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vergissdeinnicht

vergissdeinnicht

Titel: vergissdeinnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Clarke
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und kniete mich vor sie, um sie dazu zu bringen, mich anzusehen.
    »Du hast echt keine Ahnung, oder?« Sie schüttelte langsam den Kopf.
    »Ich hab nicht mal einen Schimmer! Sag’s mir. Los. Du kannst mir doch alles sagen … das weißt du.« Sie atmete tief und zittrig ein, um Mut für das zu fassen, was sie mir sagen wollte.
    »Das ist alles deine Schuld.«
    Für einen Moment verschlug es mir die Sprache. Und als ich sie endlich wiederfand, brachte ich kein vernünftiges Wort raus. Nur einen ungläubigen Ton.
    »Das wäre alles nicht passiert, wenn du nicht gewesen wärst.« Sal sprach leise, aber es schwang eine Bitterkeit mit, die ich von ihr noch nicht kannte.
    Ich spürte den ersten Funken von Ärger in mir – brennend heiß. »Was soll der Scheiß? Du meinst das nicht ernst, oder?«
    »Seh ich aus, als würde ich Witze machen?« Jetzt sah Sal auch verärgert aus. Wieso passiert das gerade? Ich sah mir offenbar ein schlechtes Theaterstück an, in dem die Schauspieler alle den falschen Text aufsagten.
    »Wie soll das mein Fehler gewesen sein? Soviel ich weiß, unddas ist nicht sehr viel, weil du mir nichts gesagt hast, hattest du Sex ohne Kondom mit irgendeinem Typen, und … na ja, mehr weiß ich nicht, oder? Und jetzt erklär mir mal ganz genau, welcher Teil davon meine Schuld ist? Na los, sag’s mir. Tut mir leid, dass ich so dämlich bin, wo doch alles so verdammt offensichtlich ist!« Ich stand jetzt vor ihr. Ich schrie nicht, aber ich spuckte die Worte aus. Dad hat immer gesagt, ich hätte ziemlich viel Temperament.
    Sal sagte: »Du hast keine Ahnung, was für eine Scheiße du redest. Wie üblich.«
    Diese Unterhaltung geriet außer Kontrolle, und es gab nichts, was ich tun konnte, um es aufzuhalten. »Ich hab keine Ahnung, was hier passiert. Du redest doch nur noch Mist. Sal, ich hab nichts falsch gemacht, und das weißt du!«
    »Warum, glaubst du, bin ich in diesem Zustand?«
    Ich kam mir vor, als säße ich in irgendeiner Falle, aber ich konnte sie nicht sehen. »Hm … na ja … puh … mal nachdenken. Ich vermute, es lief irgendwie so: Du triffst einen Jungen, wahrscheinlich küsst ihr euch, er befummelt dich, du denkst dir, dass du keine Lust hast, die letzte Jungfrau auf diesem Erdball zu sein und dass diese Warterei auf die einzige und wahre Liebe vielleicht eine totale Verschwendung sein könnte, also lässt du dich vögeln. Das dauert vielleicht so zwei Minuten, und auf dem Heimweg heulst du dir die Augen aus.« Kaum, dass ich es gesagt hatte, war mir klar, dass ich einen fürchterlichen Fehler gemacht hatte.
    Sal sah mich an, als hätte ich ihr ins Gesicht geschlagen. Ich versuchte, alles zurückzunehmen. »Scheiße, Sal, tut mir leid. Das wollte ich nicht. Ich war nur so … ach, du weißt, wie ich manchmal sein kann – erst reden, dann denken. Ich hab keine Ahnung, was ich da sage.« Ich wollte ihren Arm berühren, aber sie sah meine Hand an, als wäre sie ein mutiertes Insekt.
    »Fass mich nicht an«, sagte sie dumpf. »Du erinnerst dich an den Freitagabend vor Ostern, an dem wir zusammen weggegangen sind? Du hast, ich weiß nicht, drei oder sogar vier Jungs in dem Club abgeschleppt und mich allein in der Ecke sitzen lassen.«
    »Ja, ich erinnere mich. Ich hab mich schon entschuldigt. Ich weiß auch nicht, was das damit zu tun hat«, sagte ich mürrisch.
    »Du warst total besoffen, als wir wieder bei mir waren. Was jetzt nicht überraschend ist. Weißt du noch, was du in der Küche zu mir gesagt hast?«
    Ich ging die Nacht noch mal in Gedanken durch, aber es half nichts. Ich schüttelte den Kopf.
    Sal schüttelte ebenfalls den Kopf »Typisch«, murmelte sie. »Du hast gesagt, wenn ich nicht bald meine Jungfräulichkeit verliere, meldest du mich entweder in einem Kloster an, oder du suchst persönlich einen Typen aus, der sich die Ehre gibt.«
    Autsch . Das klang wirklich nach mir.
    Sal fuhrt fort: »Du hast gesagt, das Gejammer wegen Chris sei reine Zeitverschwendung, dass ich ›verblendet‹ sei, wenn ich glaubte, dass da jemals was passieren könnte, und dass ich ›in meinem eigenen Interesse viiiiiiel zu wählerisch‹ sei. Kommt dir das bekannt vor? Klingelt’s jetzt?«
    »Darum geht’s also? Ich sag was Blödes im Suff, und du gehst deshalb los und vögelst irgendeinen Typen. Jetzt sag mir mal, wie das gehen soll.«
    »Du weißt echt nicht, wie fies du manchmal sein kannst, oder?«
    »Verdammt, Sal, ich hab einen Witz gemacht. Ich war sturzbetrunken! Das ist doch lächerlich.«

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