Vergiss nicht zu atmen
es oder nicht, Columbia wirbt wirklich aktiv um Veteranen. Einer der Anwerber fand mich in meinem Krankenzimmer im Walter Reed letzten März. Der Rest ist Geschichte.“
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, ein Arm lag auf der Lehne des leeren Stuhls neben ihm. Ich lehnte mich auch zurück, streckte meine Beine unter dem Tisch aus und legte sie dann auf den leeren Stuhl.
„Du bist dran“, sagte ich.
„Also, letzten Winter hast du versucht dich zu entscheiden worüber du deine Abschlussarbeit schreiben willst. Für was hast du dich letztendlich entschieden?“
Ich holte tief Luft und schaute dann zu ihm auf. „Ich kann nicht glauben, dass du dich daran erinnerst. Ich meine… Du warst mitten in einem Krieg, wurdest beschossen, bombardiert und kamst ins Krankenhaus, und du erinnerst dich daran dass ich mich mit meiner Abschlussarbeit herumgequält habe?“
Mit einem schrägem Lächeln antwortete er: „Ich bin derjenige, der gerade die Frage stellt.“
Ich verdrehte die Augen. „Okay. Am Ende entschied ich mich für das Thema ‚Rechtliche Verteidigung gegen Vergewaltigung in den Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert’.“
„Wow“, sagte er. „Das ist fantastisch. Das würde ich gerne mal lesen. Ich würde vermutlich bei den rechtlichen Dingen kein Wort verstehen, aber es interessiert mich trotzdem.“
„Mach dich nicht schlechter als du bist, Dylan. Du kommst vielleicht aus anderen Verhältnissen als ich, aber du bist ein schlauer Kerl.“
„Nicht mehr“, sagte er, zog eine Grimasse und tippte sich an die Stirn.
Ich zog ebenfalls eine Grimasse und wünschte mir bedauernd, dass er sich nicht immer selbst schlecht machte. „Bin ich dran?“
Er nickte.
Ich dachte nach. Es gab so vieles, das ich wissen wollte. Und einiges davon war gefährlich nah bei den Themen, die wir vermieden. Zu vieles würde die Regeln brechen, zu vieles würde nur zu Herzschmerz führen. Schlussendlich sagte ich: „Was war das Beste, dass du in Afghanistan gesehen hast? Ich weiß es war Horror und Krieg. Aber gab es Momente der… ich weiß nicht… Gnade?“
Er schluckte, und nickte einmal. Ich war erstaunt zu sehen, wie seine Augen feucht wurden.
„Es tut mir leid, ich wollte nicht – „
Er hob die Hand um mich zu stoppen. „Es ist okay.“ Er holte tief Luft und sagte dann: „Okay, wir waren da draußen in der Provinz. Und ich meine… so richtig weit draußen. Ein kleines Dorf am Ende der Welt, das Dega Payan hieß. Es ist ziemlich weit oben im Gebirge und bis vor ein paar Jahren gab es noch nicht mal eine Straße, um es mit der Außenwelt zu verbinden. Man brauchte um die fünf Stunden um irgendwohin zu kommen.“
„Also, eines Tages waren wir dort. Wir halfen Essen zu verteilen, es gibt dort UN-Helfer und wir versuchten einen guten Eindruck zu hinterlassen. Und da war dieses kleine Mädchen, es stand da und schaute uns zu. Ich denke sie war … vielleicht etwa zwölf? Ich konnte sie mir gut in der Mittelstufe vorstellen, wenn man ihr erlaubt hätte eine Schule zu besuchen, was vermutlich nicht der Fall war. Egal, auf jeden Fall lächelte sie und machte Witze. Kowalski… er kam aus Nevada. Also stell dir vor, was dort einfach so geschah. Kowalski schenkte der Kleinen einen Schokoriegel und sie umarmte ihn. Und dann drehte er sich um, um zu uns zurück zu kommen und wir hörten ein Klickgeräusch. Jeder bricht in Panik aus und ich schaute nach unten und sah eine Granate. Jemand aus der Menge hatte sie geworfen und sie landete genau vor den Füßen des Mädchens.“
Oh mein Gott. Ich konnte nur denken, das war ein Moment der Gnade? Die gute Sache, die ihm passiert ist?
Seine Augen waren nun wirklich rot und sein Gesicht verzog sich ein wenig als er sagte: „Also, egal, Kowalski… er warf sich auf die Granate. Er umschloss sie, sein Rücken dem Mädchen zugewandt. Und sie ging los, und … er wurde einfach… zerfetzt. Er war sofort tot. Und weißt du was… das kleine Mädchen… ihr passierte nichts. Sie verlor nicht einen Tropfen Blut. Er sah das kleine Mädchen und… warf einfach sein Leben weg um sie zu retten.“
Ich schüttelte meinen Kopf, und obwohl er nicht weinen konnte, begann ich damit. Ich konnte einfach nicht anders. Denn während er mir diese Geschichte erzählte war es, als ob ich in seine Seele schauen konnte, und oh Gott, das tat weh.
„Das tut mir so leid“, sagte ich. „Es tut mir leid, dass ich gefragt habe. Es tut mir leid, dass das passiert ist.“
„Nein“,
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