Verhängnisvolles Spiel
wollen, doch ihre Nachbarn bestanden darauf. Viel war es sowieso nicht, aber jeder Cent zählte.
Lausanne klopfte an die Tür. “Molly, ich bin’s. Lausanne. Ich will Freckles abholen.”
Als sie mit dem Schlüssel, den die Nachbarn ihr gegeben hatten, die Tür aufschloss, sauste der Cockerspaniel bereits auf sie zu. Sie kniete sich auf den Boden und öffnete die Arme.
“Hey, mein Junge, bist du bereit für einen Spaziergang?”
“Er hat schon gewartet”, rief Molly aus dem Wohnzimmer.
“Wie geht es Ihnen heute?”, fragte Lausanne.
“Geht so. Ich komme mir wie ein gestrandeter Wal vor. Johnny erlaubt nicht, dass ich auch nur einen Finger rühre.”
“Weil er Sie und das Baby liebt.” Lausanne fragte sich, wie es sich wohl anfühlte, so geliebt zu werden. Zu beobachten, wie Johnny seine Frau voller Liebe ansah, war beinah ein wenig peinlich.
Für mich gibt es so etwas ohnehin nicht, rief Lausanne sich in Erinnerung.
“Ich weiß, doch ich langweile mich zu Tode”, schmollte Molly.
“Genießen Sie die Zeit, solange Sie können.” Lausanne nahm Freckles’ Leine von einem Haken in der Küchenecke. “Wenn das Baby erst einmal da ist, werden Sie keine Sekunde mehr für sich selbst haben.”
“Ich weiß, aber ich kann es kaum erwarten, diesen großen Jungen”, sie tätschelte ihren riesigen Bauch, “in den Armen zu halten.”
Lausanne befestigte die Leine an Freckles’ Halsband. “Kann ich mir vorstellen. Sie haben großes Glück, Molly. Das wissen Sie selbst, oder?”
“Ja, ich weiß, aber manchmal muss mich jemand daran erinnern.”
Lausanne lief zur Tür. “Wir sind in ein paar Minuten zurück.”
“Vergessen Sie nicht, hinter sich abzuschließen.”
“Nein, vergesse ich nicht.”
Wenn der Himmel nicht so klar gewesen wäre und der fast volle Mond den Weg nicht so hell erleuchtet hätte, hätte sie eine Taschenlampe mitgenommen. Doch an diesem wunderschönen Abend brauchte sie keine. Davon abgesehen erhellten die Lampen des Parkplatzes einen Großteil des Gehwegs und den kleinen Grünstreifen vor dem Gebäude.
Während Freckles schnüffelnd loslief und ab und zu das Bein hob, dachte Lausanne über all das nach, worüber sie nicht nachdenken sollte. Sie hatte Dom Shea seit drei Tagen weder gesehen noch gesprochen. Insgeheim hatte sie gehofft, dass er einmal im Chicken Coop zum Frühstück oder Mittagessen vorbeikäme. Andererseits war es für sie beide besser, wenn sie sich aus dem Weg gingen. Aber verdammt, sie vermisste diesen Kerl.
Tja, was soll’s, komm besser drüber hinweg. Wenn Dom dir nicht glaubt, dann kannst du ihn in deinem Leben nicht gebrauchen
.
Sie brauchte sowieso niemanden. Sie kam allein bestens zurecht. Sie konnte für sich selbst sorgen, oder etwa nicht? Das tat sie schließlich schon, seit sie vor zwölf Jahren von zu Hause weggelaufen war, als das Zusammenleben mit ihrer Stiefmutter unerträglich geworden war.
Renee Latimer Raney war von Anfang an eine grauenvolle Stiefmutter gewesen. Und als es mit jeder Woche, jedem Monat, jedem Jahr nur noch schlimmer wurde, hatte Lausanne es schließlich keinen einzigen Tag mehr mit dieser verhassten Frau unter einem Dach ausgehalten. Wenn ihr Vater sich bloß ein Mal auf ihre Seite geschlagen hätte. Aber das war nie geschehen. Ihr Vater, den sie früher einmal angebetet hatte, wurde ihr zunehmend fremder, wurde zu einem Mann, den sie weder mochte noch respektierte. Doch selbst heute noch liebte sie ihn mit einem Teil ihres Herzens und braucht noch immer … Nein, sie brauchte ihn nicht. Sie brauchte niemanden. Davon abgesehen spielte das auch gar keine Rolle mehr. Ihr Vater war vor zwei Jahren gestorben, als sie noch im Gefängnis saß.
“Machst du nun ein Häufchen oder nicht?”, wollte Lausanne von Freckles wissen. “Wir können hier nicht die ganze Nacht bleiben, verstehst du?”
Als ob er sie tatsächlich verstanden hätte, zerrte der Hund sie zu einem in der Dunkelheit liegenden Grashügel. Getrocknete Blätter knisterten unter ihren Schuhen, ein kühler Wind raschelte in den Bäumen und Büschen. Lausanne dachte daran, dass sie bald einen Wintermantel brauchen würde. Zum Glück hatte sie sich mit Audreys Kreditkarte einen gekauft. Nach ihrer Rückkehr nach Chattanooga hatte sie Dom die Karten übergeben wollen, doch er meinte, sie könne sie wegwerfen, sie seien sowieso wertlos. Edward Bedell hatte die Karten als gestohlen gemeldet und sperren lassen.
Während Freckles seinen ausgewählten Platz
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