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vergissdeinnicht

vergissdeinnicht

Titel: vergissdeinnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Clarke
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etwas Zeit alleine. Hoffentlich hielten wir beide uns diesmal ans Drehbuch. Ich hatte es jedenfalls vor.
    Ich beschloss, nach dem Mittagessen eine Runde spazieren zu gehen, um etwas von dem Fish and Chips loszuwerden. Freistunden waren das Einzige, was die Schule erträglich machte. Sal hatte auch eine Freistunde, aber sie sagte, sie müsste sich ein Buch von Devon zurückholen. Ich schlenderte am Sportplatz hinter ein paar strahlenden Erstklässlern her, die sich auf ihren allerersten Geländelauf einließen. Ich habe nie genau verstanden, warum man von uns erwartete, außerhalb des Schulgeländes in nicht mehr als einem T-Shirt und winzigen Sporthöschen herumzustolzieren. Rituelle Erniedrigung, vermutete ich. Es reichte, um einen für den Rest seines Lebens vom Sport fernzuhalten, aberirgendwie hatte ich es geschafft durchzuhalten, und jetzt liebte ich Laufen mehr als alles andere. Nicht, dass man mir das angesehen hätte – ich war seit Ewigkeiten nicht mehr laufen. Vielleicht hatte ich deshalb schlechte Laune.
    Ich war schon halb versucht, den Erstklässlern nachzulaufen, aber a) war ich nicht wirklich dafür angezogen (Bikerboots und ein wirklich winziges Röckchen), und b) wäre es doch eine komische Sache, sogar für mich. Also sah ich ihnen zu, wie sie rannten und stolperten und herumirrten, um in den Wald, der vor mir lag, zu kommen.
    Und dann war die Herde der Läufer außer Hörweite, und ich war ganz allein. Es war himmlisch. Ich fand einen bequem aussehenden Baumstumpf und hockte mich wie ein Gnom darauf. Ich nahm mein Notizbuch und kaute am Ende eines Bleistifts. Zum ersten Mal seit Monaten hatte ich Lust, etwas zu schreiben – ich wusste nur nicht was.
    Schreiben und laufen . Zwei meiner absoluten Lieblingsbeschäftigungen. Mir fiel auf, dass ich keins von beidem wirklich getan hatte, seit ich mit Nat zusammen war, und das machte mich traurig. Als hätte ich einen kleinen Teil von mir selbst verloren. Oder verraten. Das waren die Dinge, die mich ausmachten, oder zumindest hatte ich das immer gedacht. Aber wie wichtig konnten sie sein, wenn ich sie einfach so sein ließ, kaum dass ich einen Freund hatte? Was würde ich sonst noch für ihn aufgeben?
    Bevor mir etwas einfiel, das ich hätte schreiben können, klingelte mein Handy. Ich erschreckte mich zu Tode und ließ den Bleistift fallen. Der fröhliche Klingelton klang in der Stille des Waldes ganz falsch. Ich erkannte die Nummer nicht und wollte erst nicht rangehen, aber dann siegte die Neugier.
    »Grace? Äh … hi, ich bin’s. Äh … also, Devon.« Er klang überrumpelt, so als hätte ich ihn angerufen und nicht umgekehrt.
    »Hi, wie geht’s?«
    »Ja, gut. Ich meine, nicht wirklich gut. Ähm, … hör mal, wo bist du?«
    »In dem Wäldchen hinter der Schule. Warum? Ist Sal bei dir?«
    »Nein, äh … nein. Sie ist nicht hier.«
    »Ich dachte, ihr wolltet euch nach dem Mittagessen in der Bibliothek treffen.«
    »Kann ich dich treffen? Ich muss wirklich mit dir reden.« Er klang, als wäre er auf einer Art geheimen Mission und hätte Angst, jeden Moment vom Feind entdeckt zu werden. Er war wirklich ein komischer Typ.
    »Schau, wenn es um Nat geht und diesen Scheiß, dass er nicht gut genug für mich ist, dann will ich es nicht hören. Woher hast du überhaupt meine Nummer? Das frage ich mich, seit du mir letztens diese SMS geschrieben hast.«
    »Ich … hab sie aus Nats Handy.«
    »Ich glaube nicht, dass ihn das so besonders freuen würde – was denkst du?«
    »Es interessiert mich einen Scheiß, was er denkt!« Ich hatte ihn noch nie fluchen hören, und es hörte sich ganz falsch an. »Grace, du musst mir zuhören. Er …«
    »Nein, muss ich nicht.« Ich fiel ihm ins Wort, aber ich hörte ihn wirklich sagen: »… hintergeht dich.«
    Jetzt war ich wirklich sauer. »Ich brauch es echt nicht, dass du mir irgendwas einredest. Es geht dich auch gar nichts an, aber wenn du es unbedingt wissen willst, alles läuft richtig gut zwischen mir und Nat. Und es wäre sogar noch besser, wenn du dich da raushalten würdest. Ich werde mir das von niemandem ruinieren lassen, okay? Ich spreche mit Nat, sobald eure Tante weg ist. Ich glaube, er sollte wirklich wissen, was sein kleiner Bruder hinter seinem Rücken so treibt.« Ich beließ es dabei und fühlte mich besser, weil ich meinen Gefühlen Luft gemacht hatte. Ich war sicher, dass ich recht hatte. Bis …
    » Tante? Welche Tante? Wovon redest du?«
    * * *
    Ich bin ins Bad gegangen, um mein Gesicht zu

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