Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll
zu ihr hinab. „Du liebst ihn so sehr wie ich, nicht wahr?“, flüsterte sie. Simba verstand ihre Worte kaum. „Hast du auf seine Rückkehr gewartet?“ Sie streichelte den Kopf der Wölfin, ihren Hals hinab und die rechte Vorderpfote entlang. „Zeig mir, was du dort hast.“
Simba traute seinen Augen kaum, als die Wölfin sich auf die Seite legte und vertrauensvoll ihren Vorderlauf hob, damit Reese ihn sich ansehen konnte.
„Ich brauche den Erste-Hilfe-Kasten“, sagte sie ruhig und streckte einen Arm nach hinten aus, wartete, bis ihr jemand den Koffer in die Hand drückte. Währenddessen streichelte sie weiterhin beruhigend das dichte, kurze Fell und raunte leise Worte. „Du brauchst einen Namen, egal, was Simba dazu sagt.“ Reese zupfte vorsichtig verfilztes Fell an dem Fußballen beiseite. „Ich brauche ein Messer. Oder noch besser – wir haben doch Rasierklingen.“ Crabb reichte ihr eine. „Keine Angst.“ Sie packte den Stahl vorsichtig zwischen den Fingerspitzen und rasierte die Knoten an der Unterseite der Tatze fort. „Was hältst du von dem Namen Artemis?“ Die Augen der Wölfin hingen wie gebannt an Reeses Gesicht. Längst verfolgte sie nicht mehr, was Reese an ihrer Pfote tat. „Weißt du, in einer faszinierenden Mythologie ist Artemis die Göttin der Jagd und des Waldes und die Hüterin der Frauen und Kinder.“
Simba hielt die Luft an. Er erkannte das Dilemma. Die Pfote der Wölfin war geschwollen, etwas Schwarzes stach aus einem Eiterherd.
„So wie du. Du warst immer Nani-jis und Simbas Hüterin, nicht wahr?“ Ohne den Blick abzuwenden, forderte Reese Jodtinktur und benetzte die Wundfläche. „Ich muss in deinen Ballen hineinschneiden. Es wird etwas wehtun.“
Fucking hell! „Nein!“ Simba schluckte. „Das darfst du nicht, Reese.“ Das verletzte Tier würde ihr im Reflex an die Kehle springen und sie mit einem Biss zerreißen. Er kniete nieder und wollte die Arme um die Wölfin legen, um sie am Aufspringen zu hindern, doch Reese bannte ihn mit einem Blick.
„Bitte geh zurück, Simba.“ Sie streichelte das Tier. „Haben wir eine Pinzette?“
„Nein“, sagte Wade.
„Reich mir Handschuhe.“
Sie streifte die Latexhandschuhe über, griff mit einer Hand nach der Pfote und forderte eine frische Rasierklinge. Simbas Gefühle schwankten hin und her. Er konnte unmöglich zulassen, dass … ein weiterer warnender Blick von Reese kappte seine Gedanken, als hätte sie ihn hypnotisiert. Seine Zähne mahlten aufeinander. Er ging in Sprungbereitschaft.
„Ich schneide deine Wunde jetzt auf, damit der Eiter abfließen kann und ich den eingewachsenen Stachel entfernen kann. Bist du bereit, Artemis?“
Ungläubig vernahm Simba ein leises Winseln, als hätte das Tier jedes Wort genau verstanden und knurrte seine Zustimmung. Es kostete ihn unendliche Mühe, stillzustehen und nicht die Augen zuzukneifen. Schweiß rann ihm den Rücken hinab.
Die Rasierklinge glitt durch die Haut und ein Schwall Flüssigkeit ergoss sich über Reeses Finger. Die Wölfin zuckte und jaulte, aber sie blieb liegen. Simbas Muskeln wollten sich dennoch nicht entkrampfen. Auch die anderen sahen aus, als würden sie jeden Moment loshechten.
„Du hast das Schlimmste schon überstanden“, sagte Reese in die atemlose Stille und streichelte erneut den Kopf der Wölfin. „Es wird jetzt nur noch einmal kurz brennen.“ Sie hielt inne. „Du weißt nicht, was das bedeutet, nicht wahr? Ich kann dir einen weiteren Schmerz nicht ersparen, aber bis die Sonne untergeht, wirst du ihn vergessen haben.“ Sie griff zu der Jodtinktur und hielt sie dem Tier unter die Nase. Die Wölfin schnupperte und leckte über das Fläschchen. „Also, jetzt.“ Reese träufelte Flüssigkeit über die offene Wunde. Die Wölfin jaulte auf.
Simba hielt es nicht länger auf den Beinen. Er sackte neben Reese und dem Tier auf den Boden, streichelte Artemis’ Flanke. Langsam ließ ihr Zittern nach und sie atmete ruhiger.
„Ich entferne jetzt den Stachel.“ Mit ruhiger Hand presste Reese den Pfotenballen zusammen und zupfte mit den Fingern der anderen Hand den Dorn aus dem Fleisch. „Das hast du toll gemacht, Lady.“ Reese griff einen Verband und wickelte ihn um die Pfote. „Das Tapeband, bitte.“ Nachdem sie den Mull umwickelt hatte, stand sie auf. „Komm, Artemis. Zeig mir, ob du laufen kannst.“ Langsam trat Reese zurück.
Artemis rollte sich auf den Bauch, setzte die Vorderpfoten auf und erhob sich. Die ersten beiden Schritte
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