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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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jeden Tag, wie Sie mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele in diesem Job aufgehen.« Sie wartete eine Sekunde. » Sie vergessen, wie Dr. Barney war. Bei dem konnte man wahrhaft von Fließband sprechen.«
    » Er war immer gut zu mir«, entgegnete Sara.
    » Weil er Sie mochte«, sagte Molly. » Und auf jedes Kind, das er mochte, kamen zehn, die er nicht ausstehen konnte, und am Schluss hat er dann die, die er hasste, an Sie weitergegeben.«
    Sara schüttelte den Kopf, weil sie das nicht glauben wollte. » Das hat er nicht getan.«
    » Fragen Sie Nell«, beharrte Molly. » Sie ist schon länger hier als ich.«
    » Darauf beruht also mein Ansehen hier? Dass ich besser bin als Dr. Barney?«
    » Ihr Ansehen bezieht sich darauf, dass Sie alle Kinder gleich behandeln. Sie haben keine Lieblingspatienten.« Molly deutete auf die Bilder an den Wänden. » Wie viele Bilder von Kindern hingen bei Dr. Barney an den Wänden?«
    Sara zuckte die Achseln, obwohl sie die Antwort sehr wohl kannte. Keines.
    » Sie sind zu streng zu sich«, sagte Molly. » Aber das nützt niemandem.«
    » Ich möchte von jetzt an sorgfältiger werden«, sagte Sara zu ihr. » Vielleicht können wir die Anzahl der Patienten beschränken, damit ich mehr Zeit für jeden einzelnen habe.«
    Molly konnte nur spöttisch lachen. » Wir haben kaum genug Sprechzeit, um dem gerecht zu werden, was an Arbeit auf uns wartet. Und dann noch die Obduktionen…«
    Sara unterbrach sie. » Vielleicht sollte ich mit den Obduktionen aufhören«, schlug sie vor.
    » Vielleicht sollten Sie lieber einen Arzt einstellen«, kam Mollys Gegenvorschlag.
    Sara lehnte den Kopf mit der Stirn gegen die Wand. Sie dachte nach. » Ich weiß nicht recht.«
    Die Tür vibrierte, als jemand klopfte.
    » Wenn das Elliott ist…«, begann Sara, aber er war es nicht. Nelly, Bürochefin der Klinik schon bevor Sara das Licht der Welt erblickt hatte, schob die Tür auf.
    » Nick Shelton ist am Telefon«, sagte Nelly. » Soll ich eine Nachricht entgegennehmen?«
    Sara schüttelte den Kopf. » Ich rede mit ihm«, antwortete sie und wartete, bis Molly gegangen war, bevor sie den Hörer abnahm.
    » Hallo, Sonnenschein«, sagte Nick mit seinem breiten Südstaatenakzent.
    Sara musste schmunzeln. » Hallo, Nick.«
    » Ich wünschte, ich hätte die Zeit für einen Flirt«, gestand er ihr. » Aber ich muss in ungefähr zehn Sekunden in ein Meeting. Also ganz schnell«, legte er los. Sie konnte hören, wie er Papiere ordnete: » Über die Genitalverstümmelung von Frauen habe ich nichts Aktuelles gefunden, zumindest nicht in den USA . Aber ich bin sicher, das überrascht dich nicht.«
    » Nein«, sagte Sara. Etwas Derartiges wäre auf jeden Fall von der Presse breitgetreten worden.
    » Vor ein paar Jahren ist eine Frau in Frankreich für über fünfzig solcher Prozeduren verurteilt worden. Ich glaube, sie stammte aus Afrika.«
    Sara schüttelte den Kopf, denn sie fragte sich, wie eine Frau einem Kind so etwas antun konnte.
    Nick sagte: » Sara, was weißt du eigentlich genau über diese Sache?«
    » Bei der Infibulation handelt es sich um eine Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane. Sie wird vorwiegend im Nahen Osten und in Teilen Afrikas praktiziert. Irgendwie gibt es da religiöse Zusammenhänge.«
    » Na ja, ungefähr so wie für die Selbstmordattentate«, warf Nick ein. » Heutzutage findet man ja für so gut wie alles eine religiöse Rechtfertigung.«
    Sara reagierte nur mit einem » Hm«.
    » Hauptsächlich geht es dabei um einen Brauch, der von Dorf zu Dorf weitergegeben wird. Je weniger gebildet eine Gemeinschaft ist, desto wahrscheinlicher übt sie den Brauch aus. Ein einleuchtendes religiöses Argument zu seiner Rechtfertigung gibt es nicht, aber den Männern dort gefällt eben der Gedanke, ihre Frauen daran hindern zu können, auf Abwege zu geraten.«
    » Also machen sie es ihnen unmöglich, Freude am Sex zu haben. Die perfekte Lösung. Wenn man dasselbe den Männern dort antun würde, wären Afrika und der Nahe Osten ein leerer Krater.«
    Nick war verstummt, und Sara bedauerte, dass sie ihn fast schon angeschnauzt hatte. » Tut mir leid, Nick. Aber es ist einfach…«
    » Du brauchst mir nichts zu erklären, Sara«, besänftigte er sie.
    Sie wartete eine Sekunde und fragte: » Was hast du noch?«
    » Nun«, begann er, und sie hörte ihn wieder Notizen sortieren. » Nach der Prozedur werden gewöhnlich die Beine zusammengebunden, um die Heilung zu begünstigen.« Er hielt inne, als müsse er

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