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Vergissmichnicht

Vergissmichnicht

Titel: Vergissmichnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Maria Bast
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und sah – nichts. Verwirrt klappte er die Augendeckel wieder zu und wieder auf, doch es blieb dunkel. Stöhnend bewegte er den Kopf. Er fühlte sich an, als wäre er unter einen LKW geraten. Und dann fiel ihm alles wieder ein. Beate Gruber. Die Verlobte des ermordeten Carlo Bader. Seine eigene Dummheit. Es hätte ihm komisch vorkommen müssen, dass sie ihm mitten im Verhör einen Kaffee anbot. Wieso hatte er nicht aufgepasst, verdammt! Und wo war er hier überhaupt? Der Boden war kalt und glitschig, außerdem stank es erbärmlich. Nach Moder, nach Erbrochenem und nach Exkrementen. Er versuchte, seine Hände zu bewegen, um zu überprüfen, ob sein Handy und seine Dienstwaffe noch da waren, und bemerkte erst jetzt, dass er gefesselt war. Fein säuberlich hatte dieses Biest ihm die Hände mit dickem Paketband aneinandergebunden. Ole stieß einen lauten Fluch aus. »Hallo?«, tönte eine dünne Stimme durch die Dunkelheit.
    Ole hielt den Atem an. Wieso hatte er nicht gemerkt, dass er nicht allein im Raum war? Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er, seit er sich in Alexandra verliebt hatte, nicht mehr so gut arbeitete, nicht mehr so sehr bei der Sache war. Das war wunderschön, aber in seinem Job auch ungemein gefährlich. Er konnte sich das nicht erlauben.
    »Polizei. Wer sind Sie?«
    »Marlene Didier«, antwortete die dünne Stimme.
    Ole schickte ein Dankgebet zum Himmel. Hatte seine Unachtsamkeit also doch ein Gutes: Er hatte die vermisste Tochter der Ermordeten gefunden und sie lebte. Zwar hatte er sich nicht wirklich mit ihrem Verschwinden befasst, die Suche war Sache der Kollegen aus Frankreich gewesen, aber allzu große Chancen, Marlene lebendig wiederzufinden, hatte er sich nicht ausgerechnet. Derjenige, der sie gefangen hielt, hatte mutmaßlich auch schon einen jungen Mann und eine alte Dame auf dem Gewissen. Der zauderte auch bei einer Frau in den besten Jahren nicht. Was Ole die Gefahr, in der auch er sich befand, wieder deutlich vor Augen führte. »Sind Sie verletzt?«, fragte er.
    »Isch weiß nischt«, sagte Marlene und Ole stellte fest, dass sie einen leichten französischen Akzent hatte. Kein Wunder, nach 30 Jahren Frankreich. »Ich fühle überhaupt nichts mehr. Ich … ich habe seit Tagen nichts zu essen und zu trinken gehabt. Als sie Sie vor ein paar Stunden brachte, habe ich zum ersten Mal wieder etwas bekommen.« Marlene begann leise zu weinen. Ole robbte zu der Stelle, aus der ihre Stimme kam, was nicht so einfach war. Das Biest hatte ihn auch an den Füßen gefesselt. Der Gestank nahm zu. Wahrscheinlich lag die Frau seit ihrer Gefangennahme in ihrer eigenen Scheiße, dachte Ole mit einer Mischung aus Mitleid und Ekel.
    »Keine Sorge, ich bin von der Polizei. Ich werde Sie hier rausholen. Aber Sie müssen mir helfen. Sind Sie gefesselt?«
    »No«, sagte Marlene. »Am Anfang war ich es. Aber dann hat sie mich losgebunden. Sonst hätte ich nicht essen können und sie wollte mich nicht füttern, weil ich … weil ich so stinke … Bitte verzeihen Sie, es ist mir wirklich unangenehm.« Man hörte ihr an, dass ihr die Situation ungemein peinlich war. Und dass es sie anstrengte, so viel zu sprechen.
    »Das muss Ihnen überhaupt nicht unangenehm sein. Dafür können Sie nichts. Und im Übrigen finde ich auch gar nicht, dass Sie stinken. Ich rieche nur den modrigen Kellergeruch«, log Ole. »Passen Sie auf, es ist gut, dass Sie nicht gefesselt sind. Aus zwei Gründen. Erstens können Sie mich dann losbinden. Und zweitens zeigt es, dass sie beginnt, Fehler zu machen, was darauf hinweist, wie nervös sie ist. Sonst hätte sie damit gerechnet, dass Sie mich losbinden, und Sie auch gefesselt. Sie wird bald den nächsten Fehler machen, glauben Sie mir.«
    »Wer ist sie? Warum hält sie uns gefangen? Und was ist mit meiner Mutter?«
    »Ich weiß es noch nicht ganz sicher, kann mir aber vorstellen, dass sich ein Sinn ergibt, wenn wir uns gegenseitig alles erzählen, was wir wissen«, beantwortete Ole die ersten beiden Fragen. »Aber während wir reden, müssen Sie unbedingt versuchen, die Fesseln zu lösen. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Schaffen Sie das?«
    »Ich will es versuchen.«
    Ole war inzwischen ganz zu ihr herangerutscht. Er konnte sie nicht sehen, merkte aber, dass sie lag. »Können Sie sich hinsetzen?«
    »Ja.« Stöhnend richtete Marlene sich auf. »Mir ist schwindelig.«
    »Machen Sie ganz langsam. Nehmen Sie noch einen Schluck Wasser.« Nachdem Marlene getrunken hatte, streckte Ole ihr seine

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