Verhängnisvolles Spiel
Lieutenant Desmond hat uns heute mitgeteilt, dass er eindeutig identifiziert werden konnte.”
Lausanne wurde übel. “Wie ist er gestorben?”
“Erschossen.”
“Also war es Mord?”
“Scheint so zu sein.”
“Ein Typ wie Bobby Jack hat sicher eine Menge Feinde gehabt, also muss es viele Verdächtige geben.”
Dom bog auf die Straße ein, in der sie wohnte. “Ja, es gibt mehrere Verdächtige.”
“Mich eingeschlossen?”
“Honey …”
“Ich habe nie eine Waffe besessen, geschweige denn eine benutzt. Dom, ich schwöre, ich habe nie eine Waffe auch nur berührt. Niemals.”
Er parkte vor ihrem Haus, stellte den Motor ab und drehte sich zu ihr um. “Ich würde dir gern glauben. Aber du hattest einen Freund, der mit einer Neun-Millimeter einen bewaffneten Raubüberfall verübt hat. Willst du sagen, dass du seine Pistole nie in der Hand hattest?”
“Nein, ich hatte Clays Pistole nicht ein einzige Mal in der Hand. Ich wusste doch nicht mal, dass er überhaupt eine besaß. Nicht bis …”
“Bis was?”
“Bis er mit dieser Pistole und einer Tasche voller Geld aus dem Laden gerannt kam und mich angeschrien hat, sofort loszufahren.”
“Und du hast getan, was er sagte?”
Sie biss die Zähne zusammen, um ihn nicht anzuflehen, ihr endlich zu glauben. Stattdessen stellte sie die beiden Tüten auf den Boden, stieg aus und rannte auf die Treppe zu. Dom holte sie auf der zweiten Stufe ein und drehte sie an den Schultern zu sich herum.
“Bitte, lass mich einfach gehen.”
“Ich wünschte, das könnte ich.”
Sie sah in seine Augen und erkannte darin denselben Hunger, dieselbe Lust, die in ihr tobte. War er ebenso machtlos seiner Leidenschaft ausgeliefert wie sie? “Du hasst es, so zu fühlen, nicht wahr? Du vertraust mir nicht. Du weißt, dass ich nicht gut für dich bin, aber du willst mich trotzdem.”
“Ist es das, was du für mich empfindest?” Er verstärkte den Griff um ihre Schultern.
“Ja, genau so empfinde ich.” Sie wand sich, doch er ließ nicht locker. “Aber wenn ich etwas in meinem Leben gelernt habe, dann, mich zu schützen. Selbst wenn ich mich vor mir selbst beschützen muss.”
“Hast du auch nur die geringste Ahnung, wie gern ich dir vertrauen möchte?”
Warum konnte er das nicht? Warum konnte er ihr nicht einfach blindes Vertrauen schenken? Andererseits, warum sollte er? Sie war dazu ja genauso wenig in der Lage wie er.
“Ich habe Bobby Jack Cash nicht umgebracht”, sagte sie tonlos.
Dom seufzte tief auf, dann ließ er sie los.
“Du glaubst tatsächlich, ich könnte ihn getötet haben, und Audrey Perkins auch. Nicht wahr?”
Er schüttelte den Kopf. “Mein Bauchgefühl sagt mir, dass du es nicht warst. Aber mein verdammter Verstand … ich kann einen letzten Zweifel einfach nicht ausschließen.”
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. “Ich verstehe. Mein Herz sagt mir, dass du einer der Guten bist, aber wegen meiner Vergangenheit kann ich nicht riskieren, noch einmal so verletzt zu werden. Deswegen sollten wir es beenden, bevor es überhaupt begonnen hat. Egal wie sehr wir uns wünschen, dass es anders wäre. Es ist nicht anders.”
“Ja, ich fürchte, du hast recht.”
“Pass auf dich auf, Domingo Shea.”
“Du auch, Honey. Und wenn du mich jemals brauchen solltest …”
Sie lief so schnell sie konnte die Stufen hinauf. Als sie an ihrer Tür ankam, sah sie, wie Dom in sein Auto stieg. Sie schluckte die Tränen hinunter.
“Leb wohl”, flüsterte sie.
11. KAPITEL
O hne das Trinkgeld und die paar Dollar, die sie verdiente, indem sie die Hunde ihrer Nachbarn spazieren führte, wäre Lausanne nicht in der Lage gewesen, über die Runden zu kommen. Es half auch, dass ihre Chefin Effie Pounders ihr einmal pro Tag eine freie Mahlzeit zugestand.
“Ich habe selbst genug Probleme in meiner Vergangenheit gehabt, Kindchen”, hatte Effie gesagt. “Ich weiß, wie es ist, wenn man immer wieder den Kürzeren zieht.”
Heute hatte Lausanne die Spätschicht übernommen und kam kurz nach zwanzig Uhr dreißig nach Hause. Hastig stellte sie ihre Tasche ab und rannte dann wieder aus der Tür. Ihre Nachbarin Molly Baker erwartete in etwa einem Monat ihr erstes Kind und musste solange das Bett hüten. Johnny Baker arbeitete Zwölfstundenschichten von sieben bis neunzehn Uhr, deswegen brauchten die beiden jemanden, der mit ihrem schwarz-weißen Cockerspaniel abends spazieren ging. Lausanne hatte zwar kein Geld dafür nehmen
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