Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll
Aufmerksamkeit ins Hier und Jetzt zurückzulenken. „Sally, wenn Sie nicht mit mir reden wollen, wir haben eine Psychologin vor Ort. Möchten Sie lieber mit Mrs. Dawson sprechen?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Okay. Fühlen Sie sich in der Lage, mir noch ein paar Fragen zu beantworten?“
Ihr Nicken hätte er beinahe nicht wahrgenommen, so zaghaft war es.
„Ich möchte gern mehr über Ihre Mutter wissen. Geht das in Ordnung?“
„Ja.“
„Danke, Sally.“
Ihr langes, blondes Haar fiel wie ein Schleier an beiden Seiten des Gesichts hinab.
„Hat Ihre Mutter einen Partner oder einen Ehemann?“
„Alle paar Jahre.“
„Kommen Sie damit zurecht?“
„Es ist nicht mein Leben, oder?“ Sally hob den Kopf und warf ihre Mähne nach hinten. Sie wirkte trotzig. Das erste ausdrucksstarke Gefühl, das sie Simba vermittelte.
„Wie hat Ihre Mutter Dakotas Suizid verkraftet?“
„Sie fing an zu Trinken.“
„Bis heute?“
„Ja.“
„Reden Sie über Dakotas Tod oder haben Sie es jemals getan?“
„Nein.“
„Sind Sie damals psychologisch betreut worden?“
„Ja. Etwa drei Jahre lang. Ich bin mit achtzehn von zu Hause ausgezogen. Als Mom erneut geheiratet hat wurde die Betreuung eingestellt. Ihr damaliger Mann war Sozialarbeiter.“
„Hatte Ihnen die Betreuung bis dahin geholfen?“
Wieder traf ihn dieser rätselhafte Blick, dann senkte Sally die Lider. „Nein.“
„Haben Sie später noch einmal psychologische Betreuung in Anspruch genommen?“
„Verdammt! Was soll das? Warum geht es hier die ganze Zeit um mich?“ Wut blitzte aus ihren Augen.
Bei allen Göttern! Hoffentlich war es richtig, was er hier tat. Wie sollte er wissen, ob es gut oder schlecht war, sie aus ihrem Schneckenhaus zu locken und ihre Emotionen zu wecken? Wades Hand schob sich für einen Moment auf seine Schulter und drückte zu. Okay, offenbar befand er sich auf dem richtigen Weg. Oder sollte die Geste bedeuten, dass er sich zurückhalten sollte? Simba biss die Zähne aufeinander. Er wusste es einfach nicht. Er hatte nicht den geringsten Schimmer, was richtig war oder falsch.
Er beschloss, nicht weiter in Sally zu dringen und sie stattdessen lieber auf die Situation vor Ort vorzubereiten. Wade reichte ihm das Mobiltelefon.
Tami wird abgeholt. Sie wird in ca. sieben Stunden eintreffen
, hatte Wade als Notiz verfasst.
Da musste Powell gehörig seine Beziehungen spielen gelassen haben.
„Es tut mir leid, Sally.“ Er suchte ihren Blick, doch bekam ihn nicht zu fassen, weil Sally starr die Decke des Hubschraubers fixierte. „Ich möchte Sie jetzt auf die Situation vor Ort vorbereiten. Fühlen Sie sich dazu in der Lage?“
Sie schnellte nach vorn. „Nein!“, zischte sie. „Aber ich werde es trotzdem tun, Tami zuliebe. Haben Sie verstanden? Ich will, dass Sie meine Schwester da raushalten!“
„Das liegt leider nicht in meinem Ermessen“, erwiderte er leise.
Sie entzog ihm ihre Hand mit einem Ruck. „Also, was erwartet mich?“
„Man wird Ihnen eine Kevlar-Weste geben und sie aus der Gefahrenzone heraushalten.“
„Ist er bewaffnet?“
„Wir wissen nicht, ob er eine Schusswaffe besitzt. Zumindest hat er ein Messer.“
„Ich werde nicht mit ihm reden.“
„Wir werden Sie auch nicht zu ihm schicken. Trotzdem müssen wir ihm beweisen, dass Sie da sind, also müssen Sie sich zumindest in Hörweite zur Hütte begeben und irgendetwas sagen, sodass er ihre Stimme vernimmt.“
„Werde ich auch eine Waffe bekommen?“
Beinahe hätte er aufgelacht, doch es wäre ein bitteres Geräusch geworden. Wollte sie Rache nehmen und ihren Bruder umbringen?
„Nein. Sie brauchen keine Angst um Ihre Sicherheit zu haben. Die Spezialeinheit ist entsprechend geschult und wird Sie nicht in Reichweite des Täters kommen lassen.“
Sallys Züge verschlossen sich und ihr Gesicht nahm erneut das wachsbleiche Aussehen einer Leiche an.
„Ihre Schwester Sally ist hier, Mr. Ogan.“
Ben fährt auf. Eine heiße Welle an Gefühlen rauscht durch seine Adern, ein Gefühl wie ein Adrenalinstoß, doch anstatt Aufregung spürt er tiefe Ruhe aufkommen.
„Ich will mit ihr reden.“
„Ich fürchte, diesen Wunsch wird Ihnen Sally nicht erfüllen, Mr. Ogan.“
„Ihr lügt mich doch an!“ Ben wischt sich über die Stirn. „Wo ist sie?“
„Ich bin da. Aber ich werde den Teufel tun, mit dir zu reden. Fahr zur Hölle!“
Er lauscht dem Klang ihrer Stimme nach. Sie ist dunkler geworden, aber er hätte sie wiedererkannt. Ob Sally
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