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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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» Also, das ist doch zu bescheuert.«
    » Was?«
    » Ich wollte sagen…«, begann sie noch einmal, hielt dann aber gleich inne. » Ich hab morgen Abend nichts vor.«
    Jeffrey strich über seine Koteletten und merkte sehr wohl, dass er grinste. Er fragte sich, ob er in diesem Raum jemals glücklicher gewesen war als jetzt. Vielleicht damals, als er den Anruf aus Auburn bekommen hatte, er könne dort gratis das College besuchen, wenn er einverstanden war, dafür jeden Sonnabend auf dem Footballfeld gnadenlos Prügel zu beziehen.
    Er sagte: » He, ich auch nicht.«
    » Also…« Sara hoffte offenbar, dass er ihr die Worte aus dem Mund nehmen würde. Jeffrey lehnte sich jedoch auf dem Bett zurück: Da müsste erst die Hölle zufrieren, bevor er ihr half.
    » Dann komm mich doch besuchen«, sagte sie schließlich. » Gegen sieben oder so. Ja?«
    » Warum?« Er hörte ihren Bürostuhl quietschen, als sie sich zurücklehnte. Jeffrey stellte sich vor, dass sie die Hand über die Augen gelegt hatte.
    » Mein Gott, du machst es mir nicht gerade leicht, oder?«
    » Warum sollte ich auch?«
    » Ich möchte dich sehen«, gestand sie ihm. » Komm um sieben. Ich mach uns was zu essen.«
    » Moment mal…«
    Offenbar hatte sie geahnt, dass er davon nicht so begeistert wäre. Sara war keine besonders gute Köchin. Also bot sie an: » Ich bestell uns was bei Alfredo’s.«
    Jeffrey grinste in sich hinein. » Ich komme um sieben.«
    Als Junge hatte Jeffrey ein gehöriges Maß an Dummheiten angestellt. Seine beiden besten Freunde von der Grundschule bis zur Highschool, Jerry Long und Bobby Blankenship, hatten in derselben Straße gewohnt. Jerry, der sich sehr für Feuerwerkskörper interessierte, Bobby, der nichts lieber hörte als deren Detonationen, und er hatten es geschafft, unzählige Male ihr Leben zu riskieren, bis sie in die Pubertät kamen und Mädchen wichtiger wurden als Explosionen.
    Mit elf hatten die drei das Riesenvergnügen entdeckt, Flaschenbomben in einer Blechtonne hinter Jeffreys Haus losgehen zu lassen. Ein Jahr später war die Tonne so verbeult und pockennarbig wie das Gesicht von Bobby » Spot« Blankenship. Mit dreizehn bekam Jerry Long dann den Beinamen » Possum«, denn die Tonne war schließlich explodiert, und ein Stück Schrapnell hatte ihm fast ein Stück vom Kopf abrasiert. Er hatte wie eine tote Beutelratte auf Jeffreys Hinterhof gelegen, bis Jean Harris einen Unfallwagen gerufen hatte, der ihn ins Krankenhaus gebracht hatte. Die Polizei hatte Jeffrey und Spot unbarmherzig die Leviten gelesen.
    Jeffrey hatte sich seinen Spitznamen erst später verdient, als ihm langsam auffiel, dass es Mädchen gab, und den Mädchen auffiel, dass es ihn gab. Wie Possum und Spot war er in der Footballmannschaft, und sie waren ziemlich beliebt in der Schule, denn in jenem Jahr gewann ihr Team. Jeffrey war der Erste in ihrem Trio, der ein Mädchen küsste, der Erste, der einem Mädchen unter die Bluse ging, und dann auch der Erste, der seine Jungfräulichkeit verlor. Wegen dieser Leistungen verlieh man ihm den Spitznamen » Slick«.
    Als Jeffrey Sara zum ersten Mal nach Sylacauga mitgenommen hatte, war er so nervös gewesen, dass seine Hände nicht aufhören wollten zu schwitzen. Sie waren gerade erst ein Paar geworden, und Jeffrey fürchtete, dass Sara gesellschaftlich für Possum und Spot auf einer zu hohen Stufe stand– und wahrscheinlich für den alten Slick auch. Sylacauga war der Inbegriff einer Kleinstadt in den Südstaaten. Anders als in Heartsdale gab es kein College gleich um die Ecke, und es trieben sich in der Stadt auch keine Professoren herum, die etwas Würze in den Bevölkerungsbrei gebracht hätten. Die meisten Menschen, die hier wohnten, arbeiteten entweder in der Textilfabrik oder im Marmorabbau. Natürlich waren sie keine rückständigen, debilen Hinterwäldler, aber sie zählten seiner Meinung nach nicht zu den Leuten, unter denen Sara sich wohl fühlen würde.
    Sara war nicht nur das, was die Einheimischen einen » Bücherwurm« nannten, sondern auch Doktor der Medizin. Sie mochte aus einer Handwerkerfamilie kommen, aber ihr Vater, Eddie Linton, wusste, wie man seine Dollars anlegte. Die Familie besaß Land überall am See und darüber hinaus sogar Mietwohnungen in Florida. Sara war scharfsinnig, schlagfertig und ganz und gar nicht die Frau, die Hausschuhe und eine warme Mahlzeit für ihren Mann bereithielt, wenn er von der Arbeit heimkam. Eher noch würde Sara erwarten, dass Jeffrey solche Dinge

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