Verhängnisvolle Wiedersehen (The Immaculate Breed) (German Edition)
heller, während er versuchte, den sinnlichen Lockungen der Sirene in seinen Armen zu widerstehen. Das war kein Zeichen, es war nur der Hunger, der aus ihr sprach. Sie hatte ihn nicht aufgefordert, seine Hände über ihren warmen Leib gleiten zu lassen, um ihr Erleichterung zu verschaffen.
Ray fletschte sich selbst die Zähne und musste sich schwer nach Atem ringend, an seine Beherrschung klammern, die ihn noch niemals zuvor bei diesem heiligen Akt verlassen hatte.
Gloria fühlte, wie ihr die Sinne schwanden und sie erneut in dieser tiefen Schwärze versank, in der sie schon einmal gestanden und darauf gewartet hatte, dass etwas geschah. Es war wirklich nicht so schlimm. Überhaupt nicht. Alles war gut, solange Ray sie festhielt und ihr so versicherte, dass er da war, dass sie immer noch lebte und er sie nicht sterben lassen würde. Doch im nächsten Augenblick verlor sich auch der feste Druck auf ihrem Leib. Sie spürte nichts mehr und versank in der schwerelosen Dunkelheit, bis der erste Tropfen Blut ihre Zunge benetzte, ihre Geschmacksknospen aktivierte und die Finsternis um sie herum in ein prasselnd buntes Feuerwerk tauchte, das sie blendete, von dem sie aber unbedingt mehr sehen wollte, auch wenn sie blind davon wurde.
Eine Sekunde lang ließ sie Farben, die von dumpfen Kanonenschlägen (ihrem eigenen Herzschlag) und schließlich den Himmlischsten aller Gerüche, Karamell und geröstete Haselnüsse, begleitet wurden, auf sich wirken. Dann wurde aus der Farbe in ihrem Kopf die Flüssigkeit auf ihrer Zunge. Süßer und süchtigmachender als jede Droge, die sie nie ausprobiert hatte.
Wie war das mit den Zeichen gewesen? Hoffentlich verstand Ray, den sie als solches gar nicht mehr wahrnahm sondern nur noch sein Blut trinken wollte, das ihr heißer als jedes Feuer die Kehle hinab lief und ihren hungrig rebellierenden Magen füllte, nichts falsch.
Gloria wollte nur trinken und das Feuerwerk in ihrem Kopf, das sich in prickelnden Fontänen in ihrem gesamten Körper ausbreitete, genießen. Wäre sie nicht zwischen Jen- und Diesseits gefangen, dann hätte sie sicher gemerkt, dass sie sich etwas zu sehr auf dem Bett zwischen seinen Beinen wand, während sie schließlich sein Handgelenk an ihren Mund presste, um mehr, mehr, mehr zu trinken.
Schließlich hörte sie ihn auch aufschreien oder vielmehr einen gefährlichen Laut ausstoßen, mit dem er ihr zu verstehen gab, dass sie genug genommen hatte. Gut, dass sie zu schwach war, um in diesem Moment zu protestieren. Sie hing förmlich in den Seilen wie ein Boxer nach der fünften Runde. Schlaff wie eine Puppe lehnte sie nun vollkommen ruhig gegen Ray. Ihre Hände ruhten rechts und links auf seinen kräftigen Oberschenkeln, als säße sie in einem bequemen Sessel. Ein höchst zufriedenes Lächeln lag auf ihren blutverschmierten Lippen. Sie hatte es also geschafft. Das Feuerwerk in ihrem Kopf ebbte ab und zurück blieb das dumpfe Dröhnen und Rauschen des neuen Blutes in ihren Ohren. Wäre sie nicht so neben der Spur von dem eben erlebten Trip, dann hätte sie sich nun bei Ray bedankt. Es war doch alles gut gelaufen. Es war rein gar nichts passiert. Er hatte ihr Blut getrunken, sie hatte sein Blut getrunken. Es war fast schon lächerlich leicht gewesen. Im Gegensatz zur Wiederbelebung im Krankenhaus, die richtig weh getan hatte.
Und sie hatte Angst gehabt, diesen Schritt zu gehen. Am liebsten hätte sie jetzt gelacht.
In müder Geste tastete sie nach seiner blutverschmierten, rechten Hand, die neben seinem Oberschenkel unmittelbar in der Nähe der ihren ruhte. Verschwommen konnte sie sehen, wie sich die üble Wunde am Gelenk bereits wieder schloss. Ganz vorsichtig verschränkte sie ihre Finger mit seinen und drückte sie sanft. Ray sollte wissen, dass es ihr gut ging. Dass er seine Sache gut gemacht hatte und dass sie dankbar für seine überaus großzügige Spende war. Eben noch bevor sie sprechen konnte oder gar auf der Stelle einschlief. Satt und zufrieden, wie sie sich gerade fühlte.
Doch das war nicht von langer Dauer. Kaum hatte sie ihre Hand mit seiner verschränkt, kollabierte sie plötzlich, fühlte wie ihr Herz sekundenlang aussetzte und sie sich über ihm aufbäumte, als wären wieder irgendwelche unsichtbaren Ärzte mit einem Elektroschocker am Werk.
Gloria zog gepeinigt und mit wild aufgerissenen Augen die Luft ein. Schnappte danach und versuchte, soviel wie möglich davon in ihre Lungen zu bekommen, die plötzlich genau wie ihr Herz den Geist aufgegeben zu
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