vergissdeinnicht
hinbekommen würde.
Wir hatten keine Probleme, in den Club zu kommen. Nat kaufte eine Karte für Sal und ging gar nicht auf ihren Protest ein. Er bestand darauf, dass er zahlte. Ich tätschelte seinen Hintern, um ihm so subtil wie möglich meine Zustimmung zu zeigen, aber er schien es nicht zu bemerken. Der Club war eine stickige kleine Spelunke. Die Decke war niedrig und jede sichtbare Oberfläche schwarz gestrichen. Alte Poster und Flyer rollten sich von den Wänden. Ich mochte es sofort. Im Moment noch war die winzige Bühne leer, aber die Bar war brechend voll. Sal und ich standen hinter Nat, der sich nach und nach seinen Weg an den Anfang der Schlange erkämpfte. Ich ergriff die Gelegenheit, um sicherzustellen, dass es Sal prima ging. Sie sagte, sie würde sich deutlich besser fühlen, wenn sie erstmal einen Drink in der Hand hätte. Es klang so, als wollte sie sich heute Abend die Kante geben. Das unterstützte ich von ganzem Herzen.
Nat winkte einem Mädchen hinter der Bar zu. Sobald sie ihn sah, quietschte sie aufgeregt (ich hasste sie jetzt schon) und lehntesich über die Theke, um ihn zu umarmen. Okay, du kannst ihn jetzt loslassen. Aber sie hielt ihn ein paar Sekunden zu lange fest. Sie rief einem anderen Mädchen hinter der Bar zu, dass sie eine Pause machen würde. Das andere Mädchen sah ziemlich angepisst aus und zeigte auf die Herde durstiger Kundschaft. Anna (jedenfalls nahm ich an, dass sie es war) hüpfte um die Bar herum, ohne sich noch mal umzudrehen. Und dann umarmte sie Nat wieder, was ich vollkommen unnötig fand.
Sal schob sich auf Nats Platz in der Schlange, und ich hörte, wie sie bei der angepissten Barkeeperin drei Pints bestellte. Ich stand also irgendwie unbehaglich hinter Nat herum, während Anna ihn mit Fragen bombardierte.
»Alter! Wo warst du denn den ganzen Sommer? Warum hast du nicht angerufen, um mir zu sagen, dass du kommst? Ich hätte dich doch umsonst reinlassen können. Ist Si auch hier?« Alter? Sprechen echte Menschen wirklich so? Und wer zum Henker ist Si? Ich war mir sicher, dass mir Nat noch nichts von ihm erzählt hatte. Das gefiel mir alles überhaupt gar nicht. Ich nutzte die Gelegenheit, mir Anna genau anzusehen. Sie war wirklich hübsch, und offensichtlich zu cool für den Rest der Welt. Sie trug einen Nasenring und noch einen durch die Lippe. Ihr Gesicht war ebenmäßig und wäre nichts Besonderes gewesen, hätte sie nicht diese stechend blauen Augen, die meinen Freund auf eine Art anstrahlten, mit der ich mich ganz und gar nicht wohl fühlte. Ihr Haar war kurz und gesträhnt, und auf diese Gerade-aus-dem-Bett-gefallen-aber-nicht-wirklich-das-hat-Stunden-gedauert-Weise verwuschelt. Sie trug ein schwarzes T-Shirt mit dem Namen des Clubs drauf, und sie hatte die Ärmel abgeschnitten und es gleich unter ihren Brüsten (die größer waren als meine) zusammengeknotet. Ihr Bauch war flach und gut trainiert, und ihre Baggyjeans saßen locker auf den Hüften. Ein Stück von einem ornamentalen Tattoo lugte über dem Bund hervor, und ich wollte gar nicht darüber nachdenken, wo es wohl aufhören könnte.
»Anna! Halt mal für eine Minute den Mund! Das ist Grace …«Ich unterbrach sofort meine Bewertung und lenkte meinen Blick auf ihre Laseraugen.
»Hi Grace, ich bin Anna. Schön dich kennenzulernen«, sagte sie ziemlich freundlich.
»Hi, freut mich auch.« Wir schüttelten uns die Hände, und Anna sah Nat fragend an.
»Grace und ich sind seit zwei Monaten zusammen.«
»Wirklich? Du meinst, sie ist deine Freundin? So, so, so! Dann freu ich mich ja doppelt , dich kennenzulernen.« Anna zwinkerte mir verschwörerisch zu. »Nur unter uns beiden. Ich dachte, er würde nie eine Freundin finden. Also, da war mal diese eine, von der er ständig erzählt hat, aber das ist nun auch schon wieder ein paar Monate her. Gott, ich dachte schon, er kommt nie über sie hinweg …«
»Sal! Hier drüben!« Ich sah, wie sich Sal durch die größer werdende Menge kämpfte und versuchte, das Bier nicht zu verschütten.
Anna wollte gerade etwas sagen, aber Nat ließ sie nicht zu Wort kommen, indem er sie fragte, ob sie schon die Lektüreliste für den Sommer abgearbeitet hatte. Er war schon irgendwie ein Streber, aber wie es sich anhörte, war Anna auch nicht viel besser. Er nahm sich ein Pint von Sal und bedankte sich, dann drehte er sich von uns weg und fuhr mit seiner höchst faszinierenden Unterhaltung mit Anna fort. Ich schätzte es sehr, nicht mit medizinischen Ausdrücken, die
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