Verhängnisvolles Spiel
Eine-Million-Watt-Lächeln, bei dem die meisten Frauen in Ohnmacht fielen. So wie sie seit so vielen Jahren. Doch jetzt, wo er kurz davorstand, zu sagen, worauf sie so lange gewartet hatte, war sie sich mit einem Mal nicht mehr sicher.
“Wenn genug Zeit vergangen ist, mindestens sechs Monate, würde ich mir wünschen, mit dir zusammen zu sein. Und dann, vielleicht in einem Jahr, könnten wir über eine Hochzeit sprechen.”
Grayson zu heiraten war alles, was sie sich jemals gewünscht hatte. Warum dann war sie jetzt nicht außer sich vor Glück? Wo blieb die Ekstase, die sich immer einstellte, wenn sie sich in ihren Tagträumen vorstellte, seine Frau zu sein?
Du liebst ihn doch, sagte sie sich. Natürlich. Sie liebte ihn, seit sie zwölf Jahre alt war, und sie würde ihn vermutlich bis ans Ende ihres Lebens lieben, aber …
Aber was?
Grayson lachte beinah ein wenig zu fröhlich. Dann sagte er: “Du bist sprachlos, nicht wahr, mein Liebling? Habe ich dich so glücklich gemacht, dass dir die Worte fehlen?”
“Ich … nun, du hast mich überrascht. Das ist alles. Ich habe nicht damit gerechnet, dass du … mir auf so eine Weise einen Heiratsantrag machst.”
Sein Lächeln erlosch, er sah sie betrübt an. “Oh, ich weiß, es ist noch viel zu früh für Pläne, und wir müssen unser kleines Geheimnis erst einmal für uns behalten, aber überleg doch mal, wie sehr Edward sich freuen wird, wenn wir, sagen wir vielleicht zu Thanksgiving nächstes Jahr oder Weihnachten, ihm erzählen, dass ich ein Mitglied der Familie Bedell bleiben werde.”
Mit einem Plopp zerplatzte ihre Seifenblase.
Mehr als alles auf der Welt wünschte sie sich, dass Grayson sie liebte, wie er Audrey geliebt hatte. Und jetzt machte er ihr einen Heiratsantrag ein Jahr, bevor sie überhaupt ihre Verlobung bekannt geben konnten. Doch das Wort “Liebe” hatte Grayson nicht erwähnt. Er hatte nicht gesagt, dass er ohne sie nicht mehr leben wollte.
Ü
berleg doch mal, wie sehr Edward sich freuen wird. Ich werde ein Mitglied der Familie Bedell bleiben
.
Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. Grayson liebte sie nicht, hatte sie nie geliebt und würde es auch niemals tun. Und zum ersten Mal stellte sie sich die Frage, ob er Audrey überhaupt jemals geliebt hatte. War es ihm am Ende nur wichtig, Edward Bedells Schwiegersohn zu sein?
“Cara, Liebling, geht es dir gut?” Grayson presste ihre Hand gegen sein Herz.
Sie widerstand dem Bedürfnis, die Hand zurückzureißen. Stattdessen sah sie ihn an, starrte in dieses wunderschöne Gesicht, und zum ersten Mal seit ihrem zwölften Lebensjahr gelang es ihr, hinter die Fassade zu blicken. Instinktiv hob sie die andere Hand und streichelte seine glatte, makellose Wange. Ihr Herz schmerzte vor Sehnsucht nach dem Phantom Gray, nach dem Produkt ihrer blühenden Fantasie.
“Mir geht es gut, Gray, wirklich.” Du armer Schatz, dachte sie, als sie begriff, wie perfekt Gray für Audrey gewesen war. Zwei vollkommen selbstbezogene, egoistische Menschen. Audrey mit ihren sadistischen Anwandlungen und Gray, der eher masochistische Züge aufwies – diese Verbindung war wirklich im Himmel geschlossen worden. Oder in der Hölle. War ihrem Vater bewusst, welch eine fantastische Wahl er für seine Lieblingstochter getroffen hatte?
“Kommst du nun mit mir?”, fragte Gray. “Ich möchte wirklich nicht allein sein.”
“Besser nicht”, antwortete Cara. “Aber wenn du wirklich nicht allein sein willst, komme ich mit hinauf, helfe dir, eine Tasche zu packen, und dann kommst du mit mir zurück nach Hause. Du kannst bei uns wohnen … zumindest bis nach der Beerdigung.”
“Vielleicht sollte ich das tun”, sagte Gray, als ob ihm dieser Gedanke zum ersten Mal käme. “Ich könnte es nicht ertragen, in der Wohnung zu bleiben. Überall diese Erinnerungen an Audrey.” Er sah sie an, als wartete er auf eine Reaktion.
Sie drückte seine Hand. “Das verstehe ich. Du hast meine Schwester geliebt. Sie war deine Frau.”
“Du bist die verständnisvollste und netteste Frau, die ich kenne, Cara.” Er warf ihr einen sehnsüchtigen und ein wenig traurigen Blick zu. “Eines Tages …”
Ja, eines Tages, lieber Gray, wenn du mich fragst, ob ich dich heiraten will, werde ich Nein sagen
.
Vielleicht hätte sie Gray hassen sollen, aber das tat sie nicht. Sie liebte ihn noch immer. Aber er hatte ihr endlich die Augen geöffnet. Nur zu schade, dass sie all die Jahre nicht in der Lage gewesen war, den Mann in
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