Vergiss mein nicht
nichts, denn Dave Fine gehörte Nick. Es juckte ihn in den Fäusten, diesen Kerl windelweich zu prügeln. Außerdem rumorte es in seinem Hinterkopf, dass irgendwo Dottie noch immer ihr Unwesen trieb und mit Lacey Patterson Gott weiß was anstellte. Und dass das perverse Schwein, das ihm am Tisch gegenübersaß, einer der Leute war, die ihr geholfen hatten zu entkommen.
» Also«, sagte Nick und breitete erwartungsvoll die Arme aus. » Erzählen Sie uns Ihre Geschichte.«
Fine starrte auf die Bibel, als könne sie ihm in diesem Moment Kraft geben. Seine Hände schwitzten, und Jeffrey erkannte auf dem schwarzen Einband noch dunklere Flecken.
» Ich habe seit fast fünfzehn Jahren für die Kirche gearbeitet«, sagte Fine. » Ich bin in Grant aufgewachsen. Ich wurde in ebenjenem Gotteshaus getauft.«
Nick kippelte wieder mit dem Stuhl, ließ Fine aber Zeit.
» Dort sind meine Frau und ich getraut worden«, fuhr er fort. » Ich habe dort meine beiden kleinen Jungen getauft.«
Schweigen erfüllte den Raum, und Jeffrey musterte Dave Fine. Der war die Verkörperung dessen, was gern » Säule der Gesellschaft« genannt wurde. Fine betreute freiwillig Senioren und teilte jedes Wochenende Essen an ältere Mitbürger aus. Seine Kinder spielten Softball in der Miniliga, und Fine trainierte die Mädchenmannschaft.
Jeffrey lockerte seinen Hemdkragen und dachte dabei an all die jungen Mädchen, mit denen Fine tagtäglich in Kontakt kam. Unwillkürlich ballte er wieder die Fäuste.
» Ich habe niemals eine von ihnen angefasst«, sagte Fine, als habe er Jeffreys Gedanken gelesen. » Ich weiß, dass es falsch ist. Das weiß ich.« Mit dem Daumen strich er über den Rücken der Bibel. » Ich habe um Kraft gebetet, und Gott hat sie mir geschenkt.«
Nick verschränkte die Arme, und Jeffrey spürte, dass ihm die Situation zusetzte. Nick war nicht besonders religiös, aber Jeffrey wusste, dass er jeden Sonntag in die Kirche ging. Einer der goldenen Anhänger an der Kette um seinen Hals war ein Kreuz mit einem Diamanten in der Mitte.
» Ich habe meine Kinder niemals angerührt«, beharrte Fine. » Ich habe meinen Jungs nie wehgetan.«
Nick sagte: » Sie werden verstehen, dass wir Ihnen das nicht so ohne weiteres glauben können.«
Fine schien schockiert darüber, dass es jemanden gab, der ihm nicht vertraute. » Ich würde meinen Söhnen nichts tun«, sagte er. » Niemals.«
» Wir wissen, dass Sie nicht auf kleine Jungs stehen«, erklärte ihm Nick. » Aber Sie müssen das akzeptieren, Pastor, es ist unsere Pflicht, das zu überprüfen.«
Fine starrte auf die Bibel. » Ich hätte niemals meine Gefühle in die Tat umgesetzt, wenn sie sich mir nicht genähert hätte.«
» Dottie Weaver?«, fragte Nick.
» Jenny war ein so liebes Kind. Sie trug das Licht in sich. Ein wahres Licht, das ihr von Gott gegeben war.« Fines Lippen formten sich zu einem Lächeln. » Sie sang wie ein Engel. Ja, das tat sie wirklich. Man konnte Gott aus ihrer Stimme hören.«
» Ja«, sagte Nick, » ich wette, das konnten Sie.«
Fine schickte ihm einen strengen Blick, als verdiene er ein wenig mehr Respekt. Dem Mann schien nicht klar zu sein, dass er sich auf einem Polizeirevier befand und vielleicht schon sehr bald für viele Jahre hinter Gittern verschwinden würde.
Jeffrey sagte: » Wie ist Dottie an Sie herangetreten?«
Fine schien erleichtert zu sein, dass Jeffrey übernahm. » Sie ist nicht an mich herangetreten, sie hat mich gelockt. Adam hatte nie daran gedacht, von der verbotenen Frucht zu essen, bis Eva ihn dazu verführte.«
Nick sagte: » Ich kann mir vorstellen, dass Adams Schlange auch etwas damit zu tun hatte.«
Fine runzelte die Stirn. » So war es nicht. Für mich hatte es nichts mit Sex zu tun.«
» Aber Sie hatten doch Sex mit ihr«, sagte Nick.
Fine biss sich auf die Lippe. » Anfangs nicht«, sagte er. » Ich wollte nur etwas Zeit mit ihr verbringen.« Er hielt inne und atmete tief durch. » Dottie erlaubte mir, sie mit ins Kino zu nehmen, und manchmal fuhren wir auch nach Macon, um ihr was zum Anziehen zu kaufen.« Er sah zu Jeffrey und Nick auf, da er anscheinend deren Zustimmung brauchte. » Ihr Vater hatte sie verlassen«, erzählte er den beiden. » Ich habe nur versucht, seinen Platz auszufüllen, ihr das Gefühl zu geben, dass sie geliebt und gebraucht wurde.«
Nick blieb stumm, aber Jeffrey sah, wie sich die Muskeln in seinen Armen anspannten. » Ich wollte sie einfach nur umsorgen, ihr eine Orientierung
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