann mitten in der Nacht mitgenommen. Seither habe ich die beiden weder gesehen noch je wieder von ihnen gehört.«
» Was hat Sie hierhergeführt?«
» Ein Freund hat mich angerufen«, sagte er. » Er überprüft bei uns die Kreditwürdigkeit, wenn jemand die Plastikverkleidung kaufen will, und ich hatte ihn vor einer Weile gebeten, die Augen nach ihren Sozialversicherungsnummern offen zu halten. Vor einer Woche tauchte dann Wendys Nummer in einem Antrag auf eine Visa-Karte auf. Die Adresse war ein Postfach in Ihrer Stadt.«
Jeffrey nickte, weil er annahm, dass Dottie Weaver, oder wie zum Teufel sie sonst heißen mochte, wahrscheinlich angenommen hatte, dass es nach dieser langen Zeit ungefährlich sein müsste, die Identität ihrer Tochter zu benutzen. Und sie hätte damit auch Erfolg gehabt, wenn Paul Jennings nicht so wachsam gewesen wäre.
» Haben Sie die Adresse?«, fragte Jeffrey, bei dem zum ersten Mal so etwas wie Hoffnung aufkam. Allem Anschein nach brauchte Dottie ja wohl diese Kreditkarte. Und zu dem Zweck würde sie sich wieder melden müssen.
Paul Jennings reichte ihm einen Zettel. Jeffrey meinte, in der Adresse diejenige der Post drüben in Madison zu erkennen. Er schrieb sie ab und gab den Zettel zurück. Er hoffte, dass sie mit Hilfe dieser Adresse Dottie aufspüren und vielleicht sogar Lacey Patterson finden könnten.
» Ich musste einfach herkommen und mich persönlich überzeugen«, sagte Paul und steckte das Stück Papier wieder in die Tasche. » Ob sie hier ist oder nicht.«
Paul wartete jetzt darauf, dass Jeffrey redete, aber der wusste ganz und gar nicht, wie er dem Mann berichten sollte, was mit seiner Tochter geschehen war. Und schlimmer noch, er hatte keine Ahnung, wie er diesem Mann, der so viele Jahre nach seiner Tochter gesucht hatte, gestehen sollte, dass die Person, die Wendy Jennings getötet hatte, ihm an diesem Schreibtisch gegenübersaß.
» Ist sie hier?«, wiederholte Paul, und in seiner Stimme lag so viel Hoffnung, dass es Jeffrey zerriss.
» Ich weiß gar nicht, wie ich es Ihnen sagen soll, Paul, aber Wanda ist verschwunden. Wendy ist tot.«
Jeffrey wusste nicht, welche Reaktion er bei dem anderen Mann erwartet hatte, aber er war doch überrascht, wie Paul Jennings ihn ansah. Für den Bruchteil einer Sekunde schien er erleichtert zu sein, endlich zu wissen, wo seine Tochter geblieben war, und dann traf ihn die Gewissheit, dass er nach dieser langen Zeit des Suchens nur noch eine tote Tochter gefunden hatte. Sein Gesicht fiel in sich zusammen, und als er zu weinen begann, bedeckte er sein Gesicht mit den Händen.
» Es tut mir sehr leid«, sagte Jeffrey zu ihm.
Pauls Stimme bebte, als er fragte: » Wann?«
» Am vergangenen Sonnabend«, antwortete Jeffrey und schilderte Paul dann genau, was geschehen war. Die Verstümmelung erwähnte er allerdings nicht. Während des ausführlichen Berichts schüttelte Paul den Kopf, als könne er das alles einfach nicht akzeptieren. Als Jeffrey dann auch die eigene Beteiligung an Jennys Tod gestand, blieb dem Vater der Mund offen stehen.
» Ich hatte…« Jeffrey hielt inne, denn er wollte eigentlich sagen, dass ihm keine andere Wahl geblieben war. Aber da war er sich nicht mehr so sicher. Vielleicht hätte es doch eine gegeben. Vielleicht hätte Jenny Weaver es gar nicht über sich gebracht, Mark zu erschießen. Vielleicht könnte Jenny Weaver heute noch am Leben sein.
Die beiden Männer blickten einander über Jeffreys Schreibtisch hinweg an. Keiner von ihnen wusste, was er sagen sollte.
» Bei dieser Mutter«, sagte Paul schließlich, » habe ich das Schlimmste befürchtet.« Er deutete auf die Bilder. » So ist sie mir im Gedächtnis, Mr Tolliver, und an mein kleines Mädchen denke ich zurück. Ich will gar nicht wissen, was Wanda ihr angetan hat, und wie schrecklich das Leben gewesen sein muss, das sie durchlitten haben muss.« Er schluchzte und rang nach Luft. » Ich denke an mein glückliches kleines Mädchen.«
» Das ist bestimmt das Beste«, sagte Jeffrey. Er wurde von der Trauer des Mannes angesteckt, und ihm kamen die Tränen. Als Paul das sah, schien er völlig die Fassung zu verlieren.
» Du lieber Gott«, stöhnte er und schlug die Hände vors Gesicht. Sein ganzer Körper wurde von Schluchzern geschüttelt.
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