Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll
Fensterflügel aufgerissen.
Ein Scheinwerfer sandte seinen suchenden Strahl über die Hütten, erfasste Simba und lieferte ihn jedem Blick nach unten aus wie einen Leckerbissen auf dem Präsentierteller. Auf keinen Fall wollte er zur Königspastete des Killers werden.
Er hielt den Atem an. Die Schrecksekunde verging und er spürte keinen Schmerz. Offenbar hatte der Kerl durch den Schlitz nur nach oben geblickt. Simba wagte nicht, sich zu bewegen. So lautlos er schleichen konnte, das typische Rascheln von Laub unter vorsichtigen Fußtritten vermeiden, das Knistern von Tannennadeln – die Geräusche von aneinanderreibendem Stoff, wenn er sich rührte, ließen sich nicht verhindern.
„Hier spricht die Polizei. Geben Sie auf, die Hütte ist umstellt!“, tönte eine Stimme aus einem Lautsprecher.
„Ihr könnt mich mal“, brüllte der Killer und schlug das Fenster zu.
Simba sprang auf. Ein Schuss!
Nur eine Sekunde, eine winzige Sekunde Gelegenheit.
Der Polizeihubschrauber musste schon vor ihrer Nachricht gestartet und in Richtung
Clear Creek
geflogen sein, sonst hätten die nicht binnen drei Minuten hier auftauchen können. Wahrscheinlich gleich nach der ersten Meldung. Fucking hell!
Das Scheinwerferlicht tanzte vor dem Eingang. Wenigstens hatte der Pilot ihn bemerkt und vermied es, ihn wieder ins Rampenlicht zu rücken. Blitzschnell wagte Simba einen Blick durch den Spalt und ruckte sofort zurück.
Keine Chance! Der Killer hatte sich Natana geschnappt und hielt sie wie einen Schutzschild vor die Brust gepresst. Dem Himmel sei Dank! Sie lebte! Ganz sicher handelte es sich um Reeses Nichte, er hatte das Mädchen auf einem Foto gesehen.
Smith stand mit dem Rücken an der Wand gegenüber des Fensters. Von den beiden anderen Personen hatte Simba nichts gesehen. Das hieß nichts, beruhigte er sich. Sie konnten auf dem Boden liegen oder sich in einem anderen Raum der Hütte befinden.
„Ich will verhandeln, hört ihr mich, ihr Arschgeigen?“, drang es dumpf aus dem Inneren.
Simba hätte vor Wut mit dem Fuß auf den Boden stampfen können. Jetzt folgte also diese Nummer, wer hätte das gedacht.
In Schwarz gekleidete Gestalten rutschten in voller Kampfmontur an einem Seil aus dem Helikopter auf den Waldboden, verteilten sich oder nahmen herabgelassene Kisten entgegen. Simba zog seine Gesichtsmaske über.
In der Hütte wurden eindeutig Möbel verschoben. Er wagte einen weiteren Blick. In gehockter Position drückte sich Smith mit der Hüfte seitlich gegen eine Kommode und verstellte die Tür, Natana immer schön vor seinen Körper gezogen. Auch diesmal erlangte er keinen Überblick über den gesamten Raum. Der Kerl schob sich aus seinem Sichtfeld, ohne eine Möglichkeit für einen gezielten Schuss gegeben zu haben.
Simba zog sich bis um die Hausecke zurück und stieß auf Wade.
„Er hat die Tür zum Wohnraum verbarrikadiert und benutzt Natana als Schutzschild mit einem Messer am Hals. Hat sich in die rechte Raumecke verkrochen.“
„Ich informiere das Team. Hast du die anderen Opfer gesehen?“
„Nein.“
„Ich warte! Hört ihr mich? Wo bleibt ein Verhandlungspartner?“
Der Stimmlage nach zu urteilen wusste Smith genau, was er tat. Es schwang keine Panik mit, eher eiskalte Überlegung. Dieser Kerl war mit allen Wassern gewaschen, aber er sollte sich bloß keine Sekunde zu früh freuen.
Schneller, als er erwartete, tauchte Wade wieder auf. „McGee lässt ausrichten, dass du die Verhandlungen übernehmen sollst. Seine Scharfschützen gehen in Position.“
Das rechnete er McGee hoch an, auch wenn er noch nicht über den Punkt hinweg war, dass er ihm am liebsten den Hals umgedreht hätte. Wäre der Hubschrauber nur ein paar Sekunden später aufgetaucht …
Simba hatte angenommen, dass Wade und er zu diesem Zeitpunkt aus dem Spiel waren und McGee das Heft an sich reißen würde, aber er hielt sich an die Zusage, dass die G.E.N. Bloods und das LAPD kooperierten.
Er räusperte sich und rückte dicht an die Hausecke. „Nennen Sie mir Ihren Namen und teilen Sie mit, wie es den Mädchen geht.“
Weitere Scheinwerfer flammten auf und der Hubschrauber zog sich zurück. McGees Männer arbeiteten zügig. Der gesamte Bereich um die Hütte leuchtete in Sekundenschnelle taghell.
Ben hat auf irgendeiner Ebene seines Bewusstseins gewusst, dass dieser Tag kommen wird. Vielleicht hat er ihn sogar herbeigewünscht. Im Moment könnte er sich allerdings verfluchen und muss sich zusammenreißen, um die Kontrolle zu
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