Verhängnisvolles Gold
verschmiert. Er hat hübsche Wangen.
»Zara …« Er verstummt.
»Kann. Kaum. Atmen«, sage ich zu ihm, was eine totale Untertreibung ist, denn meine Lungen bestehen aus lauter kleinen Feuern.
»Ich weiß. Wahrscheinlich ist deine Lunge kollabiert«, erklärt er und presst die Lippen fest aufeinander.
»Blut. Dein. Auto.«
»Das ist unsere geringste Sorge. Ohne Auto kann ich sein, aber nicht ohne dich.« Er kneift die Augen zusammen und legt einen freien Finger auf meine Lippen. »Cassidy versucht mit magischen Mitteln den Blutverlust zu mindern, aber sie ist ein Mischwesen und hat das noch nie zuvor versucht. Sie sagt, sie hätte im Netz etwas darüber gelesen.«
Ich würde gern nicken, aber ich kann die Energie nicht aufbringen. Das Weiß droht wieder, die Herrschaft zu übernehmen. Ich versuche durchzuhalten. »Ich werde sterben.«
»Nein, das wirst du nicht.« Astley spricht einfach weiter. »Issie hat Kontakt zu deiner Großmutter. Sie ist bei einem Einsatz fast am anderen Ende des Landes, wie es scheint. Es will mir nicht in den Kopf, warum es in diesem gottverdammten Ort nur einen Krankenwagen gibt. Entweder wir treffen den Krankenwagen auf dem Weg oder wir bringen dich direkt ins Krankenhaus. Auf jeden Fall bekommst du in höchstens zehn Minuten medizinische Hilfe.«
Das ist eine lange Zeit, und ich glaube nicht, dass ich so lange durchhalte. Ich verliere wieder mein Sehvermögen. Das Weiß sinkt auf mich herab. Mit Mühe konzentriere ich mich auf seine Stimme und flüstere ein paar Worte: »Er hat gesagt … im Apple. Wie ein Wurm. Deine Mitte ist … Keinen Sinn … Du … rette ihn. Bring ihn zurück … Der Apple …«
Er murmelt einen Fluch, und Issie ruft: »Sie ist wieder bewusstlos! Was sollen wir tun?«
»Issie, atme«, befiehlt er. »Sag der Großmutter, was los ist, und fahr schneller. Das ist ein Königsegg. Damit geht das, aber er hat viel Power. Pass auf, dass er nicht schleudert. Cassidy? Betest du? Konzentrier dich auf deine Kristalle. Die Elben, die ich gesehen habe, nehmen Kontakt zu ihnen auf.«
Er ist fast so herrisch wie Nick. Es gelingt mir, die Hand zu heben. Er nimmt sie in seine freie Hand. Finger berühren warme Finger. Auf einmal riecht die Welt wie ein Frühlingswald nach frischem, feuchtem Moos und Kiefernnadeln.
»Woher … hast … du … es … gewusst?« keuche ich. Es ist ein heiseres Flüstern. Mehr bringe ich nicht zustande.
»Wo du warst oder dass du verletzt bist?«, fragt er.
Wir fahren über Schlaglöcher. Hüpfen auf und nieder. Ich schreie. Ich glaube wenigstens, dass ich es bin. Der Schmerz schraubt sich durch meinen ganzen Körper, sogar durch mein Gehirn. Cassidys Singsang wird lauter und Issie murmelt ununterbrochen sorgenvolle Gedanken und Stoßgebete und viele Flüche vor sich hin. Das golden glühende Licht ist unglaublich hell und erfüllt den ganzen Wagen.
Astleys Finger lassen meine Hand los und verbinden sich mit seiner anderen Hand, die etwas auf meine Seite legt und den Druck steigert. Da erst sehe ich, wie blass er ist … als ob auch er verletzt wäre. Seine Stimme flüstert: »Ich habe es gewusst, weil du meine Königin bist, Zara. Wir sind miteinander verbunden, und es ist meine Pflicht zu wissen, ob du verletzt bist, wo du bist und so. Es ist meine heilige Pflicht, und ich gelobe bei allem, was ich bin, dass ich dich nicht sterben lasse. Glaubst du mir?«
Ich denke daran, wie wir jetzt miteinander verbunden sind, wie unsere Leben miteinander verwoben sind wie die Äste, die er mir nach meiner Verwandlung in dem Hotelzimmer gezeigt hat.
»Glaubst du mir, Zara?«, fragt er noch einmal.
Ich versuche zu antworten, aber ich bewege mich in einer Spirale nach unten, immer weiter nach unten. Nach unten.
Thanatophobie ist die Angst vor dem Tod.
Ich habe keine Angst vor dem Tod.
Ich habe keine …
»Zara«, beharrt er. »Glaubst du mir?«
Ich öffne den Mund, aber ich bin mir nicht sicher, ob sich tatsächlich Wörter bilden. Stattdessen beiße ich die Zähne zusammen, bäume mich auf und sinke dann in mich zusammen.
Ich habe solche Angst.
»Was ist los?«, kreischt Issie.
Astleys Hand hebt etwas Kleines, Glänzendes hoch. Einen Käfer?
»Das Geschoss ist rausgekommen«, sagt er. »Wenigstens vergiftet das Eisen nicht mehr ihren Körper. Vielen Dank, Elbin.«
Cassidy fährt mit ihrem Singsang fort.
»Dann überlebt sie?«, fragt Issie.
»Sie hat viel Blut verloren, sehr viel Blut.« Seine Stimme klingt wie ein Zischen. »Sie wäre
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