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vergissdeinnicht

vergissdeinnicht

Titel: vergissdeinnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Clarke
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irgendwie bist du mein moralischer Kompass oder so was … Du machst immer das Richtige. Und ich versuche , das Richtige zu machen, wirklich. Aber irgendwie versaue ich dann gleich alles, und niemand ist dran schuld außer mir.«
    Sals Augen suchten meinen Blick. »Sag so was nicht. Es stimmt nicht. Ich mag dich genau wie du bist.« Sie drückte meine Hand.
    »Danke, Süße. Du bist die wunderbarste beste Freundin, die ich mir je hätte wünschen können.«
    Sal schüttelte abweisend den Kopf. Sie fühlte sich nie wohl, wenn sie ein Kompliment bekam. Das war eins der Dinge, die ich an ihr bewunderte. Ich verschlang nur allzu bereitwillig jedes Lob, das mir jemand großzügigerweise vor die Füße warf.
    * * *
    Wir blieben in der Bar, bis sie zumachte. Sal hatte das nicht wirklich gewollt, aber ich hatte es geschafft, sie zu überreden, dass es genau das Richtige war. Es war Spaß. Spaß, wie wir früher Spaß hatten. Wie sprachen über all die Dinge, über die wir früher gesprochen hatten – vor dem ganzen Drama.
    Später wartete ich mit Sal an der Bushaltestelle. Als der Bus endlich kam, stolperte sie hinein, aber erst noch lallte sie eineFrage in meine Richtung: »Warum lass ich mich immer wieder von dir überreden?«
    »Weil du mich LIEBST , und ich weiß, was das Beste für dich ist!« Halb rief, halb sang ich es ihr hinterher. Die Leute im Bus schauten mich komisch an, deshalb gewährte ich ihnen eine kleine Verbeugung, als der Bus losfuhr.
    Ich sah auf die Uhr und überlegte eine Sekunde. Nat hatte die Spätschicht. Er würde jetzt gerade abschließen. Ich lächelte vor mich hin und hielt die Hand hoch, um ein Taxi ranzuwinken.
    * * *
    Kaum, dass ich im Taxi saß, fing es an zu regnen. Die Bewegungen der Scheibenwischer und schmeichelnden Melodien nächtlicher Liebeslieder im Radio lullten mich in den Halbschlaf.
    »Oi! Schätzchen!« Dem Tonfall nach zu urteilen, war das nicht der erste Versuch des Taxifahrers, mich zu wecken. »Wir sind da! Wenn du hier hinwolltest. Sieht aus, als hättest du die letzte Runde verpasst. Sicher, dass ich dich nicht einfach heimbringen soll? Ein hübsches Ding wie du sollte nicht alleine draußen rumlaufen um diese Uhrzeit.«
    Ich versuchte mich zu erinnern, wo ich war und warum. »Hä? Nein, das ist okay. Ich treff mich mit meinem Freund.« Es gab mir immer noch einen Kick, wenn ich Nat ›meinen Freund‹ nannte. Traurig .
    »Also, wenn du dir sicher bist …« Er schien sich ziemlich darum zu sorgen, dass es mir gut ging. Es nervte. Ich bezahlte, sagte ihm, er könne den Rest behalten und stieg, so schnell ich konnte, aus.
    »Pass auf dich auf, hörst du?« Er beugte sich aus dem offenen Fenster und sah mich vielsagend an.
    »Äh … ja … mach ich.« Komischer Typ. Er fuhr weg, und ich stand im Regen. Es war richtiger, ernsthafter Regen – da gab’s nichts zu diskutieren. Ich sah in den Himmel und ließ das Wasserauf mein Gesicht prasseln. Es fühlte sich gut an. Ich dachte nicht daran, was es für eine Katastrophe aus meinem Haar und meinem Make-up machen würde. Ich dachte nur daran, dass mir noch nie aufgefallen war, wie toll Regen war. Warum versuchten wir immer, uns vor ihm zu schützen, wenn er uns so guttun konnte? Okay, ich geb’s zu, ich war nicht ganz nüchtern.
    Nachdem ich mich bis auf die Haut hatte nassregnen lassen, konzentrierte ich mich auf das Wesentliche – Operation: Nackt mit Nat. Das »Geschlossen«-Schild hing hinter der Tür, und der Pub lag größtenteils im Dunkeln. Ich hatte Angst, dass ich zu spät war, aber als ich mich einem Fenster näherte, sah ich dahinter Bewegungen. Ich legte meine Hände um meine Augen, damit ich besser sehen konnte. Und da war es, das Objekt meiner nächtlichen Lust. Er rieb die Zapfhähne ab, ganz der gewissenhafte Angestellte. Aber er sprach gleichzeitig am Handy – also vielleicht nicht ganz so gewissenhaft. Ich beobachtete ihn, wie er sein wunderschönes Lächeln lächelte. Gott, war er heiß.
    Er legte das Tuch weg und lehnte sich gegen die Bar, eindeutig ganz vertieft in seine Unterhaltung. Ich wollte ans Fenster klopfen, aber etwas hielt mich zurück. Ich wollte ihn nicht unterbrechen. Es schien nicht richtig zu sein. Ich konnte warten. Außerdem war es schön, ihn einfach nur zu beobachten – zu sehen, wie er Nat war. Vielleicht ein etwas anderer Nat als der, den ich kannte. Mir ging auf, dass es immer einen Teil von ihm geben würde, der nicht zu mir gehören konnte (und sollte). Es ist viel zu einfach

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