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vergissdeinnicht

vergissdeinnicht

Titel: vergissdeinnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Clarke
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würde, dass ein kleiner Streit nicht unbedingt bedeutete, dass wir uns trennen würden, und dass Streiten etwas absolut Normales für Paare war. Irgendwann fing ich an, ihr zu glauben, dass doch nicht alles so schrecklich war. Sie überredete mich, ihm eine Entschuldigung zu schicken: »Es tut mir SO leid wegen gestern Nacht. Ich war eine Idiotin – alles meine Schuld. Rufst du mich nachher an? x«
    Ich fühlte mich besser, kaum dass ich die SMS geschickt hatte, obwohl ich nicht wirklich fand, dass alles meine Schuld war. Vielleicht neunzig Prozent. Die anderen zehn Prozent konnte man Nats allgemeiner Neugier zuschreiben. Aber ich nahm gern die Schuld auf mich, wenn es bedeutete, dass er bei mir blieb. Er hatte gesagt, dass er mich liebt, verdammt noch mal. Ich würde ihn mir nicht so leicht entgehen lassen.
    Er schrieb ungefähr zehn Minuten später zurück: »Okay. Hab eine Schicht heut Abend im Pub übernommen. Kann vielleicht nicht anrufen. Morgen dann. x«
    Es war nicht ganz das, worauf ich gehofft hatte, aber Sal schien ziemlich optimistisch, als ich es ihr zeigte. Sie konnte mich überzeugen, dass er wahrscheinlich von der Arbeit abgelenkt und beschäftigt war, und dass ich mich ganz auf den Kuss am Ende der Nachricht konzentrieren sollte.
    Sie goss mir noch ein Glas Wein ein und stand auf. »Wie wär’s mit was zu essen, um den Vino aufzusaugen?«
    Der Kühlschrank enthüllte ein paar Speckscheiben. Allein ihr Anblick reichte Sal, um mich zu überreden, mein legendäres Bacon-Pasta-Erbsen-Gericht zu machen. Es war ihr Lieblingsessen.
    Bald schon kochte die Pasta, und der Bacon brutzelte in der Pfanne. Sals Handy klingelte im Wohnzimmer. Sie hatte wohl einen neuen Klingelton – irgendeinen wahnsinnig kitschigen Song aus der Zeit, bevor wir geboren waren. Sie nahm das Handy und sah aufs Display, um zu schauen, ob es sich lohnte ranzugehen. Sie war fast so besessen davon wie ich, Anrufe zu filtern. Sie schien nicht besonders begeistert zu sein. Dann drehte sie sich zu mir und sah mich fragend an. »Äh … ich muss da rangehen. Okay, wenn ich dafür hochgehe?« Ich fragte mich vage, wer wohl anrief und warum sie nicht wollte, dass ich zuhörte, aber die Pasta drohte überzukochen und lenkte mich ab.
    Sal rannte hoch, und ich konzentrierte mich ganz auf den Herd. Ungefähr eine Minute später nahm ich die Teller aus dem Schrank. Da fiel es mir plötzlich ein. Mein Zimmer. Ich geriet in Panik: Sal darf auf keinen Fall mein Zimmer sehen. Die Teller schepperten auf die Arbeitsfläche, als ich aus der Küche rannte und die Treppe raufstürmte. Bitte lass sie im Bad sein oder in Mums Zimmer oder im Flur oder …
    Sie stand vor meinem Zimmer mit dem Rücken zu mir. Das Handy hatte sie an ihr Ohr gedrückt. Ich hörte, wie sie mit einer leisen, merkwürdigen Stimme sagte: »Ich ruf dich später noch mal an.« Sie klappte das Handy zu.
    »Sal, ich …« Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich sah an ihr vorbei und stellte fest, dass ich das Bett überhaupt nicht gut abgedeckt hatte.
    Sie drehte sich langsam zu mir, Grauen im Blick. Ihre Stimme war kaum hörbar. »Was hast du getan ?«
    »Okay, hör zu, es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Lass uns einfach runtergehen und drüber reden.« Ich griff nach ihrem Arm, aber sie schüttelte mich ab.
    »Scheiße, Grace! Sieh dir das an!« Sie nahm meinen Bademantel und ließ ihn auf den Boden fallen. Darunter kam der schlimmste Blutfleck zum Vorschein. Es sah richtig schlimm aus – sogar schlimmer, als ich im Kopf hatte.
    »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht, ehrlich. Ich hatte nur … Ich war ein bisschen schlecht drauf gestern Nacht.«
    Sal schüttelte langsam den Kopf und begutachtete die Szenerie.
    »Sal? Sag doch was, bitte.«
    Statt zu sprechen, packte sie meinen Ärmel und versuchte, ihn hochzuschieben.
    Ich zog den Arm weg. »Was machst du da? Hör auf!«
    »Zeig’s mir.« Ihre Stimme war gespenstisch ruhig.
    Ich schüttelte den Kopf. »Komm, wir gehen runter.«
    »Ich gehe nirgendwo hin, bis du es mir gezeigt hast.«
    »Ich werde dir gar nichts zeigen, also können wir jetzt einfach damit aufhören? Bitte.«
    Wir schwiegen eine Weile. Keine von uns rührte sich.
    »Ich will sehen, was du dir angetan hast. Zeig mir deine Arme. Jetzt.« Ich hatte sie noch nie so erlebt. Es war beängstigend.
    Ich tat, was sie von mir verlangte, und schob die Ärmel hoch. Sal nahm sich jeden Arm vor und untersuchte ihn auf Narben. Nichts war zu sehen – jedenfalls

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