Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll
dichter, sie würden nach dem Monsunregen noch schlechter vorankommen als bei ihrem ersten Marsch und für die vierzehn Meilen bestimmt zwei Tage brauchen, selbst wenn Reese mit den Männern Schritt halten konnte.
„Das Bild muss dort aufgenommen worden sein, aber das kann Monate zurückliegen“, sagte Ace.
„Keine frischen Feuerstellen? Fußspuren, zurückgelassene Gegenstände, Hinweise auf einen überstürzten Aufbruch?“ Crabb begann, die Reste ihrer schnellen Mahlzeit zusammenzupacken.
„Nichts. Wenn es Spuren gegeben haben sollte, sind sie ebenso professionell beseitigt worden wie bei dem Überfall auf Santa Rosa Island.“
„Es gibt immer noch die Möglichkeit, dass ich ihren Geruch erfasse“, warf Wade ein.
„Nicht nach dem Regen.“ Simba unterdrückte den verzweifelten Wunsch, Wades Riechvermögen könnte stark genug ausgeprägt sein, dennoch etwas aufzunehmen. Es hatte wenig Sinn, den anstrengenden Weg noch mal zu machen. Ihre Gegner waren gewarnt und wussten, dass sie sich in den Wäldern auf der Suche nach ihnen befanden. Wenn nicht der Unsichtbare sie benachrichtigt hatte, dann der Dorfälteste.
„Ich fürchte, es war von vornherein eine Finte. Die wollten Zeit gewinnen, solange wir im Wald suchen.“ Er hatte sich den Greis persönlich vorgeknöpft und die Information aus ihm herausgepresst, dass Fremde in Nimtalai gesehen worden waren. Die Hütte hatte der Kerl anhand des Fotos in Nullkommanichts identifiziert.
Simba kannte sie sogar, Nani-ji und er waren vor Jahrzehnten einmal dort gewesen, doch die Erinnerung blitzte nur schwach auf. Das verlassene, baufällige Steinhäuschen lag am nördlichen Ende des Pench Reservoirs auf einer Halbinsel, neben der sich der See zu beiden Seiten gabelte, ehe er in ein nahezu vertrocknetes Flussbett mündete. Nur wenn sich an der Staumauer des höher gelegenen Totladoh Reservoirs die Schleusen öffneten, füllte sich der Flussarm mit Wasser, aber meist reichte es nicht bis zum Pench Reservoir, sondern versiegte irgendwo dazwischen. Nani-ji hatte sich gern in der Nähe des Wassers aufgehalten.
„Mit einer alten, kranken Frau im Gepäck können sie sich nur eingeschränkt bewegen. Wohin würdet ihr fliehen? Wo würdet ihr euch verstecken?“, fragte Ace.
Die Jungs verhielten sich einfühlsam. Niemand brachte die Vermutung aufs Tapet, Nani-ji könnte tot sein. Dass man sich ihrer entledigt hatte. Zwar fand Simba es nicht sehr schmeichelhaft, Nani-ji als Gepäck zu bezeichnen, aber das war immer noch besser als die laut ausgesprochene Feststellung, ihr Einsatz wäre zum Scheitern verurteilt – eigentlich von Anfang an. Sie hatten nichts in den Händen. Keine Anhaltspunkte, keine Vermutungen, dafür ein unüberschaubares Gebiet dichten Waldes, in dem sich die Entführer überall verstecken konnten.
„Ich nehme an, feste Unterkünfte wie die Hütte am Reservoir gibt es nur sehr wenige hier im Umkreis.“
Simba bestätigte Wades Vermutung. Man musste schon ein Kind des Waldes sein, um den Gefahren zu trotzen und sich den Mitbewohnern nicht als Mahlzeit zu präsentieren.
„Dann würde ich auf alle Fälle ein festes Dach über dem Kopf suchen, um nicht auszusehen wie ihr.“ Neil zeigte grinsend auf Crabbs und Zacs verdreckte Kleidung.
Neil, Ace und Simba hatten in der Nacht mehr Glück gehabt. Ihre Zelte waren nicht davongeschwommen, sie konnten trockenen Fußes am Morgen ihren Weg fortsetzen.
„Zumindest ist es ein unglaubliches Glück, dass wir uns überhaupt über den Weg gelaufen sind.“ Simba presste den Mund an Reeses Haar.
„Irrtum!“ Wade setzte einen entrüsteten Gesichtsausdruck auf. „Du schaffst es auf 1.000 Meilen nicht, deinen Gestank zu verbergen.“
„Genug gescherzt“, motzte Ace. „Wir machen uns auf den Rückweg. Wo befindet sich die nächste Möglichkeit, zu telefonieren?“
Ace hatte recht. Eine weitere Suche im Wald konnten sie sich schenken. Der Gedanke, dass die Entführer Nani-ji in ihrer Gewalt hatten, wühlte ebenso große Furcht und Wut auf wie die Vorstellung, Reese könnte in dieser für sie fremden Welt etwas zustoßen.
„Weder in Nimtalai noch in einem der benachbarten Dörfer gibt es öffentliche Telefonboxen.“ Simba rieb sich den Magen. „Privatanschlüsse sind auch selten.“
„Umso interessanter, dass der Dorfhäuptling sogar über einen Pool verfügt.“ Ace wuchtete seinen Rucksack auf den Rükken. „Auf geht’s. Statten wir dem Kerl einen weiteren Besuch ab.“
Die zumeist armseligen
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