Vergraben
Schulmädchen in einem blauen ausgestellten Rock, den sie nicht ausstehen konnte.
Zärtlich sagte June: »Den Rock hat sie gehasst. Sie hat den gleichen noch einmal gekauft und einen Minirock daraus gemacht. In der Schule hat sie sich dann umgezogen. Jeden Abend, wenn sie nach Hause kam, hat sie ihn mit Shampoo von Hand im Badezimmer gewaschen. Hat ihn unter ihrem Handtuch versteckt auf dem Heizkörper getrocknet.«
Dann erinnerte Holly June daran, wie alle Teetassen und Kaffeebecher im Haus immer in Elises Zimmer gelandet waren, sodass June eine monatliche Razzia veranstalten musste und dann Arme voll schimmeliger Tassen und haariger Kekse hinuntertrug.
Inzwischen hatten sie die Bilder auf zwei Haufen aufgeteilt. Hollys Fotos hatten sie wieder lose in eine Schachtel gelegt, die in der Mitte des Tisches stand. Nathans Blick fiel auf Elises lächelnde Mundwinkel und ihre Haarspitzen und ihre lachenden Augen.
Er ging wieder hinaus. Er setzte sich auf eine Gartenbank und sah dem sanften Wogen der Apfelbäume zu. Er betrachtete die hellen Wolken.
Als er wieder hineinging, zog Holly ihren Mantel an.
Nathan trug die Schachtel mit den Fotos ins Auto. Er küsste June. Sie verabschiedeten sich und fuhren nach Hause.
Während Nathan an jenem Abend fernsah, hängte Holly die Bilder auf. Er hörte, wie sie Maß nahm und sich dabei konzentrierte sowie ihre kurzen, präzisen Hammerschläge. Dann folgte eine Stunde lang – eine schöne Stunde, dachte er – das Arrangieren und Umarrangieren an der Wand. Als sie fertig war, war es fast elf. Nathan bestellte Curry und sie aßen es müde vor dem Spätfilm.
Sie gingen erst nach Mitternacht hinauf ins Bett. In der Dunkelheit auf der Treppe spürte Nathan, wie Elises vervielfältigtes Abbild ihn anlächelte. Er versuchte sich nicht umzudrehen, weil er fürchtete, dass ihr Lächeln auf einem der Fotos zu einer sabbernden Fratze geworden sein könnte.
Aber er war schwach. Er drehte sich auf der Treppe um. Und er sah nur lächelnde Gesichter.
In ihrem ersten Ehejahr lieh Holly sich genügend Geld, um Hypotheken auf drei heruntergekommene Häuser aufnehmen zu können. Zwei vermietete sie wohnungsweise, das dritte baute sie um, vergrößerte es und gestaltete es außen streng modernistisch. Das Haus mit den sechs Zimmern war ein großes Risiko, das sie nicht wiederholen würde. Sie verbrachten viele schlaflose Nächte mit Diskussionen darüber, aber am Ende verkaufte es sich, und sie steckte den Gewinn in weitere Objekte.
Sie stellte June als gelegentliche Beraterin und Teilzeit-Sekretärin ein. Eine Weile arbeiteten sie von zu Hause aus, aber bald mietete Holly ein paar Büros und erweiterte das Geschäft, um externe Bauleitungs- und Architektendienste einzugliedern. Sie stellte vier junge Architekten in Vollzeit ein.
Nathan blieb bei Hermes, wo sein anfänglicher schneller Aufstieg von Justins verbissener Hartnäckigkeit aufgehalten worden war.
Ihm wurden andere Jobs angeboten, aber Hermes besserte sein Gehalt immer auf, damit er blieb. Er blieb jedoch nicht wegen des Geldes. Er blieb, weil er die Struktur seines Lebens mochte. Montags bis freitags arbeitete er. Er stellte seinen Wecker auf 6.45 Uhr und stand um 7.15 Uhr auf. Am Dienstag- und Donnerstagabend kochte er. Freitags bestellten sie Essen, abwechselnd chinesisch oder indisch. Am Samstagabend ging Holly mit Freunden aus, einmal im Monat übernachtete sie bei Jacki. Die Sonntage verbrachten sie in Sutton Down. Holly und June gaben sich Mühe, am Esstisch nicht über die Arbeit zu reden. Am Sonntagabend gingen Nathan und Graham in den Pub. Graham zahlte das erste Bier: Lager & Lime im Sommer und Cask Bitter im Winter.
Sie machten jedes Jahr eine Woche Urlaub mit Graham und June, wobei sich Junes Wunschziel mit einem Ort abwechselte, wo Graham Golf spielen konnte. Nathan hatte einmal behauptet, er würde eher sterben, als einen Golfplatz zu betreten – aber es machte ihm nicht wirklich etwas aus, und Graham freute sich.
Jedes Jahr verbrachten Nathan und Holly zwei Wochen damit, an einem Strand auf Barbados oder den Bermudas in der Sonne zu liegen. Der tiefblaue, golddurchwirkte Sarong, den sie sich um die Hüften knotete, erregte ihn jedes Mal. Er mochte es, ihr zuzusehen, wie sie ins Meer watete. Er liebte den Geruch von Salz und Ambre Solaire auf ihrer Haut. An Hollys Geburtstag fuhren sie immer für ein langes Wochenende weg. Ihren Hochzeitstag begingen sie mit einem Wochenende in London oder Paris.
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